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„Zukunftsfonds Deutschland“ – unser Eigenkapital mobilisieren
Wer sich Gedanken um unsere zukünftige industrielle und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit macht, der weiß, dass wir neue, innovative Lösungen brauchen. Unser Land darf sich nicht länger auf den industriellen Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen. Ein Zukunftsfonds ist Teil eines 12-Punkte-Aktionsplans für ein zukunftsfähiges Land. Von Walter Kohl
Wer heute auf deutschen Straßen fährt, die Bahn nimmt oder in Hörsälen sitzt, erlebt einen wahrnehmbaren Zerfall unserer Infrastruktur. Doch nicht nur unsere persönliche Erfahrung, sondern auch viele Studien zeigen uns: Wir leben aus der Substanz. Wer sich dann noch in Deutschland von Funkloch zu Funkloch hangeln muss und andererseits praktische Erfahrungen mit einer erstklassigen digitalen Infrastruktur in Südkorea sammeln durfte, fragt sich: “Wie kann das sein?“ Mittlerweile steht Deutschland in diversen Rankings in der Breitbandversorgung hinter Albanien und Bahrain.
Szenenwechsel: Wer wie ich zur Babyboomergeneration der 1960er-Geburtsjahrgänge gehört, macht sich inzwischen Sorgen um seine Altersvorsorge. Sparbücher werden durch Niedrigzinsen entwertet und kapitalbildende Lebensversicherungen bilden kein Kapital mehr. Der jahrelange Verlust an Zins und Zinseszins führt zu einem reduzierten Vermögensaufbau für eine ganze Generation – gerade in einer Sparernation wie Deutschland. Welche sozialen Folgen wird diese Entwicklung haben, wenn in einigen Jahren diese Generation in Rente geht und vor der Altersarmut steht?
Egal ob Biotechnologie, Digitalisierung, KI oder Elektromobilität – in welchem dieser kritischen Zukunftsfelder sind wir denn gegenüber den USA oder China führend?
Wer sich dann noch Gedanken um unsere zukünftige industrielle und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit vor dem Hintergrund neuer, erstarkender Konkurrenten vor allem aus den USA und Asien macht, der weiß, dass wir neue, innovative Lösungen brauchen. Unser Land darf sich nicht länger auf den industriellen Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen und damit kaschieren, dass wir eine Zukunftsindustrie nach der anderen verschlafen. Egal ob Biotechnologie, Digitalisierung, KI oder Elektromobilität – in welchem dieser kritischen Zukunftsfelder sind wir denn gegenüber den USA oder China führend?
Lassen sich diese drei Probleme – zerfallende Infrastruktur, Altersarmut durch Niedrigzinsen und fehlende Wettbewerbsfähigkeit in Zukunftsindustrien – gleichzeitig auffangen? Ich bin der Überzeugung, dass die Lösung dieser Probleme in der Einrichtung eines Zukunftsfonds liegt. Ziel des Zukunftsfonds wäre es, die Investitionslücke unserer Volkswirtschaft zu schließen und somit unsere Infrastruktur zukunftsfähig zu machen. Er könnte Risikokapital in großer Menge für Innovationen und Start-Ups zur Verfügung stellen, industrielle Vorreiterschaft und Bildungsvorhaben finanzieren. Und zugleich wäre der Fonds eine sichere und solide Anlageklasse für Privatinvestoren, für den Normalbürger, der die Menschen zudem bei der Sicherung ihrer Altersvorsorge unterstützt.
Eine Alternative zu schlecht bis gar nicht verzinsten Lebensversicherungen
Heute halten Deutschlands Sparer mehr als 3 Billionen Euro auf Sparkonten und in schlecht bis gar nicht verzinsten Lebensversicherungen. Diesen Menschen kann der Fonds eine Alternative bieten. Als privatwirtschaftlich gemanagtes Investitionsvehikel mit einer Zielgröße von 1.000 Milliarden Euro und einer staatlich garantierten, steuerfreien Festverzinsung von 3,5%, also nach Steuern über 4%, wäre er eine attraktive Alternative zu Sparbuch und Lebensversicherungen. Er wäre nur zugängig für Privatanleger, ohne Intermediäre – eine Investition so einfach wie die Eröffnung eines Online-Kontos. Um politischen Missbrauch wie bei den Landesbanken zu verhindern, sollte der Fonds analog zu anderen Staatsfonds und zu Notenbanken wie der Bundesbank gesetzliche Unabhängigkeit genießen und von unabhängigen Experten geführt werden. Hier können wir von Staatsfonds in Israel, Singapur oder Norwegen lernen. Im Ergebnis würde derzeit volkswirtschaftlich nicht-produktives Kapital zur Grundlage neuer Zukunftsfähigkeit werden, ohne dass Soliditätsprinzipien des Staatshaushaltes angetastet würden.
Dieses Beispiel ist meinem Anfang Februar erschienenen Buch „Welche Zukunft wollen wir? Mein Plädoyer für eine Politik von morgen“ entnommen, welches ich aus Sorge über die Entwicklung unseres Landes und des vereinten Europas geschrieben habe.
Der Zukunftsfonds ist Teil meines 12-Punkte-Aktionsplans für ein zukunftsfähiges Land. Zur politischen Verwirklichung dieser Ziele habe ich außerdem die gemeinnützige „Initiative Deutschland in Europa“ gegründet.Eine Lösung wie der „Zukunftsfonds Deutschland“ wäre für alle, für den Staat, die Sparer und unsere Zukunftsfähigkeit ein Gewinn. Oder wie es Albert Einstein ausdrückt: „Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“
Walter Kohl ist Unternehmer, Historiker und Autor aus Ludwigshafen am Rhein. Nach Stationen im Investmentbanking und in Führungspositionen deutscher Großunternehmen, gründete er zusammen mit seiner Frau einen deutsch-koreanischen Automoilzulieferer. Heute ist er Gründer und Unternehmensberater der KohlConsult GmbH. Mit der »Initiative Deutschland in Europa« und als Schirmherr des Frankfurter Netzwerkes Suizidprävention (FRANS) setzt er sich für gesellschaftliche und soziale Projekte ein. Mehr Informationen.
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