2025: Die Kraft der guten Gedanken

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Keine große Tat ohne Plan: Warum Sie sich für das neue Jahr etwas Konkretes und Kühnes vornehmen sollten.

Von Milosz Matuschek

„Alles, was vorstellbar ist, ist real“, wusste Pablo Picasso. Der Künstler setzte in seiner Formensprache um, was sein Bewusstsein ihm an Möglichkeiten eröffnete: Er sah runde Frauenkörper und malte sie als Dreiecke und Quadrate so schön wie niemand vor ihm; in einem umgedrehten Fahrradsattel erkannte er den Kopf eines Stieres. Die Bewusstseinsrealität in Bilder und Artefakte zu kristallisieren, auf dass sie noch echter wirken als die Realität, das ist die Kraft von Kunst und Geist. Auf einer Ausstellung des Kriegs-Gemäldes „Guernica“ soll ihn ein Wehrmachtssoldat angesprochen habe: „Haben Sie das gemacht?“ Darauf Picasso: „Nein, Sie.“

“Das Bewusstsein bestimmt das Sein”

Picasso weilte in Paris, dem Sehnsuchtsort aller Künstler, als Max Planck den Nobelpreis für die Quantentheorie bekam. Planck erkannte den Urgrund allen Seins in Geist, Energie und Bewusstsein: „Es gibt keine Materie, sondern nur ein Gewebe von Energien, dem durch intelligenten Geist Form gegeben wurde. Dieser Geist ist Urgrund aller Materie.“

Die Entdeckung der Kraft des Geistes, sie kommt uns in allen Epochen der Zeit immer wieder in unterschiedlichem Gewand entgegen – vielleicht inzwischen zu oft um hinzuhören, denn von New Age bis hin zu jeder Achtsamkeitsmeditation haben sich die meisten an dieser Erkenntnis vermutlich schon so sattgehört, dass sie ihr keine Beachtung mehr schenken. Inflationierung führt auch hier zu Wertverlust. Kaum eine Idee wurde zuletzt wohl so vielfältig profanisiert wie die “Kraft der Gedanken”. Dabei finden wir diese Ideen schon im „cogito ergo sum“ eines Descartes, in der Theorie Hegels davon, dass „das Bewusstsein, das Sein erschafft“ oder in der antiken Lehre der Hermetik, in welcher das erste Prinzip das des Mentalismus ist: Zu Erkennen, dass alle Kraft aus dem Geist und dem Bewusstsein kommt.

Eine vereinfachte (für manche: besonders arg profanisierte) Theorie ist das populäre „Gesetz der Anziehung“ („law of attraction“), es gibt Bestseller-Bücher und unzählige Videos dazu mit Millionen von Aufrufen. Vereinfacht gesagt soll man sich etwas sehr intensiv „vom Universum wünschen“ und dann wird es wahr. Die „Theorie“ erschöpft sich in ewiger Repetition dieses Grundsatzes und in der Aufzählung von angeblichen Begebenheiten, die dies stützen sollen. Auf mich wirkte das zugegebenermaßen eher abschreckend, wie eine küchenpsychologische Stütze für Menschen, die keine Anstrengung investieren wollen, sondern in einer Wünsch-dir-was-Vorstellung von der Realität leben. Traumtänzerei eben.

Oder ist etwas dran? Die Amerikanerin Helene Hadsell, auch bekannt als die “Wettbewerbskönigin” soll durch intensive Gedankenarbeit jedes Gewinnspiel gewonnen haben, an dem sie teilgenommen hat. Sogar ein Haus war darunter. Die Vorstellung an das zu erwartende Ereignis, zum Beispiel der Hauptgewinn in einer Ausschreibung musste dabei in Form einer klar herauskonturierten Annahme im Kopf entstehen, keine Zweifel waren erlaubt. Hadsell kam auf ihre Technik nach der Lektüre eines bekannten Ratgebers für positives Denken (Vincent Peale, “The Power of Positive Thinking”).

Aus individuellen Gedanken wird ein Kollektivbewusstsein

Auch unsere gemeinsame Realität wird von Gedanken bestimmt und zwar von unser aller Gedanken gleichermaßen. Bringen wir es zu einer kühnen Vision? Oder bleiben wir auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner eines verängstigten Schmalspurdenkens?

Milosz Matuschek ist Jurist und Publizist, war langjähriger Kolumnist der NZZ und betreibt heute den unabhängigen Blog „Freischwebende Intelligenz“

Vergessen wir nicht: Aus der Kraft gemeinsamer Gedanken bilden sich neue Gruppierungen und Kollektive mit bestimmten Interessen, die dann wiederum Veränderungen mit sich bringen. Jeder Gedanke, jedes Wort hat einen Energiewert, der sich nicht an klicks, likes o.ä. messen lässt. Wo viele Gedanken mit hohem Energiewert zusammenkommen, wird es eher hell. In der heutigen medialen Welt sind es mehr denn je die Gedanken, welche die Realität schaffen. Denn nie zuvor konnten Ideen, medial vermittelt, so schnell mit anderen Ideen verschmelzen, sich austauschen und die Welt umrunden.

  • Der Geist erschafft und modeliert die Welt durch Sprache.
  • Diese Ideen verknüpfen sich in der medialen Realität intersubjektiv, werden zu einer Art virtuellem Gedankennetz, das sich mimetisch repliziert oder verändert.
  • Gedanken verknüpfen Gleichgesinnte, sie vernetzen die Mentalebenen, lassen Communities, Gruppierung und Stämme entstehen.

Anders gesagt: Wir können jeder für uns einen Berg betrachten, aber es ist unser modellierter Geist, der uns sagt, was wir sehen sollen: ein Naturereignis; einen Beweis für den Klimawandel, da wenig Schnee liegt; ein Naturelement mit magischer Energie; ein Tourismusgebiet; einen Jagdgrund, einen gefährlichen Steinhaufen? Die Kraft der Gedanken kommt mit einem Preis: Individuell kann ihre Kraft für uns bestimmend sein, die kollektiven Gedankengebilde können unser eigenes Denken aber auch in den Sack stecken. Doch auch dagegen hilft dann wieder: richtig, ein neuer Gedanke.

Selbstwirksamkeit beginnt mit Autorität über die Gedanken

Gedanken, was sind sie wirklich? Alles nur Bilder im Kopf? Chimären? Wir wissen es ebenso wenig, wie Philosophen wissen, was Wirklichkeit ist oder Physiker genau wissen, was Energie ist. Vielleicht sind Gedanken eine Kombination aus mehreren Elementen: Eine Verdichtung von Energie, welche die Wirklichkeit mitbestimmen kann, eine Art geistige Spur, auf welche die materialisierte Tat folgt. Gedanken: Eine Energiespur, die andere Energien anzieht.

Gedanken scheinen einen eigenen Kommunikationskreislauf zu besitzen, wir sehen das an Momenten der “Synchronizitäten”, wenn wir gerade seit Monaten mal wieder an einen Menschen denken und schon ruft dieser an.

Wir sehen die Kraft der Gedanken auch an ihren Verkettungen: Öffnen wir unseren Geist für unerklärliche Phänomene (wie z.B. Synchronizitäten), dann klopfen diese öfter an unsere Tür. Gleiches gilt für die Magie: Wer an Magie glaubt, dem begegnet sie plötzlich überall. Anders gesprochen: Wer an Wunder glaubt, wird sie (eher) erleben. Egal, ob man an die Kraft der Gedanken glaubt oder nicht: Man wird immer recht bekommen und den Beweis für den eigenen Gedanken vorfinden (“confirmation bias”).

Die Kraft der Gedanken hat etwas von einer individuellen selbsterfüllenden Prophezeiung. Doch schauen wir um uns herum: Ist nicht alles, was uns Menschengemachtes umgibt, zuerst nur ein Gedanke gewesen? Wir müssen von reinen Gedanken keine materielle Kausalkette erwarten, wie bei Zauberkünstlern, welche ein Glas Wasser verrücken können, doch die materielle Welt wäre nicht vorstellbar ohne das Vorhandensein von Gedanken, diese sind conditio sine qua non.

Intensive Gedankenarbeit ist für mich am ehesten eine Form der psychologischen Selbstprogrammierung: Das, worauf ich meinen Fokus heute richte, egal wie verwegen, kühn, größenwahnsinnig oder abstrus der Gedanke sein mag, bringt mich auf die Spur zur Verwirklichung dieses Gedankens, schafft also erst ein magnetisches Kraftfeld, welches genau die Begegnungen, Ereignisse oder Konstellationen anzieht, die man zur Realisierung der Gedanken braucht. Die Vorsehung schickt die Zufälle in die Flucht. Vorausgesetzt, man ist dann nicht blind für die Zeichen, die einem dann zugeschickt werden. Manchmal muss man (gedanklich) nach den Sternen greifen, um auf dem Mond zu landen.

Neujahrsvorsätze mögen viele belächeln. Ich denke mir: Wer auf gute Vorsätze verzichtet, verzichtet bewusst auf die Möglichkeit, sich selbst auf einen neuen Weg oder näher zu einem neuen Ziel zu bringen. Warum sollte man auf die Kraft der Gedanken verzichten und sich als Spielball von Fremdenergien und Fremdereignissen betrachten?

Welches kühne Ziel haben Sie sich für 2025 gestellt?

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Milosz Matuschek ist Jurist und Publizist, war langjähriger Kolumnist der NZZ. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht (aktuelle Bücher: Generation Chillstand, «Wenn´s keiner sagt sag ich´s»). Er betreibt den reichweitenstarken Blog Freischwebende Intelligenz
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Bild oben: Pexels auf Pixabay

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