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Wie überstehen wir 2023?
Was bewegt Wirtschaft und speziell die Familienunternehmen in 2023? Welche Aufgaben warten und welche Strategien sind gefragt? DDW hat einen Rundruf gestartet und Stimmen gesammelt.
Robert Habeck: Herausforderungen aktiv gestalten
Ich will überhaupt nichts schönreden. Die Situation bei vielen von Ihnen ist bedrückend. Aber wir haben eben auch gesehen, dass wir Entscheidungen schnell und robust umsetzen können. Und das sollte uns eine Lehre sein. Wenn wir es in diesem Jahr geschafft haben, dann können wir es in den nächsten Jahren ebenfalls schaffen. Denn die Herausforderungen sind ja klar zu sehen und klar zu benennen. Ich möchte sie entlang von drei Startpunkten kurz umreißen.
Einmal Europas Wettbewerbsfähigkeit, Europas Souveränität. Wir müssen uns klar machen, dass wir das, was wir heute diskutieren, nicht als nationale Ökonomie allein durchsetzen können. Sondern dass die Stärke, die wir in den vergangenen Jahrzehnten aufgebaut haben – das waren ja politische Generationen vor mir und wahrscheinlich auch vor Ihnen, in den Unternehmen -, eine europäische ist. Diese ist immer kompliziert, aber sie darf nicht brüchig werden. Es geht also darum, Europa eine eigene Souveränität auf dem Weltmarkt zu geben beziehungsweise sie zu verteidigen. Und diese Souveränität ist durchaus eine Wertesouveränität.
Zweitens globale Wettbewerbsfähigkeit. Das heißt, den Standort Deutschland und Deutschland in Europa so aufzustellen, dass wir kompetitiv sind, dass wir von der Industrie bis zum Mittelstand Bedingungen schaffen und halten, die wettbewerbsfähig sind.
Und drittens, damit verbunden, neben all dem, was drückt, neben all dem, was an großen Herausforderungen da ist, diese Wettbewerbsfähigkeit so einzusetzen, dass wir die große politische Aufgabe unserer Zeit, nämlich eine Industrienation klimaneutral zu machen, nicht aus den Augen verlieren. Also Klimaschutz, Klimaneutralität, runter mit den CO2-Emissionen.
Vieles wird sich ändern müssen. Aber im Kern, wenn ich übernehme, was ich mir als Haltung wünsche und für das Wirtschaftsministerium versprechen möchte, nämlich einen Geist des Anpackens und einen Geist des Gestaltenwollens, dann geht es genau darum. Nicht nur sich anzupassen. Das ist eine passive Haltung, dass wir uns den neuen Herausforderungen anpassen müssen. Sondern diese neuen Herausforderungen aktiv zu gestalten. Das, glaube ich, ist der Mindset, die Geisteshaltung, mit der wir die industriepolitischen Debatten der Zukunft führen sollten.
Robert Habeck ist Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. Der Text ist seiner Rede bei der Industriekonferenz am 29.11.2022 in Berlin entnommen.
Marc Müller: 5-Punkte-Plan für unsichere Zeiten
Was macht Familienunternehmen in 2023 erfolgreich? Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg ist die strategische Investition in Resilienz und Widerstandsfähigkeit. Resilienz bedeutet dabei die Anpassungsfähigkeit, Krisen zu überwinden und neue Chancen zu nutzen. Gerade in Krisenzeiten sollten Familienunternehmen fünf zentrale Themen der Resilienz in den Fokus nehmen. Daher hier ein 5-Punkte-Plan für kleine und mittlere Unternehmen in unsicheren Zeiten. weiterlesen
Marc Müller ist Vorstand von Deutschlands größter Steuerberatungsgruppe ETL. Mehr von Marc Müller auf DDW
Reinhold von Eben-Worlée: Chance Fachkräfte-Einwanderung
Eine der wichtigsten wirtschaftspolitischen Aufgaben sehe ich darin, zu verhindern, dass wir auf EU-Ebene in einen Subventionswettlauf mit den USA einsteigen. Geld aus dem Next Generation EU-Schuldenfonds muss so eingesetzt werden, dass die Produktions- und Investitionsbedingungen für standorttreue Unternehmen in Europa wieder attraktiv werden. Das bedeutet: Wettbewerbsfähige Steuern und weniger Bürokratie!
Positive Erwartungen setze ich im kommenden Jahr an die vom Bundeskabinett beschlossenen Verbesserungen zur Einwanderung von Fachkräften. Werden die Eckpunkte so Gesetz und zügig umgesetzt, könnte die Einwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten tatsächlich deutlich unbürokratischer, leichter und vor allem auch schneller werden. Dass Fachkräfte dann zur Qualifikationsanalyse für bis zu zwei Wochen sogar nach Deutschland kommen könnten, kann aus Unternehmersicht nur begrüßt werden. Das gibt Arbeitgebern dann die Chance, sich direkt von den Fähigkeiten potenzieller Mitarbeiter zu überzeugen. Aber auch die Arbeitgeber, die neuen Kollegen und das gesellschaftliche Umfeld müssen dann überzeugen. Ein Mangel an bezahlbaren Wohnungen in Ballungszentren und Fremdenfeindlichkeit sind dabei keine guten Einladungskarten. Dem gilt es 2023 mit aller Kraft entgegenzusteuern.
Reinhold von Eben-Worlée, Geschäftsführender Gesellschafter der E.H. Worlée & Co. (GmbH & Co.) KG in Hamburg, ist Präsident des Verbands DIE FAMILIENUNTERNEHMER. Mehr von Reinhold von Eben-Worlée auf DDW
Nadine Kammerlander: Vier Trends
Was erwartet unsere Familienunternehmen? Die letzten Jahre haben gezeigt, dass man mit Vorhersagen vorsichtig sein muss. Dennoch wage ich einen vorsichtigen Blick in die Zukunft und blicke auf vier Trends, die Familienunternehmen (auch) im nächsten Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit beschäftigen werden. Trend 1: Andauernder Schock durch Energie- und Gaskrise. Weiterlesen
Professor Dr. Nadine Kammerlander ist Inhaberin des Lehrstuhls für Familienunternehmen und Leiterin des Instituts für Familienunternehmen an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Mehr von Nadine Kammerlander auf DDW
Marie-Christine Ostermann: Zusammenschließen und einmischen
Familienunternehmen können 2023 und in Zukunft erfolgreich bestehen, wenn sie sich zusammenschließen, um organisiert und sichtbar die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa mit zu gestalten. Hidden Champions waren gestern. Heute müssen Familienunternehmer:innen mit ihren Unternehmen die gesellschaftlichen und politischen Debatten sichtbar mit prägen. Familienunternehmen brauchen sehr gute wirtschaftspolitische Voraussetzungen, um weiterhin Zugpferd unseres Landes zu sein und Wohlstand für die meisten Menschen zu erwirtschaften. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Für gute Rahmenbedingungen und ein wettbewerbsfähiges Land müssen auch Familienunternehmen in Öffentlichkeit, Gesellschaft und Politik präsent sein und sich einmischen.
Marie-Christine Ostermann führt seit 2017 in vierter Generation die Geschäftsleitung der Rullko Großeinkauf GmbH & Co. KG. Von 2009 bis 2012 war sie Bundesvorsitzende des Verbandes Die Jungen Unternehmer – BJU. Mehr von Marie-Christine-Ostermann auf DDW
Rainer Zitelmann: Manche werden auswandern
Deutschland ist auf dem absteigenden Ast, nicht nur beim Fußball. Wir haben eine Wirtschaftspolitik, die das Heil in der Planwirtschaft sucht. Damit setzt sich fort, was unter Merkel begonnen hat. Die FDP kann in der Koalition leider nur das Schlimmste verhindern, z.B. eine Vermögensabgabe oder massive Steuererhöhungen. Eine Mehrheit für die dringend notwendigen marktwirtschaftlichen Reformen, die Deutschland bräuchte, ist nicht zu erkennen. Es ist leichter, in Deutschland eine Reform auf den Weg zu bringen, wonach man jedes Jahr sein Geschlecht ändern kann als eine Steuer- oder Rentenreform, die wir eigentlich dringend bräuchten. Die Verschuldung wächst, auch wenn inzwischen Schulden als „Sondervermögen“ bezeichnet werden. Die Rahmenbedingungen sind also schlecht und werden noch schlechter werden. Ich war neulich in Vietnam, und in mancher Hinsicht denken die Politiker in diesem Land, das sich sozialistisch nennt, pragmatischer und marktwirtschaftlicher als deutsche Politiker. Für manche Unternehmen wird es besser sein, ins Ausland abzuwandern. Andere werden durch viel unternehmerischen Elan und tolle Ideen natürlich weiter gute Geschäfte in Deutschland machen können. Ich wünsche Ihnen, dass Sie zu Letzteren gehören!
Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker und Soziologe – und auch als Unternehmer und Investor erfolgreich. Er hat 26 Bücher geschrieben und herausgegeben (aktuell: „Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten„), die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Mehr von Rainer Zitelmann auf DDW
Arnold Weissman: Bangemachen gilt nicht!
Das Einzig Beständige ist der Wandel“ – wenn dieser Satz nicht unsere derzeitige Situation umschreibt, welcher dann? Eine Krise jagt die andere: es ist schon schwer, all die Krisen aufzuzählen, die uns derzeit beschäftigen. Irgendwie beschleicht einen das Gefühl: das „New Normal“ heißt Krise, Veränderungsbereitschaft, Resilienz.
Was können wir vom nächsten Jahr erwarten? Ich gehe davon aus, dass der Ukraine-Krieg noch länger dauern wird und die damit verbundene Energiekrise uns das gesamte nächste Jahr beschäftigen wird. Energieintensive Unternehmen können sich darauf einstellen: so billig wird Energie nie mehr zu haben sein wie vor der gegenwärtigen Energiekrise.
Der Druck auf die Rohstoffpreise wird etwas nachlassen, generell wird die Lieferketten wieder etwas stabiler werden – es sei denn, China zieht seine Zero-Covid-Strategie weiter durch. Trotzdem bleibt die Versorgung mit Rohmaterialien kritisch. weiterlesen
Professor Dr. Arnold Weissman ist Professor für Unternehmensführung an der OTH Regensburg. 1987 gründete er das Beratungsunternehmen Weissman & Cie. Mehr von Arnold Weissman auf DDW
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