Keine Warnschüsse mehr, sondern Sirenen

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Die Lage der deutschen Wirtschaft verdüstert sich zusehens. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im Juli zum dritten mal in Folge gesunken. Der Internationale Währungsfonds korrigiert seine Vorhersage für Deutschland nach unten: auf den letzten Platz seiner weltweiten Erhebung von Industrie- und Schwellenländern.

Am 31.7.23 um 12h aktualisiert

Laut ifo hat sich die Stimmung in den deutschen Unternehmen weiter verschlechtert. Der ifo Index im Juli auf 87,3 Punkte gefallen, nach 88,6 Punkten im Juni. Die Unternehmen waren insbesondere mit den laufenden Geschäften merklich unzufriedener. Auch die Erwartungen gaben erneut nach. Die Geschäftserwartungen sinken nach den vorangegangenen Einbrüchen um weitere 3,8 Zähler auf -25,2 Saldenpunkte. Der Blick in die Zukunft ist inzwischen von ähnlich viel Pessimismus geprägt wie Ende 2022, als die Unternehmen die akute Sorge vor einer Energiekrise umtrieb.

Im Verarbeitenden Gewerbe sank der Geschäftsklimaindex. Treiber der Entwicklung waren deutlich schlechtere Bewertungen der aktuellen Lage. Zudem fielen die Erwartungen pessimistischer aus. Die Unternehmen erhalten immer weniger neue Aufträge. Die Kapazitätsauslastung sank um 1,4 Prozentpunkte auf 83,0 Prozent. Sie lag damit erstmals seit mehr als zwei Jahren unter ihrem langfristigen Mittelwert von 83,6 Prozent.

Im Dienstleistungssektor hat der Index nachgegeben. Die Dienstleister waren merklich weniger zufrieden mit der aktuellen Geschäftslage. Ihre Erwartungen für die kommenden Monate waren jedoch etwas weniger pessimistisch.

Im Handel hat sich das Geschäftsklima verschlechtert. Insbesondere der Ausblick verdüsterte sich. Auch ihre laufenden Geschäfte bewerteten die Händler schlechter.

Im Bauhauptgewerbe ist der Geschäftsklimaindikator auf den niedrigsten Stand seit Februar 2010 gesunken. Die Unzufriedenheit mit der aktuellen Lage nahm merklich zu. Auch der Ausblick auf die kommenden Monate war pessimistischer.

Auch nach der jüngsten Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF) stehen die Zeichen auf Abstieg. Die deutsche Wirtschaft wird demnach in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen. Im April hatten das IWF noch mit einem Rückgang um 0,1 Prozent gerechnet. Alle anderen Länder wachsen – Spitzenreiter Indien mit 7,2 Prozent, aber beispielsweise auch Spanien um 5,5 Prozent. Laut IWF ist die erschreckende Performance auf eine Schwäche der Industrieproduktion und einen Konjunkturrückgang im ersten Quartal dieses Jahres zurückzuführen.

Auch die jüngste Quartalsumfrage der Familienunternehmer und der Jungen Unternehmer birgt keine guten Nachrichten: Seit dem vierten Quartal 2020 war die Geschäftslage bei den Familienunternehmen nicht mehr so schlecht wie momentan. Auch die Aussichten der Unternehmer verdüstern sich wieder:  So mies wie jetzt schätzten die Firmenchefs ihre Erwartungen auf neue Aufträge zuletzt im erstem Quartal 2021 – inmitten der Coronakrise – ein.

Doch nicht nur die Perspektiven machen Sorgen. Immer mehr Unternehmen sind bereits in die Insolvenz gegangen. Die Creditreform Wirtschaftsforschung meldet, dass im 1. Halbjahr 2023 deutlich mehr Unternehmen (8.400) Insolvenz angemeldet haben als im Vorjahreszeitraum. Das sind 16,2 Prozent mehr als im 1. Halbjahr 2022. Eine höhere prozentuale Zunahme gab es im Vergleichszeitraum zuletzt 2002.„Für viele Betriebe werden die großzügig verteilten Staatsgelder der Vergangenheit jetzt zum Bumerang. Die Rückzahlungen der Hilfen und teils verschleppte Anpassungen des Geschäftsmodells führen bei dauerhaft steigenden Zinsen in die finanzielle und wirtschaftliche Sackgasse“, analysiert Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.

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