Unternehmensnachfolger vermissen Kompetenz in politischen Parteien

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Besorgt über eine Spaltung der Gesellschaft: Eine neue Studie der Stiftung Familienunternehmen zeigt zwar den Willen der Next Gens zur Verantwortung. Sie planen neue Akzente bei Innovation, Nachhaltigkeit und Unternehmenskultur. Allerdings können sich auch immer mehr von ihnen einen Verkauf des Unternehmens vorstellen.

Das Team um Professor Reinhard Prügl hat diesmal deutschlandweit 440 Vertreter der nächsten Unternehmergeneration zu ihren Einstellungen befragt; sie sind im Alter zwischen 16 und 40 Jahren. Vorbild für die Umfrage sind auch die Shell-Jugendstudien, deren Mitautor Professor Mathias Albert diesmal dem Autorenteam angehört hat.

Ein Ergebnis der Studie: Ein großer Teil der sogenannten Next Gens sehen die Gefahr einer politischen Polarisierung und einer sozialen Spaltung der Gesellschaft als sehr groß an. Diese Angst rangiert bei den Zukunftsängsten noch vor dem Klimawandel.

Je näher an der Parteipolitik, desto geringer das Vertrauen

Die Next Gen ist politisch sehr interessiert, aber: Es besteht ein nur sehr geringes Vertrauen in die Problemlösungskompetenz der politischen Parteien. Man mag hier gar in Abgrenzung der Politikverdrossenheit von einer klassischen Parteienverdrossenheit sprechen, so die Studienautoren. Denn einig ist sich die nächste Generation darin, dass den etablierten Parteien immer weniger Problemlösungskompetenz zugeschrieben werden kann.

Konsens besteht auch darin, dass die Politik die Anliegen von Familienunternehmen insgesamt zu wenig oder gar nicht wahrnimmt. Dies spiegelt sich auch im Institutionenvertrauen wider: Je näher an der Parteipolitik, desto geringer das Vertrauen der Next Gen. Die politischen Parteien genießen mit 24,1 % das geringste Vertrauen – die Kirchen liegen mit 25,5 % fast gleichauf. Eine solche Parteienverdrossenheit der Next Gen übersetzt sich jedoch nicht in eine weiterreichende Politik- beziehungsweise Systemverdrossenheit. Insbesondere staatliche Institutionen und die Demokratie genießen ein hohes Ansehen. Von den abgefragten Organisationen und Gruppierungen genießen insbesondere die Feuerwehr (85,5 %), Polizei (68,2 %) und das Bundesverfassungsgericht (65,7 %) das größte Vertrauen.

Teils angefeindet und von der Politik kaum wahrgenommen

Dabei fehlt es der nächsten Unternehmergeneration nicht an der familienunternehmerischen Grundhaltung, auch nicht an Leistungsbereitschaft oder Freude an der Verantwortung. Sie halten die Werte des Familienunternehmertums hoch. 71 Prozent sind bereit, eine operative Führungsrolle im Familienunternehmen zu übernehmen. 44 halten es für möglich, ein eigenes Unternehmen zu gründen (auch als Vorbereitung auf die Nachfolge). 23 Prozent der Befragten schließen allerdings auch einen Verkauf des ererbten Unternehmens nicht aus; das sind 9 Prozentpunkte mehr als bei der vorhergehenden DNUG-Studie im Jahr 2020.

Prof. Rainer Kirchdörfer

Prof. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen: „Die kommende Unternehmergeneration hat großes Zutrauen in die Leistungs- und Innovationsfähigkeit ihrer Familienunternehmen sowie in die eigene Person und die Familie. Aber bezüglich der Bedingungen gesellschaftlicher und politischer Natur herrscht große Sorge. Dies zeigt sich gerade in den Befürchtungen einer stärkeren gesellschaftlicher Polarisierung und im Misstrauen gegenüber der Veränderungskraft unserer politischen Parteien. Auch aus diesem Befund heraus ist es an der Zeit, die Rahmenbedingungen für Familienunternehmen radikal zu verbessern.“

Erbschaftsteuer als größte Herausforderung

Unter den Herausforderungen, denen sie sich zu stellen haben, nennen die Next Gens zuvorderst die Erbschaftsteuer (75 Prozent). Die Weiterführung des Unternehmens werde durch hohe Steuern erschwert. Weitere Herausforderungen: Der Fachkräftemangel und die schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Rolle als Unternehmenslenker.

Als Chance sehen es die Nachfolger an, im Unternehmen neue Akzente setzen zu können. Innovationen und Nachhaltigkeit spielen eine sehr große Rolle, auch die Mitarbeiterbindung, neue Organisationsstrukturen und eine andere Führungskultur. Ein wichtiges Ergebnis: Die Vorbereitung auf die Nachfolge läuft zunehmend professionell ab, und zwar abhängig von der Größe des Unternehmens. Die Vielfalt an Nachfolgemodellen wird größer.

Die ganze Studie zum Download

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Die gemeinnützige Stiftung Familienunternehmen ist der bedeutendste Förderer wissenschaftlicher Forschung rund um Familienunternehmen. Sie ist Ansprechpartner für Politik und Medien in wirtschaftspolitischen, rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen. Die 2002 gegründete Stiftung wird mittlerweile getragen von über 500 Firmen aus dem Kreis der größeren deutschen Familienunternehmen. www.familienunternehmen.de

Bild oben: Picture Alliance

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