Altmaier ist nicht mehr zu halten
Weitreichende industriepolitische Gedankenspiele, die Energiewende und jetzt auch noch Diskussionen um Enteignungen von Wohnungen sind Gift für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Ohne marktwirtschaftliche Reformen wird die inländische Systemkrise verstärkt. Neuwahlen würden sonst unvermeidlich. Von Dr. Ulrich Horstmann
Das Wirtschaftsministerium ist ein Schlüsselressort. Es ist bis heute von den ordnungspolitischen Grundsätzen Ludwig Erhards geprägt. Das ist jetzt umstritten. Viele Meinungsführer machen ihn zu einem ‚Fossil der 50er Jahre‘ und relativieren die erfolgreiche Neuausrichtung nach der Planwirtschaft in der NS-Zeit.
Es war Ludwig Erhards revolutionäre Politik, der wir unsere Erfolge verdanken. Sie war bürgernah (von unten her ausgerichtet) und freiheitlich orientiert. So sind ein starker Mittelstand und eine gesellschaftlich prägende Mittelschicht entstanden. Das diente auch dem sozialen Frieden. Das einfache Rezept war die Sicherung eines größtmöglichen Wettbewerbs und Eigenverantwortung. Leistung sollte sich lohnen, wirtschaftlicher Misserfolg aber nicht auf die Gemeinschaft übertragen werden.
Wenn Deutschland seinen Wohlstand in größtmöglicher Freiheit nicht verlieren will, sind die marktwirtschaftsfeindlichen industriepolitischen Gedankenspiele, die planwirtschaftlich gesteuerte Energiewende und Enteignungen von Wohnungen untauglich. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten wie der DDR sollten den EU-Zentralisten eine Mahnung und nicht Ansporn sein. Was treibt Peter Altmaier, eine bewährte Wirtschaftspolitik zunehmend auf den Kopf zu stellen? Eine Planung von oben, wie von ihm vorgestellt, ist das Letzte, was Unternehmen brauchen.
Ein bislang beispielloser Eklat
Der von Wirtschaftsminister Peter Altmaier eingeschlagene neue Kurs führte zuletzt zu ungewöhnlich scharfer Kritik. Professor Fuest kritisiert ihn, weil er Größe mit Wettbewerbsfähigkeit verwechsele. Die Hidden Champions kommen danach zu kurz bei ihm, eine verbreitete Ansicht auch bei führenden Mittelständlern. Der Verband der Familienunternehmer lud ihn zu seinem Jubiläumsfest nicht ein, das ist ein bislang beispielloser Eklat. Fast vernichtend ist die Schelte des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) an den geplanten Regelungen zum vermeintlichen Schutz der Wirtschaft. Meines Erachtens völlig zutreffend ist der Hinweis: „Soziale Marktwirtschaft und Demokratie bilden das politische und ökonomische Grundprinzip einer freien Gesellschaft“. Erschreckend, dass man solche Selbstverständlichkeiten heute öffentlichkeitswirksam aussprechen muss, um Schlimmeres zu verhüten. Auch wenn die Ablehnung der neuen Politikausrichtung, die außerhalb von CDU/CSU viel Zustimmung findet und alte sozialistische Reflexe bedient, zunehmend sehr breit ist, gibt es Gegenstimmen.
Der Streit findet derzeit sogar innerhalb der Union statt. So unterstütze der frühere Verkehrsminister Peter Ramsauer Peter Altmaier: „So geht man mit dem deutschen Wirtschaftsminister nicht um. Altmaier wagt es mit seinen Vorschlägen endlich, industriepolitisch neue Kapitel aufzuschlagen. Das ist viel mühsamer, als aus den vornehmen Verbandsetagen heraus zu stänkern“. Hier irrt Peter Ramsauer. Es ist kein Verdienst, sondern ein Irrweg, industriepolitisch neue Kapitel aufzuschlagen.
Negativbeispiel Frankreich
Das Beispiel Frankreich zeigt, dass es nicht laufen kann und wird. In Frankreich wurden die Bürger und die Wirtschaft schon immer gegängelt und zentralistisch bevormundet. Das Hauptinteresse war seit Jean-Baptiste Colbert die Maximierung der Steuereinnahmen. Ohne diese Politik, die in der Neuzeit zur ‚Planification‘ führte, einer im 5-Jahres-Rhythmus erfolgenden zentralen staatlichen Lenkung von staatsnahen Großunternehmen, wäre Frankreich wirtschaftlich sicher erfolgreicher gewesen. Das Land war trotzdem immer reich genug, die Ineffizienzen staatlicher Planvorgaben zu verkraften. Dass ihre Wirtschaftspolitik falsch ist, werden viele in den nationalen Kaderschmieden erzogenen Funktionäre in Paris nicht verstehen wollen. Es würde ihnen Einfluss rauben.
„Friedrich Merz wäre besser als ein Minister, der mit den Franzosen planwirtschaftliche Methoden von oben umsetzen möchte“
Und gerade ein solches Funktionärssystem braucht die deutsche Wirtschaft nicht. Ein Wirtschaftspolitiker Friedrich Merz würde auf Wettbewerb setzen und die Leistung der inländischen Hidden Champions mehr würdigen. Friedrich Merz wäre besser als ein Minister, der mit den Franzosen planwirtschaftliche Methoden von oben umsetzen möchte. Das passt nicht zur kleinteiligen und vielfältig strukturierten inländischen Wirtschaft. Nicht umsonst ist der Mittelstand mit seinen Hidden Champions ein Erfolgsmodell. Hier hat der Staat die Bürger ökonomisch in Ruhe gelassen und sich bislang auf faire Regeln beschränkt.
Dringender Reformbedarf
Jetzt in der Krise, die voraussichtlich Deutschland besonders treffen wird, ist ein erfahrener Wirtschaftsfachmann, der breites Vertrauen genießt, gefragt. Zurzeit sind auch die großen Banken hierzulande in der Krise und bei all den Fusionsdiskussionen wird zu wenig darauf hingewiesen, dass die Geldpolitik der EZB daran einen nennenswerten Anteil hat. Außerdem droht die Zerstörung der Autoindustrie durch ideologisch getriebene Vorgaben, die nicht einzuhalten sind. Die planwirtschaftliche Energiewende ist für die Wirtschaft und die Verbraucher unbezahlbar geworden, sie ist auch aus ökologischen Gründen verfehlt, wie die mäßigen Erfolge bei der Verringerung von Kohlendioxidemissionen in den letzten Jahren zeigen.
Es drohen inzwischen noch weitere, bislang ungeahnte Probleme. Wenn der als ‚grüne Heiland‘ bezeichnete Robert Habeck uns populistisch gängeln will und für die Enteignung von Wohnraum auch noch das Grundgesetz benutzt, um Enteignungen zu ermöglichen, dann ist das Gesinnungsethik pur. Der frühere Fehler lag allenfalls in der zu günstigen Weitergabe von Immobilien an die immer einflussreicher werdenden börsennotierten Konzerne. Hier wurde Marktmacht in Kauf genommen. Die neuen sozialen Härten sind die Folge von Politikversagen, die Verwerfungen auf den Märkten haben sehr viel mit der Nullzinspolitik der EZB zu tun.
„Wenn Reformen, die Unternehmen und Bürger steuerlich entlasten, und wirtschaftspolitische Vernunft mit dieser Regierung nicht mehr umsetzbar sind, sollte es besser möglichst bald zu Neuwahlen kommen.“
Was wieder besser werden muss: Neuwahlen werden dafür wohl unvermeidlich sein
Was wir brauchen ist die Rückkehr von Vertrauen, Neugier auf Neues, Sicherung von Kreativität, die ein bestimmtes kulturelles und politisches Umfeld braucht und damit einen freien, auch kritischen Meinungsdiskurs beim Ringen um neue und bessere Lösungen. Wir brauchen mehr Grundlagenforschung, mehr Bildung und eine bessere Infrastruktur. Das ist eine erfolgversprechende Standortpolitik, nicht die in Hinterzimmer zusammengeschmiedeten Champions von strauchelnden Konzernen, die oft nur auf Staatshilfen setzen.
Peter Altmaier ist ein beliebter Politiker, aber den Ludwig Erhard Preis wird er sicher nicht mehr gewinnen. Angesichts des hohen Reformbedarfes für die Wirtschaft sollte ein Neuanfang gesucht werden. Ein Nachfolger sollte nicht in erster Linie von Merkel ausgesucht werden. Die Kritik an Altmaier trifft auch die Regierungschefin. Auch ihn würde sie erfahrungsgemäß im Zweifel fallen lassen. Wenn Reformen, die Unternehmen und Bürger steuerlich entlasten, und wirtschaftspolitische Vernunft mit dieser Regierung nicht mehr umsetzbar sind, sollte es besser möglichst bald zu Neuwahlen kommen. Wenn es gut läuft, würden CDU/CSU eine wirtschaftsfreundliche Mannschaft, bei der Friedrich Merz nicht fehlen darf, formen und mit der FDP zusammen eine Regierungskoalition bilden können. Es wird Zeit, den sozialistischen Interventionisten, die auf ein Europa mit zentraler Lenkung von oben setzen, die rote Karte zu zeigen!
Dr. Ulrich Horstmann ist Vorstand im Institut ‚Europa der Marktwirtschaften‘, Buchautor und Publizist (u.a. „SOS Europa“, aktuelles Buch: „Digitale Knechtschaft“). Weitere Beiträge von Ulrich Horstmann auf DDW hier.
Ich bin auch der Meinung das Herr Altmaier nicht mehr zu halten ist.
Er sollte aber auf keinen Fall nach Brüssel abgeschoben werden denn da kann er nur noch mehr Schaden anrichten!