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Die Frau, die beim Kanzler Führung bestellt
Da steht sie nun, alleine auf der großen Bühne des Wiesbadener Kurhauses, vor 600 Unternehmern und – dem Bundeskanzler. Was Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Familienunternehmer-Verbandes, dann vortrug, riss die Gäste von den Stühlen.
Dass die Unternehmer es satt haben mit der (fehlenden) Wirtschaftspolitik angesichts des manifesten Abwärtstrends des Standorts Deutschland, ist auf vielen Unternehmerveranstaltungen zu spüren. Doch speziell aus Industrieverbänden wird die Kritik eher in homöopathischen Dosen vorgetragen. Erst recht, wenn es in Angesicht zu Angesicht mit Regierungsmitgliedern geschieht.
Eine Frau hatte den Mut, das zu ändern, „Tacheles zu reden“, wie sie zu Beginn ihrer Rede ankündigte. Und Marie-Christine Ostermann, mittelständische Unternehmerin aus Hamm, lieferte.
Kanzler Olaf Scholz höchstselbst war der Adressat, er war der einzige politische Gastredner am 25. April auf den Familienunternehmer-Tagen in Wiesbaden, mit denen der Verband Die Familienunternehmer zugleich sein 75. Gründungsjahr feierte.
„Der Bundeskanzler kann sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen“
Persönlich an den Scholz gerichtet sagte die Familienunternehmer-Präsidentin: „Sie selbst haben gesagt: Wer Führung bei Ihnen bestellt, der bekommt sie auch. Wir nehmen Sie beim Wort: Wir Familienunternehmer bestellen heute bei Ihnen Führung!“ Die Wirtschaft sei auf Talfahrt und rutsche immer weiter ab. Sein Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck gelte in Wirtschaftskreisen als völlig überfordert mit der Wirtschaftskrise. Statt wirtschaftspolitisch in die dringend notwendige Offensive zu gehen, schieße der Wirtschafts- und Klimaschutzminister „leider eher Eigentore“.
Und: „Wenn stimmt, was das Magazin Cicero recherchiert hat, dann hat das Bundeswirtschaftsministerium das Abschalten der Atomkraftwerke mit Fake-News durchgesetzt. Mitten in der größten Energie- und Wirtschaftskrise unseres Landes gründet eine der wichtigsten Entscheidungen auf Fake-News aus dem Wirtschaftsministerium! Und die volkswirtschaftlichen Kosten des vorzeitigen Atomausstiegs tragen wir Unternehmer bis heute. Wenn das alles stimmen sollte, dann erwarten wir Familienunternehmer, dass sich der Bundeskanzler nicht auf der Nase rumtanzen lässt“, so Marie-Christine Ostermann.
Man erwarte von Olaf Scholz, dass er die Wirtschaftspolitik zur Chefsache erklärt. Beim Industriestrompreis und der Schuldenbremse habe er gezeigt, dass er die Nöte des Mittelstandes verstehe.
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Ostermann: „Unser Standort gründet nicht auf Luft und Liebe. Es muss sich auch rechnen, in Deutschland zu investieren. Nur durch entschlossene Wirtschaftspolitik und Führung kann das Vertrauen in den Standort Deutschland gestärkt werden.“ Dazu müssten die Unternehmenssteuern runter, die Energiepolitik marktwirtschaftlich gestaltet werden und bei den Sozialversicherungen ein tragfähiges und generationengerechtes Konzept für das demografisches Problem gefunden werden.
„Brauchen keinen Subventionsminister ohne Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge“
Ostermann weiter: „Um es klar zu sagen: Wir wollen keine neuen Fördertöpfe oder Subventionen – im Gegenteil. Unsere Unternehmen brauchen keinen Subventionsminister, der kaum Verständnis für die wirtschaftlichen Zusammenhänge von Angebot und Nachfrage zeigt.“ Es sei an der Zeit für eine stringente Angebotspolitik: „Unsere Familienunternehmen brauchen nicht mehr Staat, sondern den richtigen: einen mit Sinn und Verstand für die notwendigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.“
Unter tosendem Applaus erhob sich der Saal von den Sitzen.
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Und der Bundeskanzler? Selbst der zollt spontan der „guten Rede“ Respekt. Doch Olaf Scholz wäre nicht Olaf Scholz, wenn er die Begeisterung im Saal durch seine anschließende Rede nicht schnell wieder auf norddeutsche Normaltemperatur heruntergekühlt hätte. Leise im Ton, emotionslos, sattelfest in Details. Viel „es sollte“, „es braucht“, „wir wollen“. Und kein Wort zu seinem Wirtschaftsminister.
Der Teflon-Kanzler
„Wir ein Hauptabteilungsleiter“, kommentiert ein Familienunternehmer nach der Veranstaltung den Auftritt. Eine andere Unternehmerin sieht es positiver: Scholz sei „authentisch“ gewesen. Ein Dritter: „Scholz zeigte sich als Teflon-Mann, der er ist. Er ließ sich erstens durch die Aussagen von Frau Ostermann nicht aus der Ruhe bringen und ging zweitens nicht wirklich auf diese ein. Aus politisch-wahlkämpferischer Sicht hat er das Beste aus der Situation gemacht. Wenn ich mir Kohl während der Rede von Ostermann vorstelle, wäre sein Blutdruck massiv gestiegen, und er hätte sehr deutlich geantwortet, vermutlich mit einem Wutausbruch.“
Scholz versucht in seiner Rede, Zuversicht zu verbreiten. Die Inflation liege so niedrig wie seit drei Jahren nicht, die Analysten sähen sinkende Zinsen in Reichweite, die Kaufkraft steige wieder und die Geschäftserwartungen im Mittelstand und bei den Exporteuren zögen an.
Angesichts der lauter werdenden Sorge um den Standort Deutschland empfahl der Kanzler, sich der Stärken zu besinnen. Man sei die drittstärkste Wirtschaftsnation der Welt, und dies bei 84 Millionen Einwohnern. Es sei deshalb wichtig, weiterhin mehr als andere Länder in Forschung und Entwicklung zu investieren: „Vorsprung durch Innovation“, postulierte Scholz.
Der Kanzler kann sich „noch kraftvollere Impulse vorstellen“
Scholz hob auch das jüngst verabschiedete Wachstumschancengesetz hervor. „Ich könnte mir da auch noch kraftvollere Impulse vorstellen“, sagte Scholz und verwies dabei auf die zögernde Haltung der Bundesländer. Auch die Forderung von Ostermann nach einer Angebotspolitik griff er auf. Diese deklinierte er in den vier, für ihn entscheidenden, Bereichen durch: Sichere, bezahlbare und nachhaltige Energie, Investitionen in Infrastruktur, Bürokratieabbau und gut ausgebildete Fachkräfte.
Applaus konnte der Kanzler den anwesenden Unternehmen nur an manchen Stellen entlocken. So, als er eine einfachere Anerkennung von Qualifizierungen von Ausländern forderte. Oder als er von einem bürokratischen „Regel-Dickicht“ sprach, das kaum noch „administrierbar“ sei, und er ein einfacheres Bau- und Planungsrecht und an Entlastungen im Vergaberecht ankündigte. Er wolle „überall mehr Tempo machen“.
Applaus dann auch bei seinen letzten Worten. Eine Publikumsfrage wollte von im wissen, was er – wäre er ein unbeteiligter Außenstehender – der aktuellen Bundesregierung raten würde. Scholz zieht seinen besten Trumpf und antwortet mit Hinweis auf die geopolitischen Spannungen: „Besonnenheit“.
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Wirtschaftspolitisch sind wir gefangen in einer ideologisch aufgebauten Gedankenwelt die meint mit ihrem Handeln die Welt zu retten. Das Deutschlands Wohlstand dabei herunter gefahren wird ist billigend in Kauf zu nehmen. Eine Wende wird sicherlich erst nach den nächsten Wahlen zu erwarten sein. Die Ampelregierung ist dann Geschichte und auf die nächste Regierung wartet viel Reparaturarbeit.
Dem Inhalt kann man nur zustimmen. Wo ist das reiche Deutschland? Das war einmal…. Gern würde ich Nachrichten lesen wie 5% Wirtschaftswachstum, Export > Import, Preisstabilität, Inflation <2%, Arbeitslosenquote bei 1,5%, Sicherheit innen und außen – gewährleistet, usw. –