Was Familienunternehmen in Krisenzeiten stark macht

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Noch ist unklar, ob sich die aktuelle Lage zu einer Existenzkrise für unsere Wirtschaft entfaltet oder ob sich daraus auch neue Chancen ergeben, und wenn ja welche. Drei Erkenntnissen der Forschung zur Langlebigkeit von Familienunternehmen. Von Prof. Dr. Nadine Kammerlander, Prof. Dr. Tom Rüsen und Prof. Dr. Christoph Schreiber

Eine einzigartige Entwicklung, ausgelöst durch eine Pandemie, beeinflusst die Zukunft der Familienunternehmen im globalen Wirtschaftsraum erheblich. Derzeit ist noch unklar, ob sich die derzeitige Lage zu einer Existenzkrise für unsere Wirtschaft entfaltet oder ob sich daraus auch neue Chancen ergeben – und wenn ja: welche.

Wir greifen aus den Erkenntnissen unserer Forschung drei Aspekte heraus, die Familienunternehmen in Krisenzeiten berücksichtigen sollten. Diese Gesichtspunkte beruhen auf der Forschung zur Langlebigkeit von Familienunternehmen, zur Krisenbewältigung sowie auf
unseren aktuellen Beobachtungen in der Praxis.

Organisation und strategische Ausrichtung anpassen

In der Regel werden Krisensituationen im Kontext des Unternehmens durch die Schaffung einer maximalen Flexibilität in der Ablauforganisation und das gezielte Nutzen sich eröffnender Opportunitäten bewältigt. Erfolgreiche Mehrgenerationen-Familienunternehmen haben in ihrer Historie bereits einige existenzbedrohende Krisen überstanden. Erfolgsrelevant war hierfür, dass die handelnden Personen es verstanden haben, die Form der Leistungserbringung zu flexibilisieren und die Organisation sowie die Arbeitsstrukturen schnell und pragmatisch anzupassen. Meist folgte auf die Veränderung des Produkt- und Dienstleistungsspektrums dann zeitnah eine Umgestaltung der strategischen Ausrichtung des Unternehmens und gegebenenfalls sogar des Geschäftsmodells. Durch diese kriseninduzierte Transformation konnten somit in der Krise dringend benötigte Produkte oder Dienstleistungen entstehen, die das vorhandene Kern-Know-how des Familienunternehmens nutzten und dieses auf die aktuelle Bedürfnislage übertrugen. Durch die letzte Krise gewarnt stehen derzeit liquiditätssichernde Maßnahmen ganz oben auf der Prioritätenliste des Top-Managements.

Dieser Beitrag wurde als Editorial in der „FuS – Zeitschrift für Familienunternehmen und Strategie“ veröffentlicht. FuS aus dem Going Public Verlag ist das Sprachrohr für Forschung rund um Familienunternehmen in Deutschland. Hier zur Verlagsseite

Schnelle Entscheidungen und pragmatische Umsetzung

Vor diesem Hintergrund stellen bereits jetzt etablierte Familienunternehmen beispielsweise ihre Fertigung auf Filterprodukte oder Schutzkleidung um. Außerdem gehen sie neue Kooperationen ein, in Folge dessen sie Mitarbeiter-, Logistik- oder Vertriebsplattformen gemeinsam nutzen, um auf diese Weise zur Bewältigung der aktuellen Notsituation beizutragen. Dabei setzen sie auf die typischen Wettbewerbsvorteile von Familienunternehmen: schnelle Entscheidungen und pragmatische Umsetzung. Gleichzeitig lässt sich derzeit eine Art „Digitalisierungsschock“ in zahlreichen traditionellen Familienunternehmen feststellen, der neuartige Formen der Leistungserbringung ermöglicht. Durch die sehr schnell und in der Breite angeordneten Homeoffice-Tätigkeiten außerhalb der Produktionsbereiche können viele Teile der Belegschaft weiterhin ihre Arbeitsleistung erbringen, ohne im Unternehmen anwesend zu sein und Kommunikation innerhalb und außerhalb des Unternehmens wird in kürzester Zeit digitalisiert.

Es kommt auf eine gemeinsame Familienstrategie an

Langlebige Familienunternehmen konnten immer dann Existenzgefährdungen überwinden, wenn sie über einen stabilen Gesellschafterkreis mit gemeinsamen Zielen verfügten. Dieser trägt durch eine restriktive Gewinnentnahme maßgeblich zum Aufbau gesunder Eigenkapitalquoten und einer stabilen Liquiditätssituation bei. Für eine anstehende Thesaurierung und ggf. die Vereinbarung von Kapitalerhöhungen ist – wenn auch nicht juristisch, so doch faktisch – ein gemeinsamer familienstrategischer Handlungsrahmen zur Krisenbewältigung notwendig. Fehlt dieser, sind innerfamiliäre Konflikte (insbesondere zwischen operativ tätigen und nicht aktiven Gesellschaftern) vorprogrammiert.

Durch das Engagement der Eigentümerfamilie haben erfolgreiche Familienunternehmen es auch verstanden, mit den zentralen Akteuren (unter anderem mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und den staatlichen Institutionen) konstruktiv zu kooperieren und Lösungen zum agilen Umgang mit den Wirkungen der Krise zu entwickeln oder gar zur Schaffung neuer Geschäftsmodelle zu etablieren.

Nadine Kammerlander ist Inhaberin des Lehrstuhls für Familienunternehmen und Leiterin des Instituts für Familienunternehmen an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar.
Tom Arne Rüsen 
ist Geschäftsführender Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen sowie Geschäftsführender Vorstand der WIFU-Stiftung.
Prof. Dr. Christoph Schreiber 
ist seit Juni 2019 Inhaber des Lehrstuhls für Recht der Familienunternehmen an der Universität Witten/Herdecke.

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