Das erste Mal im Leben Heiligabend mit der eigenen Familie statt mit den Hotelgästen
Christof und Johanna Erharter sind österreichische Hoteliers wie aus dem Bilderbuch und ihre Villa Excelsior würde auch wunderbar in ein solches passen. / Rubrik „Stilvoll reisen“
Er, der elegante Hotelfachschüer aus den Kitzbüheler Alpen, hatte von Kindesbeinen an den Traum vom eigenen Hotel. Mit 23 kaufte er sich mit großem Enthusiasmus (und noch größerem Kredit) von der Erzdiözese ein denkmalgeschütztes Hotel mit 30 Zimmern im noblen Bad Gastein. Während im Ort die Grand Hotels leerer wurden und die alten Kurgäste ausblieben, füllte sich seine Villa. Mit Künstlern, Kreativen, Individualisten und solchen, die im Kettenhotel von heute keinen Platz mehr finden. Vor zehn Jahren kam Johanna hinzu, mit nochmehr Hotel im Blut: 100 Jahre Familiengeschichte als Gastgeber. Seither sind Kind, Hund, Oma und Opa hinzugekommen und das Haus wurde noch persönlicher – und beliebter. Leere Betten und ruhige Wochen kannte Familie Erharter nicht. In den wenigen Wochen im Jahr, in denen das Hotel geschlossen hatte, wurde behutsam renoviert und restauriert. Bis 2020. Für Johanna das erste mal im Leben Heiligabend mit der eigenen Familie statt mit den Hotelgästen.
Herr und Frau Erharter, wie hat Sie beide die Krise getroffen?
Christof: Das abrupte Ende der letzten Wintersaison war natürlich ein Schock für uns und unsere Gäste. Die darauffolgenden Wochen im Lockdown machten es uns schwer, optimistisch zu bleiben. Aber wir haben immer wieder liebe Anrufe und Schreiben von Stammgästen erhalten, die ihre Hilfe anbaten. Das war ein unvergessliches Erlebnis an gelebter Menschlichkeit, welches wohl in der Hotelbranche einzigartig ist und uns wieder ermutigt und aufgebaut hat!
Johanna: Etwas traurig waren wir besonders über eine Stornierung: Die slowakische Staatspräsidentin hatte für sich und ihr Sicherheitsteam bei uns gebucht, musste den Sommerurlaub jedoch wegen der Quarantänebestimmungen kurzfristig absagen. Gleich nach der Absage erhielten wir dann zum Trost einen großen Geschenkkorb aus dem Präsidentenamt, das hat Stil! Alles in allem war die Sommersaison dann zwar kürzer, aber überraschend gut, und auch die Lücken, die wir durch Stornierungen zunächst hatten, konnten vorwiegend inländischen und deutschen Gästen schnell füllen.
Wie ist die Stimmung unter den Kollegen und in der Region?
Christof: Wir sind nach dem tollen Sommer alle sehr optimistisch, daß auch in der kommenden Wintersaison die Menschen weiterhin reisen wollen. Sobald Reisewarnungen aufgehoben werden, können wir mit Winterlandschaft, Skipisten, Thermalquellen und ausreichenden Sicherheitskonzepten aufwarten.
Sind Sie Pessimist oder Optimist, was langfristig das Hotelgeschäft angeht?
Johanna: Für unsere Gesellschaft gehört das Reisen zum Freiheitsgefühl dazu und deshalb sind wir sehr zuversichtlich, daß sich dies nicht so schnell ändern wird. Das Hotel an sich hat eine eigene Faszination: hier lernen sich Menschen kennen, es entstehen Freundschaften, Ideen, Geschäftsverbindungen – dies kann zum Beispiel ein anonymes Ferienappartment nie ersetzen.
Christof: Unsere Villa Excelsior ist ein sehr individuelles Haus und wir können unseren Gästen viel Freiraum bieten, das kommt uns in Zeiten von Abstandsregeln entgegen. Die besondere Stimmung, die historische Architektur und die Lage von Bad Gastein sind einzigartig und die meisten unserer Gäste finden das sehr inspirierend. Soziale Begegnungen sind für viele ein Teil vom Urlaub, aber wir haben im Sommer gemerkt, dass sich das bei uns so umsetzten lässt, wie es derzeit vernünftig und geboten ist.
Glauben Sie, dass sich langfristig etwas am Tourismus ändern wird?
Johanna: Wir haben im Sommer bemerkt, daß viele Gäste ihren Urlaub bewußter genossen haben. Vielleicht bekommt die Qualität im Urlaub einen höheren Stellenwert? Grundsätzlich denken wir jedoch, daß Krisen zwar kurzfristig zu einem Umdenken führen, der Mensch jedoch gerne vergißt und wieder an seine alten Gewohnheiten anknüpfen will – und das ist wahrscheinlich gut so!
Wie haben Sie den Lockdown verbracht und was machen Sie gerade?
Christof: Im Frühjahr haben wir bei schönstem Wetter den Garten gepflegt, Fenster, Geländer und Wände gestrichen – danach haben wir sämtliche Wanderwege ausprobiert, die wir – aus Mangel an Zeit – nur von den Erzählungen unserer Gäste kannten… Auch jetzt sind wir wieder am Renovieren! Dies ist in Zeiten des Lockdowns wie eine Therapie bzw. Vorfreude, daß es irgendwann wieder weitergeht – wir sind gerüstet!
Johanna: Eigentlich hätten wir im November ein Fernsehteam im Hotel gehabt, die einen Film in Bad Gastein drehen wollten. zur Beruhigung unserer Tochter ist deren Aufenthalt aber nur aufgeschoben und nicht aufgehoben. Statt Stars zum anfassen gab’s dann lange Spaziergänge mit der Familie – in unserem Alltag auch etwas seltenes.
Ein wirklich neues Erlebnis werden für uns die Weihnachtstage: Seit meiner Kindheit wurde Heiligabend bei uns „vorgefeiert“, denn am 24. Dezember haben wir uns um die Hotelgäste gekümmert. Dieses Jahr ist alles anders und wir probieren Weihnachten im engsten Familienkreis. Ich bin gespannt!
Ist Hotelier immer noch Ihr Traumberuf?
Hotelier zu sein ist sogar eine Berufung! Bei allen Problemen und Schwierigkeiten – für uns ist es der schönste Beruf. Wir würdenihn immer wieder wählen.
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