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2023 – neues Jahr, neues Glück? Was Familienunternehmen im neuen Jahr erwarten (können)
Reihe „Wie überstehen wir 2023?“ / Was erwartet unsere Familienunternehmen? Die letzten Jahre haben gezeigt, dass man mit Vorhersagen vorsichtig sein muss. Dennoch wage ich einen vorsichtigen Blick in die Zukunft und blicke auf vier Trends, die Familienunternehmen (auch) im nächsten Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit beschäftigen werden.
Von Professor Dr. Nadine Kammerlander
Trend 1: Andauernder Schock durch Energie- und Gaskrise
Das Thema Nummer eins, wenn man derzeit Familienunternehmerinnen und Familienunternehmer nach ihren aktuellen Sorgen und Nöten fragt. Wie gut Familienunternehmen in einem Jahr dastehen werden, hängt maßgeblich davon ab, wie diese beiden Probleme gelöst werden. Das Unschöne daran ist: Die Lösung dieser Themen liegt nur zu einem gewissen Teil in unternehmerischen Händen; der Großteil wird von regulatorischen, klimatischen und geopolitischen Dynamiken getrieben. Viele Unternehmer berichten, dass sie aktuell ‚auf Sicht fahren‘ und mehr oder weniger reaktiv agieren. Doch lädt der Jahresausklang natürlich zu einer Reflexion ein: Welche anderen bisher nicht gesehenen oder für unrealistisch eingeschätzten Risiken können das Geschäftsmodell weiter bedrohen? Und was kann man als Familienunternehmen – trotz oft fehlender Ressourcen – dazu tun um sich abzusichern? Die aktuelle Situation lädt zu einer Neubetrachtung des Themas „Risiko“ – auf Unternehmer- und Unternehmensebene – ein.
Trend 2: Hausaufgaben bei der digitalen Transformation
Kurz vor der Corona-Pandemie dokumentierten Dr. Jonas Soluk und ich in einer großzahligen Studie, dass Digitalisierung bei Familienunternehmen noch ausbaufähig sei. Im Zuge der Pandemie ist – zum Glück – viel passiert: Viele Familienunternehmen haben einfach angepackt – statt wie sonst vage für die Zukunft zu planen („irgendwann machen wir…“) und Prozesse auf digital umgestellt. Dennoch sind noch nicht alle Familienunternehmen auf dem gleichen Stand. Die Winterschlaf-Strategie, nämlich abzuwarten, dass dieses Thema an einem vorbeigeht ist jedoch nicht erfolgsversprechend. Insofern sollten sich die Familienunternehmen folgenden Fragen stellen: Wie weit sind wir in Bezug auf Digitalisierung – von Prozessen, Produkten und Geschäftsmodellen? Haben wir eine Digitalstrategie? Und: wissen wir eigentlich warum wir digitalisieren, was wir digitalisieren (und was nicht) und wo wir letztendlich mit der Digitalisierung hin wollen?
Trend 3: Systematische Betrachtung der nachhaltigen Transformation
Viele Familienunternehmen empfinden soziales und ökologisches Bewusstsein als Teil ihrer DNA. Aus diesem Grund haben sie in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viele einzelne Bausteine dazu beigetragen die eigenen Unternehmen sozialer und ökologisch verträglicher zu gestalten. Nun jedoch hat das Thema „nachhaltige Transformation“ eine andere Dimension angenommen. Statt inkrementeller wird nun disruptiver Wandel erwartet – von Politik, Gesellschaft und teilweise auch Geschäftspartnern. Insofern drängen sich zum Jahresende folgende Fragen auf: Wie viel wissen wir eigentlich über unseren ökologischen und sozialen Impact? Sind unsere Aktivitäten holistischer Natur oder eher ein Klein-Klein vieler unterschiedlicher Maßnahmen? Im zweiteren Fall: Wie kann der Flickenteppich zu einem Gesamtkonzept werden? Wie reagieren wir auf Anfragen zu unserem Nachhaltigkeitsstatus von Geschäftspartnern und Banken? Welche Rolle kann und soll die Next Gen bei diesem Thema spielen?
Trend 4: Anpacken des Fachkräfte-Mangels
Mehr denn je hat sich 2022 gezeigt, dass unser Arbeitskräfte-Markt zu einem Arbeitnehmer-Markt geworden ist. Familienunternehmen merken das, wenn sich die Neubesetzung von Stellen viele Monate hinzieht und auch die Ansprüche – was beispielsweise die Work-Life-Balance anbetrifft – immer höher werden. So manch ein Unternehmer mag insgeheim ‚hoffen‘, dass sich dieses Problem im Zuge einer möglichen Rezession in Luft auflösen könnte. Doch die demographische Entwicklung sowie die generellen Mega-Trends sprechen dagegen. Insofern empfiehlt es sich für alle Familienunternehmen sich mit Themen rund um „New Work“ auseinanderzusetzen: Was macht uns attraktiv für bestehende und potentielle Arbeitnehmer? Was erwarten bestehende und potentielle Arbeitnehmerinnen von uns? Wie können wir den nächsten Schritt in Richtung „new work“ gehen – ohne unseren Charakter und Werte dabei aufzugeben? Wie sieht ein pragmatischer Weg in Richtung Arbeitgeber der Zukunft aus?
Wie man dem Jahr 2023 insgesamt gegenüber steht – optimistisch oder pessimistisch – hängt natürlich ganz vom Einzelfall ab. Ich wünsche allen Familienunternehmerinnen und Familienunternehmern eine gute Reflexion zum Jahresende – und dass die positiven Überraschungen, die das neue Jahr bereit hält, die negativen bei weitem überwiegen.
- 2023: Bangemachen gilt nicht!
- 2023: Zukunftssicherheit durch Resilienz
- Was Familienunternehmen in Krisenzeiten stark macht
Professor Dr. Nadine Kammerlander ist Inhaberin des Lehrstuhls für Familienunternehmen und Leiterin des Instituts für Familienunternehmen an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar.
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