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Fehlbare Wiederholungstäter
Auch die erfolgreichsten Unternehmer machen Fehler. Das mag niemand – ärgerlich ist es jedoch, sie zu wiederholen. Dabei wollten wir unbedingt aus unseren Fehlern lernen. Aktuelle Studien zeigen, dass genau hier das Problem liegen könnte.
Von Boris Karkowski
Warum wir Fehler machen
Viel ist darüber geforscht und geschrieben worden, warum auch sehr kluge Menschen Fehler machen. Bei der Geldanlage beispielsweise, obwohl sie es eigentlich besser wissen. Die Ursachen sind problematische Verhaltensmuster wie Selbstüberschätzung, Verlustaversion, Überbetonung von kurz zurückliegenden Erfahrungen oder eine isolierte Betrachtung der Wirklichkeit. So lassen sich ökonomisch irrationale Entscheidungen zumindest im Nachhinein erklären.
„Wir sind so sehr mit unserem vorherigen Fehler beschäftigt, dass wir uns zu wenig um die aktuelle Entscheidung kümmern“
Roozbeh Kiani, Center for Neural Science an der New York University
Andere Erklärungen setzen bei der Heuristik an. Zwar hilft uns unsere Intuition, in vielen Situationen überraschend gute Ergebnisse zu erzielen – beispielsweise dabei, einen zugeworfenen Ball sicher aufzufangen, ganz ohne mathematische Kurvenberechnung. Doch oft genug führt uns dieses schnelle Denken, wie es der Nobelpreisträger Daniel Kahneman nennt, auf die falsche Fährte. Der Mensch ist faul, auch beim Denken, und darum begnügt er sich oft mit unvollständigen Daten, um daraus ein Ergebnis abzuleiten. So wird zwischen teilweise zufälligen Verbindungen eine Kausalität hergestellt, die einer empirischen Überprüfung gar nicht standhielte.
All dies erklärt Fehler, gibt jedoch noch keine Antwort, warum wir als solche erkannte Fehler wiederholen. Kahneman empfiehlt zur Fehlervermeidung, „langsamer“ zu denken. Genauer nachzudenken und Sachverhalte zu durchdringen helfe, gar nicht erst einen Fehler zu machen.
Helfen können nur andere
Um dieser Falle zu entgehen, raten Experten, sich stärker mit den Folgen der anstehenden Aufgabe und weniger mit den Umständen vor dem gemachten Fehler zu beschäftigen. Die Psychologin Alice Boyes gibt den Ratschlag, sich damit abzufinden, dass wir Fehler wiederholen. Statt uns vorzunehmen, einen Fehler nicht zu wiederholen, sollten wir uns darauf konzentrieren, nicht (so häufig) in die gleiche Situation zu kommen. Und falls dies schwierig ist, sollten wir zumindest Strategien entwickeln, die Folgen einer Fehlentscheidung zu reduzieren.
Manchmal genügt es, dafür die Umgebung zu verändern oder die Entscheidungsgeschwindigkeit zu reduzieren – damit sich das Gehirn nicht so einfach an den vorhergehenden Fehler erinnert fühlt. Erfolgversprechender dürfte jedoch sein, bestimmte Entscheidungen zu delegieren oder eine zweite Meinung einzuholen. Das setzt aber unsere Einsicht voraus, dass wir oft genug eben nicht aus Fehlern lernen werden. Außenstehende gehen „unvorbelastet“ in die Entscheidung. Für Unternehmen könnten die Erkenntnisse der „Fehlerforschung“ sein: zumindest wichtige Entscheidungen besser auf mehrere Schultern zu verteilen und eine faire Fehlerkultur zu etablieren, die die Lehre aus dem Fehler stärker betont als die „Niederlage“ der Fehlentscheidung. Aus Fehlern selbst lernen zu wollen ist ein hehrer Vorsatz – aber er scheint uns Menschen schlicht zu überfordern.
Dieser Beitrag von Boris Karkowski ist zuerst unter results. FinanzWissen für Unternehmen erschienen. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Bank.
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