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Von 10 auf 12: Und wieder geht es runter für Deutschland, dieses Mal im World Talent Ranking
Leser beschweren sich schon: Keine Woche ohne ein weiteres Ranking, das einen Abstieg Deutschlands dokumentiert. Wie im heute erschienenen World Talent Ranking 2023 des IMD. Sorry, liebe Leser. Suchen wir daher die positive Facetten.
Auch wenn sich Deutschland im Gesamtranking um zwei Plätze von 10 auf 12 verschlechtert, ist die stetige Verbesserung im Teilsegment der Attraktivität für in- und ausländische Arbeitskräfte immerhin eine bemerkenswerte Entwicklung. Diese geht auf die Verbesserung bei „weichen Kriterien“ wie der Lebensqualität („Quality of Life“) und der Motivation der lokalen Arbeitskräfte zurück. Aber auch die im Vergleich gute Bezahlung im Management und das stabile Rechtssystem („Justice“) sorgen für eine positivere Wahrnehmung des Standortes Deutschland.
Das World Talent Ranking 2023 (WTR) des IMD untersucht 64 Volkswirtschaften und analysiert 31 Kriterien, die sowohl harte Daten als auch die Antworten von über 4.000 befragten Führungskräften weltweit berücksichtigen. Diese Kriterien werden drei unterschiedlichen Faktoren zugeordnet: Investitionen und Entwicklung, die die inländischen Ressourcen zur Förderung einheimischer Talente widerspiegeln; Attraktivität („Appeal“), die die Fähigkeit eines Landes bewerten, Talente aus dem In- und Ausland anzuziehen und zu halten; und Bereitschaft („Readiness“), die die Qualität der verfügbaren Fähigkeiten und Kompetenzen innerhalb des Talentpools des jeweiligen Landes quantifizieren.
Ausgaben für Bildung und geringer Frauen-Anteil schlagen negativ zu Buche
Beim „Appeal“ punktet Deutschland deutlich trotz hoher Lebenshaltungskosten (Platz 46), sowie Steuern und Abgaben (Platz 51), doch schlechtere Bewertungen bei den anderen Kriterien sorgen dafür, dass Platz 10 in diesem Jahr nicht zu halten war. Bei den Ausgaben für Bildung landet Deutschland nur auf Platz 40, das können Spitzenpositionen bei den Investitionen in berufliche Aus- und Weiterbildung – Platz 2 und 3 – nicht wettmachen.
Das Ranking weist auf einige Widersprüche hin. Beim Anteil der Frauen an den Beschäftigten steht Deutschland nur auf Rang 30. Das ist deshalb auffällig, da gleichzeitig die sinkende Zahl an Arbeitskräften negativ zu Buche schlägt (Platz 60). Beim Anteil der Absolventen in den technischen und naturwissenschaftlichen Fächern (MINT) rangiert Deutschland dagegen auf einem beachtlichen Platz 4.
„Alles in allem beobachten wir die Entstehung eines neuen Typs von Arbeitnehmer, der in einem Land ausgebildet wurde, in einem anderen lebt und für ein Unternehmen in einem Drittland arbeitet“
Weltweit hat die Verbreitung von Remote- und Hybridarbeit Auswirkungen darauf, wie die Entwicklung von Karrieren wahrgenommen wird: 27 Prozent der mehr als 4.000 befragten Führungskräfte geben an, dass Remote Work, ob in Vollzeit oder Teilzeit, der Karriereentwicklung in ihrem Unternehmen eher schädlich ist. Bemerkenswert ist, dass die Volkswirtschaften, in denen Remote Work als weniger abträglich für die Karriereentwicklung angesehen wird, im Durchschnitt auch diejenigen sind, die bei der Gewinnung und Bindung hochqualifizierter Fachkräfte sowie bei der Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt weit überdurchschnittlich abschneiden.
Niveau der Wettbewerbsfähigkeit um Talente von vor der Pandemie noch nicht erreicht
„Die diesjährige Rangliste zeigt aber auch, dass in dem Maße, wie die Volkswirtschaften dienstleistungsorientierter werden – ein Transformationsprozess, der auch China (Platz 41) und Indien (Platz 56) erreicht hat – die physische Präsenz der Arbeitnehmer im Land ihres Arbeitgebers nicht mehr erforderlich ist. Alles in allem beobachten wir die Entstehung eines neuen Typs von Arbeitnehmer, der in einem Land ausgebildet wurde, in einem anderen lebt und für ein Unternehmen in einem Drittland arbeitet“, erklärt Professor Arturo Bris, Direktor des World Competitiveness Center (WCC) am IMD, das das WTR erstellt.
Darüber hinaus zeigt die Studie, dass die meisten Regionen der Welt nicht in der Lage waren, das Niveau der Wettbewerbsfähigkeit um Talente von vor der Pandemie zu erreichen.
Die Schweiz hat ihre weltweite Dominanz im Bereich der Talentwettbewerbsfähigkeit beibehalten und steht seit der Einführung des WTR im Jahr 2014 an der Spitze. Luxemburg rückte auf den zweiten Platz vor, während Island den dritten Platz beibehielt. Schweden musste einen erheblichen Rückgang hinnehmen – vom zweiten auf den zehnten Platz -, während Belgien (vierter Platz) und Singapur (achter Platz) wieder in die Top 10 aufgestiegen sind (siehe Abb.).
Betriebliche und berufliche Bildung zahlen sich aus
„Die Anpassung der Bildungssysteme an die Bedürfnisse der Wirtschaftssysteme ist nach wie vor eine der großen Herausforderungen für die Wettbewerbsfähigkeit um Talente. Die ‚Gewinner‘ in unserer Rangliste sind auch die Länder, die den Schwerpunkt eher auf betriebliche und berufliche Ausbildung anstatt auf eine weitere Akademisierung legen. Wir empfehlen nicht das eine oder das andere, aber die wirtschaftlichen Kompromisse, die sich aus der einen oder anderen Wahl ergeben, sind relevant“, sagt Arturo Bris.
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Das IMD (International Institute for Management Development) ist ein unabhängiges universitäres Institut mit Standorten in Lausanne und Singapur. Seit mehr als 75 Jahren leistet das IMD Pionierarbeit bei der Entwicklung von Führungskräften, die Unternehmen nachhaltig verändern und einen Beitrag zur Gesellschaft leisten. IMDs Weiterbildungs- und Studienprogramme für Führungskräfte erzielen regelmäßig Spitzenpositionen in den wichtigsten Rankings, beispielsweise von Financial Times, Bloomberg und Forbes.
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