Der Kipppunkt der Sozialversicherungen naht
Schon heute sind Mitarbeiter mit immensen Sozialabgaben belastet. Ein neues Gutachten zeigt: Es wird noch viel schlimmer. Die Befürchtung: Über kurz oder lang wird die junge Generation den Generationenvertrag einseitig aufkündigen und sich entweder in Schwarzarbeit oder Auswanderung verabschieden.
Sozialminister Hubertus Heil hatte in der letzten Woche gute Nachrichten zu vermelden: Das Rentenniveau soll bis zum Jahr 2039 bei 48 Prozent eines Durchschnittslohns stabil gehalten werden. Und: Auch eine Erhöhung des Eintrittsalters werde ausgeschlossen.
Was klasse für die immer größer werdende Gruppe der Rentner klingt, hat allerdings einen Haken: Da immer weniger Arbeitnehmer immer mehr Rentner finanzieren müssen, werden die Rentenbeiträge für jeden steigen, der arbeitet. Für die Arbeitnehmer bedeutet das weniger Netto vom Bruttolohn und für die Unternehmen wird der Faktor Arbeit noch teurer.
Schulden als Ausweg?
In welches finanzielle Desaster die heile Rentnerwelt der jetzigen (und vorherigen) Bundesregierungen führt, das hat jetzt ein Gutachten zur Zukunft des Sozialstaats der Verbände DIE JUNGEN UNTERNEHMER und DIE FAMILIENUNTERNEHMER e.V. offengelegt. Die Gutachter Prof. Dr. Christian Hagist und Prof. Dr. Stefan Fetzer haben ermittelt, dass Deutschland rasant auf einen Kipppunkt bei der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung zurast.
Ein zentraler Aspekt in der Diskussion ist die Schuldenbremse und die Frage, wie schuldenfinanzierte Zuschüsse des Bundeshaushaltes mit der Generationengerechtigkeit vereinbar sind. Im Fokus steht hierbei der Bundeshaushalt, die Entwicklung dessen jährlichen Finanzierungssaldo sowie der Stand der Staatsschulden. Das System, das allerdings am stärksten von Jung zu Alt umverteilt, ist die Sozialversicherung – namentlich in ihren Ausprägungen der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV), Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und Sozialen Pflegeversicherung (SPV), die zusammen genommen deutlich größer sind als der Bundeshaushalt. Seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil aus dem vergangenen Jahr dürfte klar sein, dass für die in diesen drei Sozialversicherungen aufgehende Schere zwischen demografisch bedingtem Ausgabenanstieg und sinkender Einnahmenbasis nicht der Steuerzahler aufkommen kann, so dass entweder Leistungsansprüche gekürzt oder aber Beiträge erhöht werden müssen.
Kipppunkt naht
Die Berechnungen des Gutachtens zeigen, dass bei Fortschreibung der Leistungsansprüche des Status quo der Gesamtbeitragssatz aus GRV, GKV, SPV und Arbeitslosenversicherung von heute 40,9 Prozent auf über 50 Prozent im Jahre 2050 ansteigen wird. Dies ist allerdings ein hypothetisches Szenario, denn durch die steigenden Beitragssätze würde ein Kipppunkt erreicht. Ab diesem Punkt wird der Sozialstaat, wie wir ihn aktuell kennen, weder finanzierbar noch reformierbar sein, so die Gutachter. Die Kosten würden dann so erdrückend hoch sein, dass die junge Generation den Generationenvertrag wegen der steigenden Beitragssätze einseitig aufkündigen und sich entweder in Schwarzarbeit oder Auswanderung verabschieden wird. Dieser Kipppunkt wird den Gutachtern zufolge im Jahr 2030 erreicht sein.
„Die Bundesregierung muss noch diese Legislaturperiode notwendige Reformen in allen drei Versicherungszweigen einleiten. Anderenfalls wird sich die junge Generation einseitig aus dem Generationenvertrag verabschieden, wenn die Sozialbeiträge erst über 50 Prozent steigen“, sagt Thomas Hoppe, Bundesvorsitzender des Wirtschaftsverbands DIE JUNGEN UNTERNEHMER. Dadurch, so Hoppe, würde auch die Sozialversicherung der heutigen Babyboomer-Generation nicht mehr finanzierbar sein und ihr Kollaps in erster Linie die Schwachen treffen. „Ignoriert die Bundesregierung diesen Reformbedarf, sägt sie schon jetzt an dem Ast, auf dessen Tragkraft sich zig Millionen Versicherte in Deutschland verlassen“, prophezeit Hoppe.
Was passieren muss
Alle drei Versicherungszweige hätten Reformen bitter nötig, beschreibt Hoppe die notwendigen Entscheidungen: „Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung werden wir an einem längeren Arbeiten nicht vorbeikommen. Auch sollte das Rentenniveau nicht wie geplant bis zum Jahr 2045 stabilisiert werden. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ist der Wettbewerb der Krankenkassen und die Digitalisierung im Gesundheitsbereich zu forcieren. Hier schlummert ein riesiges Einsparpotential, denn kein anderer Bereich ließe sich mit seinem zentralisierten System und 72 Millionen Versicherten so einfach digitalisieren, wie der Gesundheitsbereich. Schließlich muss die soziale Pflegeversicherung durch Kapitaldeckung gesichert werden eine Teilkasko-Versicherung bleiben – eine Vollkaskoversicherung kann sich Deutschland schlichtweg nicht leisten.“
Ohne Reformen würde der Sozialstaat in der aktuellen Form kollabieren, denn Steuergelder zur vermeintlichen Rettung der Sozialsysteme stünden spätestens nach dem Warnschuss des Bundesverfassungsgerichts Ende letzten Jahres nicht unbegrenzt zur Verfügung.
Nun, man kann von Glück reden, dass die Babyboomer so zahlreich sind! Denn sie sind die Generation in der auch die Frauen größtenteils mitgearbeitet haben und so mit ihren Steuern und Sozialbeiträgen viel zum Wohlstand der heutigen jungen Generation beigetragen haben. Diese Generation hat die Übernahme der ehemaligen DDR-Bürger und der sog. Russlanddeutschen in Renten- und Krankenkassen gestemmt und die ganzen Flüchtlingsströme mitfinanziert. Aber, in maximal 30 Jahren hat es sich dann wieder relativiert – dann gibt es die Babyboomer nicht mehr. Leider werde ich nicht mitverfolgen können wie sich mit Work-Life-Balance etc die Einzahlungen in die Rentenkasse entwickeln. Hätten sich nicht die vorhergehenden Regierungen an der Rentenkasse bedient, müsste man heute nicht so laut jammern!
In einem Umfeld sehr unsoliden Geldes konnten diese Schulden sich erst auftürmen, so dass nicht einmal mehr die Zinsaufwendungen aus dem laufenden Haushalt bezahlt werden können. Das gesamte Ausgabensystem gehört auf den Prüfstand. Staat eines Haushalts über rd. EUR 1 Bio. kann eine Absenkung auf EUR 350 Mrd gelingen. Die sehr viel geringere Staatsquote wird einen ungeahnten Zustrom an Kapital und Investitionen in Deutschland verursachen. Wer interessiert ist, wie man mit EUR 350 Mrd auskommt, möge sich bitte melden
Die Rufer in der Wüste schon vor Jahrzehnten: Ludwig Erhard oder Meinhard Miegel u.v.a.
Demokratie braucht Helden. Helden, die Unwahrheiten, Unpopuläres und Narrative couragiert bekämpfen. Partei-politische Ideologie-Demokratie ist dabei wenig hilfreich. Leider werden die Unbequemen, von denen erst später der eigentliche Heroismus zutage tritt, nicht nur in einer Demokratie totgebissen.
Auch diese Krise war vorhersehbar, hätte allerdings bei beherztem Handeln vermieden werden können. Zitat Dieter Thomä: „Bekanntlich ist unsere Gesellschaft gleich mehrach in der Krise ökologisch, ökonomisch und politisch. Eine Krise überwindet man, indem man handelt, und wenn dieses Handeln nicht von privater Willkür getrieben sein soll, dann muss es im politischen Raum stattfinden. Damit rückt die Frage ins Zentrum, ob die Form von Politik, die in unserer Gesellschaft etabliert ist, Zukunft hat: die Demokratie. Die Demokratie befindet sich in ihrer tiefsten Krise seit 1945.“
Die Demokratie ist die hohe Schule des Friedens!? Davon sieht man allerdings sehr häufig recht wenig, wenn man sich in sog. Demokratien aufmerksam umschaut. Kriege sind nicht nur die Auseinandersetzung mit Waffen, Kriege entstehen auch durch sozialen Unfrieden oder Meinungsunterdrückung sowie Ungleichheit. Alles nur eine Frage der Zeit.