Roland Tichy

DSGVO: Das dümmste Gesetz

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Die Datenschutzgrundverordnung ist genau fünf Monate Gesetz: Teuer, aufwendig, kompliziert – und wirkungslos. Sie hat sich den Titel „Das dümmste Gesetz“ zu Recht verdient. Ihr Erfinder allerdings machte Karriere. Von Roland Tichy

Erinnern Sie sich noch an die Panik, die viele Unternehmen, Fußballvereine, Blogger und Verbände im Frühjahr ergriff? Auslöser war die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die am 25. Mai gültig wurde. In den Tagen davor brachen beim Unternehmer-Magazin „Impulse“ die Server zusammen – schnell noch wollten viele Unternehmen die Checkliste herunterladen, um der Existenzvernichtung zu entgehen. In Nachtschichten wurden Formblätter ausgefüllt, Computer programmiert, Daten vernichtet, Kosten in die Höhe getrieben.

Hektik, Panik, Schrecken

Seither wurden Newsletter eingestellt, ungezählte Tonnen Papier mit schriftlichen Einverständniserklärungen zu Selbstverständlichkeiten abgeheftet. Boutiquen vernichteten Adresskarteien ihrer Kunden, Visitenkarten wurden weggeworfen weil ihre Übernahme in die elektronische Datei angeblich Datendiebstahl ist, Blogs verschwanden vom Bildschirm, Großunternehmen richteten im Vorfeld Arbeitsstäbe ein, Unternehmensberater und Daten-Anwälte wurden zu bestverdienenden Superstars und Fußballvereine gaben unterschiedliche T-Shirts aus: Rote für solche Spieler, die mit einem Foto einverstanden waren und blaue für Spieler, die nicht fotografiert werden wollten. Auf einer Veranstaltung der CDU-Mittelstandsvereinigung wurde jeder Besucher, der dort nicht fotografiert werden wollte, mit einem roten Klebepunkt auf der Stirn gekennzeichnet. Alles aus Angst vor einer unverständlichen Gesetzgebung, die mit existenzvernichtenden Strafen in vielfacher Millionenhöhe durchgesetzt werden sollte.

Und dann geschah – nichts. Stille.

Reform ohne Wirkung

Allmählich zeigt die DSGVO Wirkung. In Portugal soll eine Klinik 400.000 € Strafe zahlen, weil statt 200 plötzlich 800 Beschäftigte als „Ärzte“ Zugang zu Patientendaten hatten. Aus Wien wird gemeldet: Dort schrauben die städtischen Wohungsbesitzer die Klingelschilder an den Eingängen ihrer Wohnblocks ab. Völlig unnötigerweise, sagen die einen. Aber wer weiß das schon? Sicher ist nur eines: Alles ist unsicher und kann teuer werden. Sagen die Angsthasen. Die Mutigen scheren sich nicht darum. Einfach so. Langsam steigt wieder die Zahl unerbetener Newsletter. Viele Unternehmen und Verlage missachten die DSGVO so kaltblütig wie ignorant. Man atmet geradezu auf. Die roten Punkte und farbmarkierten T-Shirts sind weitgehend verschwunden. Es wird wieder fotografiert. Völlig unbehelligt blieben die Datenkraken wie Facebook und Google, gegen deren Sammelwut sich die DSGVO angeblich richtet. Den Schaden der DSGVO haben die anderen. Kosten in erdrückender Höhe fielen dagegen bei Kleinunternehmern und Mittelständlern an, die sich nicht die riesigen Beraterstäbe leisten konnten und verzweifelt an Lösungen bastelten. Das Leben normalisiert sich wieder; geblieben sind prall gefüllte Aktenordner, unnötige Aufregung und teure Anstrengungen, die jenen das Leben schwer machen, die dieses Land in Betrieb halten. Fein heraus sind diejenigen, die die DSGVO einfach ignoriert haben. Offensichtlich ist der Dumme, wer sich an die DSGVO hält oder sich um Anpassung bemühte.

Seit 2014 erscheint das Meinungsportal „Tichys Einblick„, dem dieser Beitrag entnommen ist. Mit fast fünf Millionen Seitenaufrufen pro Monat ist das Medium des ehemaligen WirtschaftsWoche-Chefredakteurs Roland Tichy eine der wichtigsten liberal-konservativen Stimmen in Deutschland.
2016 erscheint „TE“ auch als gedrucktes Magazin (Bezugsmöglichkeit).  

Das „D“ steht für „Dumme“

Mit gutem Recht könnte man sagen: Das „D“ steht für „Dumme“. Und offensichtlich ist der Dumme, wer sich an ein Gesetz hält. Damit richtet die DSGVO breiten Schaden an: Sie hat ihr Ziel komplett verfehlt, die Datensammellust der großen Netzwerke zu bremsen. Sie hat flächendeckenden Schaden angerichtet bei komplett harmlosen Datensammlern. Sie hat den Datenschutz, der eigentlich so zentral wichtig ist, lächerlich gemacht und unglaubwürdig; beim Wort Datenschutz verdreht mittlerweile jeder die Augen. Die DSGVO trägt aber auch dazu bei, unseren Rechtsstaat zu zerstören: Gesetze, die man nicht versteht und die außer allgemeiner Aufregung, Vergrößerung von Behörden und unsinniger Kosten nichts bewirken, lassen die Bürger an diesem Staat und insbesondere an der Weisheit der Beschlüsse in Brüssel ernsthaft zweifeln. Gesetze, die nicht sanktioniert werden, weil auch Behörden und Gerichte überfordert sind, sind nicht nur handwerklicher Unfug – sie unterminieren auch das Rechtsbewusstsein, wonach Gesetzesverstöße zu verfolgen sind. Da passt die DSGVO zu der wachsende Unzufriedenheit, die an der Rechtsetzung ebenso zweifelt wie daran, dass Recht noch konsequent verfolgt wird.

Derjenige, der sich als Schöpfer der DSGVO hat feiern lassen, der grüne Europa-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht, ist mittlerweile Minister in Schleswig-Holstein. Er gehört zu jener Generation von Politikern, die von ihnen angerichteten Schäden nicht verantworten, weil sie längst zum nächsten Tatort weitergezogen sind. Die DSGVO dagegen bleibt. Der Schaden wächst. Die Grünen haben Erfolg. Die Bürger zahlen.

Es ist viel Teures geschehen. Alles bleibt, wie es ist.

 

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9 Antworten zu “DSGVO: Das dümmste Gesetz”

  1. Das ist wirklich so ziemlich der dümmste Bericht zu diesem Thema den ich seit langem gelesen habe. Offensichtlich erkennt man hier die Wirksamkeit und die notwendigen Veränderungen nicht. Wer dieses Gesetzt ignoriert gehört zu recht bestraft. Der Verfasser des Artikels hat offensichtlich nicht verstanden worum es geht.
    Sicher ist nicht alles perfekt durch unsere Regierung umgesetzt und die kleinen und mittelständler haben keine konkreten Handlungsempfehlungen erhalten. Das ändert aber auch nichts an der sinnhaftigkeit dieses Gesetztes bzw. dieser Verordnung.

  2. Richtig ist: es wurde viel und falscher Aktionismus gestartet, aber von denjenigen, denen Datenschutz bisher ein Fremdwort war. Diese schimpften und verstanden den Gesetzestext oft nicht.
    Wer sich seit Jahren mit dem Bundesdatenschutzgesetz auseinander gesetzt hat, war nicht überrascht. Die DSGVO kam mit 2-jähriger Ankündigung, diejenigen die bisher datenschutzkonform gearbeitet hatten, konnten durch Anpassung ihrer Prozesse ohne großen Aufwand die Änderungen durchsetzen.
    Wieder mal klassisches EU- und Politikbashing des Herrn Tichy, Populismus pur, auf den dieses Webportal gerne einsteigt. Schade um diese Einseitigkeit

    (Ich weiss: mein Kommentar wird nicht veröffentlicht, wenn doch, erfahre ich Bashing durch die Community, aber damit kann ich um!)

  3. Ein „schöner“ Kommentar, der leider sehr polemisch ist und die Wirkung als Quasi-Standard im weltweiten Datenschutz komplett außer acht lässt.
    Ich empfehle dem Autor, sich richtig damit auseinanderzusetzen, statt nur die – zugegeben – negativen Auswüchse aufgrund falscher / übertriebener Auslegung der DSGVO aufzuzeigen.

    Etwas mehr Differenzierung wünscht man sich manchmal schon. Aber Qualitätsjournalismus kann halt nicht jeder…

  4. Ooops Herr Tichy – Tim Cook, CEO bei Apple adelte jüngst die DSGVO durch sein Lob. Er hält die EU-Regelung für vorbildlich und fordert eine vergleichbare Gesetzesinitative für die USA sowie für die gesamte Welt:
    „Wir bei Apple glauben daran, dass Datenschutz ein grundlegendes Menschenrecht ist“, so Cook letzte Woche auf der Datenschutzkonferenz ICDPPC in Brüssel.
    Für Menschen wie Sie scheint es jedoch grünes Teufelswerk zu sein. Für Personen wie mich ist es dagegen ein Limes zum Schutz vor einer politisch-gesellschaftlichen Entwicklung wie sie gerade in China abhebt.
    Übrigens, ich bin Geschäftsmann und Profiteur der Datensammelwut. Dem muss man aber auch einen Rahmen geben können. Liberalismus und Datenschutz bilden kein harmonisches Paar. Chinesich verstandener Ethos tut das auch nicht.
    Bert Schukat

  5. DSVGO mit Das dümmste Gesetz zu übersetzen ist sehr populistisch. Aber bitte, wer Herr Tichy kennt rechnet mit solchen Plakaten. Aber fragen sie doch mal was Max Schrems aus Österreich dazu sagt. Hilft dieses Gesetz ihm doch Facebook zur Rechenschaft zu ziehen.
    Aber was Herr Tichy über die überbordenen Meldungen und Angstverbreitung im Vorfeld des 25.5. ist schon richtig.
    Rechtsanwälte und eine Menge Pseudoexperten waren da am Werk.
    Langsam pendelt es sich ein.
    Aber wir sollten unsere Gesetzgeber dazu bringen, die Abmahnindustrie zu verbieten. Dieses Instrument gibt es nur in Deutschland.

  6. Das Dümmste ist an diesem Gesetz ist die Durchführungsverordnung hier haben 700 Juristen und 1Praktiker daran gearbeitet. Umkekehrt wäre warscheinlich nicht schlechter gewesen.Der Autor hat sicher etwas aufgebauscht aber wenn man
    Hautnah mit der Umsetzung dieses Gesetzes verantwortlich zu tun hat dann spricht er einem aus der Seele.
    Übrigens hat der Autor sehr gut recheiert und hat sich alles was nicht funktionieren kann sachlich dargelegt.
    Beste Jornalistische Arbeit meine Hochachtung.

  7. Es muss schon schlimm sein, dem Zwang zu erliegen, zu jedem Thema eine Meinung haben und aufschreiben zu müssen, obwohl man nicht die (zeitlichen oder anderweitig kapazitativen) Möglichkeiten hat, sich anders über den Meinungsgegenstand zu informieren als aus anderen, genau so entstandenen Meinungsartikeln. Circulum vitiosus.

  8. Schuster, bleib bei deinen Leisten und „hättest du geschwiegen, wärest du Philosoph geblieben“: Die dümmliche Rote-Punkt-Protestaktion der CDU-Mittelstandsvereinigung und die Wiener Klingelschilder als BELEG für die Unzulänglichkeiten der DSGVO zu nehmen: Peinlich!
    Aber, was bleibt Herrn Tichy übrig, als Gegner von EU und Datenschutz? Er kann nur polemisieren, weil er sich nicht auskennt.
    Mir kommt er vor, wie jemand, der hysterisch ein Rosinenbrötchen als Brötchen mit Dreck drin, anprangert, weil er es erstmals sieht. Und nicht hineinzubeißen wagt. Wie mein kleiner Bruder, als er ca. 4 Jahre alt war.

    Kalifornien nimmt die DSGVO als Vorbild und arbeitet an einem Gesetz, die US-Bundesregierung macht seit noch kürzerer Zeit dasselbe, dummerweise arbeitet Google daran mit … der Chef einer US-Datenkrake, nämlich Apple, lobt die DSGVO, natürlich Teil seiner Werbestrategie.
    Warten Sie mal ab: Geht alles seinen üblichen Gang, kaufen wir bald Datenschutz für teures Geld in den USA ein und es wird heißen: Old Europe ist mal wieder fünf Jahre dahinter …

  9. Eine DSGVO ist richtig! Nur macht sich überhaupt noch jemand in Brüssel oder Berlin Gedanken um die Auswüchse der Gesetzesflut, die alle Unternehmer von ihrem eigentlichen Handeln abhalten. Wer bitte soll die Unsummen an Mitarbeitern einstellen und bezahlen, die diesen krakenhaften Auswuchs an immer neuen Gesetzen, Verordnungen, Richterrecht etc. umsetzen? Es ist eben nicht die DSGVO um die es sich alles dreht. Ständig nur alle Unternehmer mit immer neuen Gesetzen und Strafen zu bedrohen erhöht nur den Frust der Kreativen – von denen es jetzt schon nicht mehr viele gibt. Polemisch ist der Beitrag ja, aber eher noch zu leise! Es gibt wichtigere Themen in dieser Welt. Wenn Armut, Klima, Einkommens-Gerechtigkeit und weitere wirklich wichtige Themen geklärt sind findet sich bestimmt noch Zeit für eine DSGVO. Jetzt lenkt sie nur ab!

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