Exporterwartungen erholen sich, Materialengpässe lassen leicht nach

Keine Kommentare Lesezeit:

Die Stimmung unter den deutschen Exporteuren hat sich laut ifo Exporterwartungen nach dem Einbruch im März etwas erholt. Auch die Knappheit an Vorprodukten hat sich leicht entspannt, wenn auch auf hohem Niveau. Starke Zahlen vermelden auch deutsche Weltmarktführer.

Trotz hoher Unsicherheit und Logistikproblemen zeichnet sich derzeit eine Stabilisierung der Exportstimmung ab. Die ifo Exporterwartungen sind im April auf plus 3,5 Punkte gestiegen, von minus 2,9 Punkten im März.

Systeme für mobiles Schweißen, eine der Stärken der Werdohler Vossloh AG. Trotz gestiegener Unsicherheiten kann der Schienen- und Weichenspezialist Rekordaufträge verbuchen (Bild: Unternehmen)

Beispiel Vossloh-Konzern: Der Weltmarktführer für Schienenbefestigungssysteme und Eisenbahnweichen (Rang 217 bei DDW) vermeldet im ersten Quartal den höchsten Auftragseingang im Infrastrukturgeschäft in der Unternehmensgeschichte. Unter anderem wurden zwei Großaufträge für Schienenbefestigungssysteme von Hochgeschwindigkeitstrecken in China sowie ein umfassender Rahmenvertrag für Betonschwellen in Australien gewonnen. Laut Unternehmen seien “unverändert hohe Ausschreibungsaktivitäten weltweit zu beobachten”.

Zuversicht kehrt zurück

Auch in der Elektroindustrie legten laut ifo-Zahlen die Exporterwartungen wieder zu. “Viele Unternehmen gehen von steigenden Exporterlösen aus”, so Clemens Fuest, Präsident des Instituts. Auch im Maschinenbau kehrt die Zuversicht wieder zurück. Die chemische Industrie ist weiterhin skeptisch, sie erwartet keine Zuwächse bei den Exporten. Gleiches gilt für die Hersteller von Gummi und Kunststoffwaren. Die Unternehmen in der Autoindustrie rechnen weiterhin mit rückläufigen Exporten. Auch die Möbelhersteller haben pessimistische Exportaussichten.

Derweil hat sich der Materialmangel in der deutschen Industrie geringfügig entspannt, wie eine weitere Umfrage des ifo Instituts ergeben hat. 75 Prozent der Firmen klagten im April über Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen. Im März waren es noch 80,2 Prozent. Allerdings: „Von einer durchgreifenden Entspannung kann nicht gesprochen werden“, so Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen. „Neben dem Krieg in der Ukraine bereitet der Blick nach China zunehmend Sorgen.“

Materialmangel macht weiterhin Sorgen

Die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten sind mit 91,9 Prozent am stärksten betroffen vom Materialmangel. Auch in der Autoindustrie ist der Anteil mit 89,1 Prozent sehr hoch. Bei den Herstellern von Nahrungsmitteln ist der Anteil auf rund drei Viertel gestiegen. In der Chemischen Industrie ist der Anteil hingegen auf 61,7 Prozent gesunken, von 70,5 im März. „Im Moment gibt es keine Anzeichen, dass es in den kommenden Monaten zu einer substantiellen Entlastung kommt“, ergänzt Wohlrabe.

Auch im Mittelstand bleiben die Belastungen durch Lieferengpässe hoch, zeigt eine ebenfalls aktuell veröffentlichte Sonderbefragung zum Mittelstandspanel der KfW-Bank. Zwar ist auch hier der Anteil der von Materialknappheit betroffenen kleinen und mittleren Unternehmen von 48 Prozent im vergangenen September auf nun 42 Prozent gesunken. Im Verarbeitenden Gewerbe und im Bau seien es aber weiterhin 78 Prozent aller Unternehmen von Lieferengpässen betroffen, und im Handel ist der Anteil sogar um 5 Prozentpunkte auf 68 Prozent gestiegen, so die KfW-Umfrage.

Starke Zahlen trotz Halbleiterknappheit: Der Vorstand der Basler AG Hardy Mehl, Alexander Temme, Dr. Dietmar Ley und Arndt Bake) (Bild: Unternehmen)

Ein Grund für Knappheit: Die Unternehmen bauen auf breiter Front Lagebestände auf, um im Falle von Störungen der Lieferketten handlungs- und lieferfähig zu bleiben.

Auch bei der Basler AG aus Ahrensburg, Weltmarktführer für Bildverarbeitungs-Komponenten für Computer Vision Anwendungen (aktuell Rang 522 im Weltmarktführer-Ranking), belasten steigende Materialläger aufgrund von vereinzelten Fehlteilen den Cashflow. Schon im letzten Jahr beeinträchtigten Engpässe für Halbleiterkomponenten das Geschäftsjahr erheblich. Das hat dem Umsatzwachstum von 26 Prozent auf den Rekordwert von 214,7 Mio. Euro (Vorjahr: 170,5 Mio. Euro) bei der Basler AG indes keinen Abbruch getan; auch die Auftragsbücher sind auf Rekordniveau. “Die Herausforderung der Beschaffung von Halbleiterkomponenten wird voraussichtlich auch im Geschäftsjahr 2022 der begrenzende Faktor für das Wachstum bleiben. Weiterhin führt der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen politischen Unruhen zu neuen Unsicherheiten, deren Auswirkungen aktuell noch schwer absehbar sind”, so das Unternehmen. Insgesamt sei das Management aber grundsätzlich optimistisch gestimmt für das Geschäftsjahr.

Das Weltmarktführer-Lexikon als Excelliste 
Die vollständige Liste der 1.487 deutschen Weltmarktführern ist im DDW-Leserservice im Excel-Format erhältlich. Es enthält neben Adress-, Umsatz- und Branchenangaben auch eine Beschreibung der Weltmarktführersparte und des Exportanteils jedes Unternehmens. Hier die Infos 

Boom bei Grundstoffindustrie

Schwergefragt: Coils der Salzigitter AG. Bis zu 36 Tonnen kann ein einzelnes Coil wiegen (Bild: Unternehmen)

Für die Unternehmen der Grundstoffindustrie bedeutet der Aufbau hoher Lagerbestände in der Industrie indes einen echten Boom. Wie beim Salzgitter-Konzern, Rang 499 im Weltmarktführer-Lexikon von DDW. Nach einem starken ersten Quartal hat das Unternehmen in einer ad-hoc-Meldung seine Ergebnisprognose erhöht: 465 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftete Salzgitter im ersten Quartal – nach 117 Millionen Euro im Vorjahresquartal 2021. Der Außenumsatz des Salzgitter-Konzerns stieg gegenüber dem der ersten drei Monate 2021 (2,1 Milliarden Euro ) um rund 60 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Entsprechend wird die Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2022 auf einen Vorsteuergewinn (EBT) zwischen 750 und 900 Millionen Euro angehoben.

Allerdings, so das Unternehmen: Dabei werden Rohstoff- und Energiekosten sowie Stahlpreise auf dem bisherigen Niveau unterstellt und von einer weiterhin uneingeschränkten Verfügbarkeit von Erdgas ausgegangen. “Explizit weisen wir auf aktuell kaum quantifizierbare
Prognoserisiken im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg hin”, sagt auch Salzgitter.

Auch bei Vossloh kalkuliert man unter dem Vorbehalt einer Normalisierung der Bezugspreise für wesentliche Materialien und Energieträger im weiteren Jahresverlauf. Aktuell seien wesentliche Materialien “weiterhin verfügbar”. Parallel dazu seien Gespräche mit Kunden zur Weitergabe der Mehrbelastungen aus Material- und Energiepreisen intensiviert worden.

Preisanpassungen Folge von Materialknappheit sind auch für viele Mittelständler unausweichlich, zeigen die Ergebnisse des KfW-Mittelstandspanels. Insgesamt jedes vierte mittelständische Unternehmen hat danach zuletzt seine Preise erhöht.

Mehr zum Thema:

Bild oben: Eine Mitarbeiterin der Salzgitter AG vor dem Coillager (Bild: Unternehmen)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Language