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Für Engagement und Unternehmertum
Wenn wir uns umsehen, erleben wir seit einigen Jahren multiple Krisen: angespannte Sozialsysteme, ein vermeintlich scharfer Riss, der unsere Gesellschaft spaltet, der Klimawandel, weltweite Migration und Krieg. Folgt man nur den Erzählungen der Letzten Generation und ähnlicher Ableger, bringt uns jeder Tag dem Untergang näher. Endzeit… es steht nicht gut um uns. Und das soll nun der Einstieg in einen Mutmach- und Motivationsbeitrag sein? Ja!
Der eine oder andere von Ihnen hat den letzten Satz des ersten Absatzes vielleicht erkannt. Es ist dem Einstieg in Hoimar von Ditfurths Buch „So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen. Es ist soweit“ entliehen. Es erschien 1985 und wurde zum Bestseller und Leitbuch der Umwelt- und Antiatomkraftbewegung der 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Es ist ein zutiefst pessimistisches Buch, das vom Aussterben der Menschheit innerhalb von zwei Generationen ausgeht. Der Titel bezieht sich aber auf ein nicht belegtes Zitat, das Martin Luther zugesprochen wird: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich doch heute ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Und da gehe ich mit, denn ich habe die große Hoffnung, dass von Ditfurth unrecht hat.
Bestimmt sterben wir irgendwann als Gattung aus. Aber nicht morgen und nicht übermorgen. Und weil wir auch nächste Woche auf dieser Erde leben werden, pflanze ich heute mein Apfelbäumchen, damit die nachfolgende Generation morgen von seinen Früchten essen und in seinem Schatten liegen kann. Ich möchte Sie alle einladen, genau aus diesem Grund ebenfalls Apfelbäume zu pflanzen – und die Zukunft positiv zu gestalten. Mit Engagement, mit Unternehmergeist und im Bewusstsein persönlicher Verantwortung.
Schalten wir unsere Handys aus und den Verstand wieder ein, den uns aktivistische Dauerhysterie aus den sozialen Medien vernebelt. Besinnen wir uns auf unsere gestalterische Kraft zu unserem eigenen Wohl und zum Wohl unserer Kinder. So wie es unsere Mütter und
Väter für uns getan haben.
„Mit Staatsgeldern, Subventionen oder gar Staatsbeteiligungen kann eine Regierung vielleicht temporär Standortnachteile ausgleichen. Um Verlagerungen oder gar Geschäftsaufgaben zu verhindern, wird Geld allein jedoch nicht reichen“
Vor hundert Jahren gab es keine Social Media. Gemütlicher ging es deshalb aber auch nicht zu. Deutschland, die Weimarer Republik, tanzte 1923 auf einem Vulkan – geprägt von Ruhrbesetzung, Hyperinflation, Hitler-Putsch. Es war, so der Historiker Volker Ullrich in seinem Vorwort zu „Deutschland 1923. Das Jahr am Abgrund“ ein Jahr, „in dem die Geldentwertung schwindelerregende Ausmaße annahm, in dem faktisch ein Ausnahmezustand in Permanenz herrschte, das politische System dem Kollaps nahe war, rechte und linke Extremisten zum Sturm auf die Republik ansetzten und separatistische Bewegungen den Bestand des Reiches bedrohten“.
Es war außerdem das Jahr, in dem mein Urgroßvater Karl Röser seinen Apfelbaum mitten in die Krise pflanzte und unser Familienunternehmen gründete. Dass er dieses Unternehmen gründete, erforderte sicherlich Mut. Dass es in der Krise bestehen konnte, zeigt, wie wichtig die passenden Bedingungen sind. Denn im November 1923 wurde durch die Einführung einer neuen Währung die Hyperinflation gestoppt. Diese neue Währung ermöglichte den Dawes-Plan, der die deutschen Reparationszahlungen an die Wirtschaftsleistung koppelte. Das sorgte für wirtschaftlichen Rückenwind. Die Industrieproduktion verdoppelte sich in den Jahren 1923 bis 1928/29.
Wir müssen auch heute die Rahmenbedingungen für ein starkes Unternehmertum schaffen. Unternehmen sind der Motor dieses Landes. Dieser neue Motor wird kein 7,3-Liter-Dieselmotor sein. Es wird ein hocheffizienter und leistungsstarker Antrieb der Zukunft sein, „befeuert“ von sauberem Strom, E-Fuels oder Wasserstoff.
„Jetzt brauchen wir Mut. Mut, zu unseren Werten zu stehen. Mut, vernünftige Lösungen einzufordern, und Mut zum Engagement. Und keine Angst – wir sind viele“
Diese Rahmenbedingungen können nicht darin bestehen, dass die Regierung für jedes Unternehmen und jede Krise genügend Förderinstrumente vorhält. Mit Staatsgeldern, Subventionen oder gar Staatsbeteiligungen kann eine Regierung vielleicht temporär Standortnachteile ausgleichen. Um Verlagerungen oder gar Geschäftsaufgaben zu verhindern, wird Geld allein jedoch nicht reichen. In einem Beitrag für das Magazin Focus schrieb ich im März 2023: „Man kann mit Geld nicht alles kaufen, vor allem nicht mit Steuergeldern, die man denen entzieht, denen man sie dann über Förderungen wieder anbietet. Denn eines der Hauptprobleme hierzulande ist neben den hohen Energiekosten, dem dramatischen Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel auch die explodierende Berichts-, Melde-, Kontroll- und andere Administrativlast. Viele Unternehmer gehen, weil sie lieber dort arbeiten, wo sie sich geschätzt fühlen, statt wie ein Gegner drangsaliert oder wie ein Esel bepackt zu werden. Die Bundesregierung sollte ein Umfeld schaffen, in dem Unternehmen willkommen sind, statt sie bei jeder Gelegenheit stärker an die Kandare zu nehmen.“
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Dabei bleibe ich. Denn diese Umstände sorgen neben dem faktisch bestehenden Kostenproblem zusätzlich für ein echtes Resignationsproblem – toxische Treiber einer Deindustrialisierung. Deindustrialisierung ist aber nach aller Erfahrung schwer rückgängig zu machen. Unternehmen, die einmal die Koffer gepackt haben, kommen selten wieder zurück. Das wäre nicht nur für den Standort Deutschland verheerend, sondern auch mit Blick auf die hier vorangetriebenen Technologien für die klimafreundliche Transformation – und die haben sich Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck ja eigentlich vorgenommen. Ohne Betriebe wird sie aber nicht gelingen. Meine Vorschläge für eine generationengerechte Zukunft, in der in Deutschland ein starkes, nachhaltiges Wachstum möglich ist, habe ich in meinem neuen Buch ausführlich und konkret dargelegt.
Jetzt brauchen wir noch Mut. Mut, zu unseren Werten zu stehen. Mut, vernünftige Lösungen einzufordern, und Mut zum Engagement. Und keine Angst – wir sind viele. Die soziale Marktwirtschaft, die die Basis all meiner Vorschläge bildet, ist so beliebt wie schon lange nicht mehr. Und gerade jetzt, in einer Zeit, in der viele Krisen auf uns einprasseln und wir vor großen Herausforderungen stehen, wird sie zeigen, was für eine Schlagkraft sie hat – wenn wir sie nicht ersticken und die Motoren abwürgen.
Die Prinzipien Freiheit, Eigentum, Wettbewerb und Verantwortung sind Werte, für die ich mich als junge Familienunternehmerin Tag für Tag einsetze und für die ich kämpfe. Als Nachfolger in Familienunter-nehmen stehen wir vor den gleichen Herausforderungen wie alle Bürger. Klimawandel, demografischer Wandel, verkrustete Strukturen und geringe Digitalisierung sind die Probleme, die wir anpacken müssen. Fakt ist: Es gibt viel zu tun, aber noch ist es nicht zu spät. Wir müssen die Herausforderungen, die vor uns liegen, mutig angehen.
Dieses Plädoyer soll aber nicht so zu verstehen sein, dass jeder von Ihnen morgen ein Unternehmen anmelden soll. Worum ich jedoch jeden Einzelnen von Ihnen bitte, ist, sich bei der Gestaltung der eigenen Zukunft einzubringen. Übernehmen Sie Verantwortung für Ihr eigenes Handeln und für die Zukunft. Und machen Sie deutlich, dass Sie dazu bereit sind. Denn mir fehlen ein wenig die Menschen, die offen und ehrlich – und auch mal laut – sagen: „Ich mache den Job, damit ich mir etwas leisten kann! Ich will gut leben, ich will in den Urlaub, ich will gut essen und die Welt sehen.“
„Sie meinen, Sie müssten Ihre Träume aufgeben? Ich glaube das nicht. Ich glaube vielmehr, dass man hart für seine Träume arbeiten sollte. Und dass man das auch darf“
Wissen Sie, wer um die Welt fliegt, um sie sich anzusehen? Zum Beispiel zwei Klimaaktivisten, die in Stuttgart vor Gericht hätten erscheinen sollen, weil sie sich im Herbst 2022 mit anderen Aktivisten auf einer Bundesstraße festgeklebt hatten. Sie sind nach Bali und Thailand geflogen. Nicht, um sich vor dem Prozess zu drücken, sondern um Urlaub zu machen. Weil es ein „langjähriger Traum“ einer der beiden war. Und Sie meinen, Sie müssten Ihre Träume aufgeben? Ich glaube das nicht. Ich glaube vielmehr, dass man hart für seine Träume arbeiten sollte. Und dass man das auch darf. Als Bürger, als Arbeitnehmer, als Unternehmer.
Ich werde als junge Unternehmerin für diese Freiheit kämpfen und appelliere an alle: Lasst uns frei bleiben im Denken und im Handeln! Viele Unternehmer denken so und werden zu Feindbildern. Sie werden in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern mit Argwohn betrachtet. Warum haben wir ein so negatives Unternehmerbild wie in keinem anderen Land? Wissen Sie, wer im deutschen Sonntagabend-Tatort am häufigsten der Mörder ist? Na? Von wegen Gärtner oder Butler. In mehr als 1.000 „Tatort“-Krimis stellt die Berufsgruppe der Unternehmer und Selbstständigen die meisten Mörder, direkt gefolgt von den Berufskriminellen.
Kommt es daher, dass wir als Unternehmer ideologisch unabhängig sind? Es stimmt, wir können stets unsere Meinung äußern, weil wir schlimmstenfalls ein paar Kunden, aber keine Mehrheiten verlieren. Von einer solchen Stimme kann aber eine freie Gesellschaft doch nur profitieren.
Unternehmer sind Verbündete und keine potenziellen Gegner. Unternehmer haben gerade nach dem Zweiten Weltkrieg eine ganze Gesellschaft geprägt. Sie haben mit den Werten Freiheit, Eigentum, Wettbewerb und Verantwortung, für die auch ich stehe, eine grandiose Wirtschaft aufgebaut, die in den letzten Jahrzehnten viele Krisen überstanden hat und aus ihnen immer gestärkt hervorging. Diese Werte haben eine ganze Gesellschaft geprägt. Es war eine Zeit, in der Unternehmer Vorbilder waren. Eine Zeit, in der das größte Ziel war, selbstständig leben zu können, unabhängig zu sein und nicht tun zu müssen, was andere vorschreiben.
Deutschland soll auch in Zukunft so sein, ein Land der Denker und der Macher und kein Untertanenland. Ich jedenfalls will kein Untertan sein – und ich bin mir ganz sicher, dass die Mehrheit das auch nicht sein will.
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Sarna Röser ist eine der jüngsten Aufsichtsrätinnen in Deutschland, Beirätin und Bundesvorsitzende von DIE JUNGEN UNTERNEHMER. Capital zählt sie zu den „Top 40 unter 40“-Talenten der deutschen Wirtschaft und das Handelsblatt zu den 100 Frauen, die Deutschland voranbringen. Zudem wurde sie vom Handelsblatt und der Boston Consulting Group als „Vordenkerin“ ausgezeichnet. Auf DDW schreibt sie regelmäßig die Kolumne „NextGen Familienunternehmen – Sarna’s Insights“
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