Genuß ohne Reue: Hors d´Oeuvres

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In einer kleinen Reihe unserer Rubrik “Stilvoll reisen“ serviert uns Winfried D. E. Völcker einen gastronomischen Small Talk der 14 Gänge eines Essens, samt Anekdoten aus der Welt der Top-Gastronomie. Von Amusettes, Amuse Guelles über Amuse Bouches zum heutigen 4. Gang: Hors d`Oeuvres.

Bislang erschienen:

„Essengehen“ ist ein gesellschaftliches Ereignis und oft die Fortsetzung von Gesprächen mit kulinarischen Mitteln. Gespräche mit direktem Augenkontakt lassen sich durch nichts ersetzen. Gute Küche auch nicht und beste Weinkarte Deutschlands schon gar nicht. Wenn schon, denn schon…

Es gibt über 1000 Hors d´Oeuvres die diesen Namen verdienen: Vorspeisen attraktiv getellert, vom rollierenden Hors d‘ Oeuvres Wagen, wie einst im Parkhotel Frankfurt, vom Pony im Dallas Hilton präsentiert, oder eben „auf fliegenden Tellern“ dem stehenden Publikum angeboten.

Für mich sind Vorspeisen ein himmlischer Genuß. Für genussvolle Hors d`Oeuvres könnte ich glatt den ganzen Tag fasten…

Die Kunst der Mäßigung: Den Versuchungen mutig stellen

Parkhotel Küchenchef Manfred Knödler (oben rechts) hatte sichtbar eine eigene Philosophie zum Fasten. Der junge Mann links, mit zarten 32 damals frisch gebackener Generaldirektor und Geschäftsführer des „kleinen Grandhotels“ Parkhotel Frankfurt (heute Le Meridien), ist der Autor dieser Zeilen

Apropos Fasten. Gilt Schlemmen in der Fastenzeit eigentlich als unschicklich? Oder steckt im vorsätzlichen Fastenbrechen eine Brise Lebensklugkeit, die Einsicht nämlich, wie sehr der radikale Verzicht eine andere, nicht mindere Form des Lasters heraufbeschwört: die Eitelkeit. Seht wie asketisch ich bin, wie ich mich im Griff habe, ihr Dicken und Schwachen, posaunt der Asket auf Zeit.

Liegt nicht die Kunst der Mäßigung gerade darin, den Versuchungen nicht aus dem Wege zu gehen, sondern sich ihnen mutig zu stellen? Ist es nicht sogar schwerer sich während des Essens zu zügeln, als pures Nichtessen? Mäßigung setzt Genuß voraus. Enthaltsamkeit nicht.

Nun wissen wir, daß die Fastenzeiten in den Klöstern durch gerissene Manipulationen findiger Klosterköche zielstrebig in ihr Gegenteil verkehrt wurden. Statt des an Fastentagen verpönten Fleisches gönnte man sich große Mengen an Geflügel, Fisch und täglich sechs Eier.

Eine süddeutsche Chronik berichtet von einem Mönch, der an übermäßigem Genuß von hart gekochten Ostereiern gestorben sei: Ein echter Gourmand, Gefräßiger, ein Leckerhafter – ja eigentlich schon ein Vertreter der Gloutonnerie, der herzlosen Völlerei.

Vielleicht steht hinter dieser kleinen Geschichte zum vierten Gang die heilsame Erkenntnis, daß der Weg das Ziel ist, das Ziel den Weg aber nicht beherrschen darf (recht tagesaktuell, oder?).

Fasten ist nicht Mittel, nicht Zweck. Fasten, zum Beispiel für meine Hors d‘ Oeuvres vom Wagen am Abend, macht genussfähiger, aber auch dankbarer für Genüsse unserer wunderschönen Hoteltheaterwelt mit Food & Fun für jedermann.

Kein Nachwuchs für den Kochberuf. Warum nur?

Kein Nachwuchs für den Kochberuf. Warum nur, warum? An der öden Story, Küchenchefs würden mit Pfannen um sich werfen; kann es nicht liegen. So etwas dummes erzählen nur erfolglose Aussteiger. Andererseits: If you can´t stand the heat, get out of the kitchen.

Dennoch. liebe Leser: Wer nicht Koch, Gastronomie- oder Hotelkaufmann lernt, hat nie gelebt. Das sind die Traumberufe in der Wachstumsbranche des 21. Jahrhunderts. Glauben sie mir einfach.

In der Mitte, damals Deutschlands bester Sommelier, Roberto Zaninni. Nach dem InterConti Frankfurt (zusammen mit dem Frankfurter Hof) wurde La Truffe mit „Beste Weinkarte Deutschlands“ ausgezeichnet. Nix gegoogelt: probiert, getrunken, entschieden. 1980 sehr gewagt: Silberne Platzteller auf polierten Eichenholztischen ohne Tischtuch – immer schon der Zeit voraus

Das Feinschmecker Restaurant „La Truffe“ ist eins meiner vielen Babys. Inspiriert hat mich damals dazu Paul Bocuse, L‘ Empereur, der „Kaiser der französischen Köche“, die „Lokomotive der französichen Gastronomie“, der als Gast-Chef im Parkhotel Frankfurt seine berühmte Trüffelsuppe unter der Blätterteighaube vorstellte. Feinschmecker verehrten Paul Bocuse, Staatspräsident Giscard d’Estaing zeichnete ihn mit dem „Kreuz der Legion d ‚Honeur“ aus.

Bocuse Schüler, Parkhotel Frankfurt Küchenchef Hasso Segschneider, war der Wegbereiter der Nouvelle Cuisine in Deutschland. Küchendirektor Otto Brust (1934 bis 1969 Küchendirektor) und Chef Patissier Heinz begannen den Tag mit einer kleinen Zeremonie, mit einem Schluck Bier aus silbernen Bechern. Engster Mitarbeiter von Brust war sein Küchenchef Xaver Maier, scherzhaft auch „Zeppelin-Maier“ genannt, weil er zu den wenigen Überlebenden der Luftschiffkatastrophe von Lakehurst USA, 1937 gehörte. Er war damals Chefkoch an Bord des Luftschiffs „Hindenburg“ und rettete bei der Explosion des Luftriesen durch einen kühnen Sprung sein Leben. In Frankfurt am Main hieß es: Im Frankfurter Hof da wohnt man, im Parkhotel Frankfurt diniert man…

„Bubb, ich will, dass Du das machst“

Präsentation der Hors d‘ Oeuvres durch den Küchenchef im Dallas Hilton (800 Zimmer), anläßlich des Sieger Diners der Dallas Cowboys im Veranstaltungs-Centrum des Hotels (3000 Plätze – in Worten: dreitausend.) Director of Food & Beverage Operations: Winfried D. E. Völcker, 1976

Das Parkhotel Frankfurt, eröffnet 1888, zusammen mit dem Frankfurter Hauptbahnhof war die „Gute Stubb“ der Frankfurter Bürger und Gäste und die beste Adresse der Kaufmannsstadt. Kein geringerer als Walter Hesselbach, auch als der Rote Abs bekannt – ein feiner Herr, Boss der gewerkschaftlichen Gemeinwirtschaft, zu der das Parkhotel gehörte – kam abends zu mir ins Hotel und sagte mir: „Bubb, ich will, dass Du das Parkhotel Frankfurt wieder zur besten Adresse der Stadt machst“. Diskutiert wurde da nicht. Die Antwort lautete genauso kurz: Jawohl, Herr Dr. Hesselbach.

Gesagt, getan und nach vierjähriger Erneuerung verkaufte ich das Hotel im Auftrag der Bank für Gemeinwirtschaft an Uli Prager, den Gründer und Boss von Mövenpick. Wertschöpfung durch den konzeptionellen Turnaround nach Abzug von CAPEX: Zweistellig in Millionenhöhe.

Passend zur Urlaubszeit möchte ich zum Ende des 4. Ganges meines gastrosophischen Small Talks in 14 Gängen mit Giovanni Boccaccio schließen der sagte: „Es ist besser Genossenes zu bereuen, als zu bereuen, das man nichts genossen hat“.

Winfried D. E. Völcker ist Vollbluthotelier, Manager und ein Patron wie aus dem Bilderbuch. In seiner Karriere hat er ein Dutzend internationale Business-, Kongress- und Leisure-Hotels, sowie mehr als 60 Restaurants als Manager und Patron saniert, entwickelt und geführt. In seinem Newsletter seiner VHC Völcker Family of Hospitality schreibt er über Hotels, Essen und Genuß ohne Reue – empfehlenswert! Hier kostenfrei einschreiben

 

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