Mittelstand muß sich für Startups öffnen

Keine Kommentare Lesezeit:

Deutschland ist weltweit bekannt für seinen starken Mittelstand und seine alteingesessenen Technologiekonzerne. Jedoch benötigt eine zukunftsfähige Gesellschaft stets auch unternehmerischen Nachwuchs – sprich junge Unternehmen und Startups. Wünschenswert wäre daher eine noch stärkere Belebung einer innovativen Gründerszene. Ein Debattenbeitrag von Eric Weber, Mitbegründer von SpinLab.

 

Insbesondere im internationalen Vergleich zu Staaten wie den USA, aber auch zu kleineren Staaten wie Schweden, Israel oder das Vereinigte Königreich hat Deutschland in Punkto Gründerszene Nachholbedarf. Denn international hat der Kampf um die besten Köpfe und ambitionierte Gründungen längst begonnen.

Um aus sich selbst heraus zu wachsen und internationale Gründer anzuziehen, benötigen wir noch bessere Rahmenbedingungen für die Gründung von Startups auf mehreren Ebenen.

Erstens benötigen wir viel mehr Menschen, die den Mut haben innovative Unternehmen selbst zu gründen und zu leiten sowie in den Austausch miteinander zu treten. Dazu gehört auch, dass die Möglichkeit, mit risikoreichen Vorhaben zu scheitern auch gesellschaftlich besser akzeptiert wird, und wir uns mehr damit beschäftigen, welche Erfahrungen und Lerneffekte auch ein gescheiterter Gründer hat.

Eine Sensibilisierung für Gründungsthemen sollte bereits an den Schulen und spätestens an den Hochschulen stattfinden. Während sich zumindest bei einigen Hochschulen in den vergangenen Jahren schon viel in die richtige Richtung bewegt hat, ist das Thema Gründung an Schulen und Berufsschulen immer noch weitgehend fremd. Nach und während der Ausbildung benötigen Gründer und Gründungsinteressierte Orte und Anlässe ihre Erfahrungen auszutauschen und neue Kontakte zu schließen. Hier kommt auch die deutsche Mentalität ins Spiel, die oft zu wenig offenherzig und austauschfreudig ist.

Gestandene Unternehmer und Jungunternehmer zusammenbringen

Zweitens benötigen wir zur Vorfinanzierung der Technologieentwicklung und des Vertriebs in diesen Gründungen auch mehr Risikokapital. Dieses sollte anteilig vermehrt in frühe Unternehmensphasen und in Technologiegründungen fließen, statt wie heute leider noch zu oft in die Spätphasen großer E-Commerce-Gründungen. Helfen könnte auch, wenn die Kapitalausstattung deutscher Frühphasenfonds verbessert würde oder steuerliche Anreize privates Kapital mobilisieren. Einen wichtigen Beitrag dazu könnten Banken und Versicherungen liefern, die heute aufgrund regulatorischer Grenzen noch sehr zurückhaltend bei der Finanzierung von VC-Fonds sein müssen.

Für Privatpersonen sind Startups aktuell zu oft keine Anlageklasse. Zwar schaffen Crowdinvesting-Plattformen die Möglichkeit, mit kleinen Beträgen am Erfolg von Startups zu partizipieren, aber dennoch investiert der vermögende Deutsche derzeit viel lieber in Betongold. Eine gewachsene Business-Angel-Kultur ist in der Breite die Ausnahme und höchstens sehr selektiv in Berlin vorhanden. Gestandene Unternehmer sollten sich hier offener mit Jungunternehmern austauschen und diese inhaltlich und finanziell unterstützen.

Mittelstand muß sich für Startups öffnen

Drittens sollte die deutsche Wirtschaft, insbesondere der vielgelobte Mittelstand, sich für Startups öffnen. Damit ist nicht die möglich frühzeitige Beteiligung an Startups gemeint, welche die Gründer leider zu oft verlangsamt und Exit-Kanäle versperrt. Vielmehr sollten etablierte Unternehmen Startups auf Augenhöhe betrachten, deren Produkte kaufen und Kooperationen anstreben. Gerade mit dem Aufkommen von Inkubatoren, Acceleratoren und Corporate Venture Fonds  erscheint es mittlerweile für ein Startup oft leichter ein strategisches Investment von einem deutschen Konzern zu bekommen, als sein Produkt in den großflächigen Einsatz zu bekommen, was oft an der Bonität von Startups und dem Vertrauen in neue Technologien scheitert. Vor allem der Mittelstand ist hier noch extrem zurückhaltend und sollte auch proaktiv auf interessante Gründer oder andere Institutionen innerhalb der Gründerszene zugehen.

Viertens ist die Ansiedlung von internationalen Startups oft sehr schwierig. Als Hochlohnland mit relativ hohen Steuern wirkt Deutschland für viele internationale Gründer wenig attraktiv. Hinzu kommen bürokratische Hürden, die sich oft an fehlenden Englischkenntnissen in Ämtern und Behörden sowie rein deutschsprachigen Formularen manifestieren lassen. Die Ansiedlung internationaler Startups könnte politisch durchaus stärker forciert werden. Zwar beitreibt Deutschland mit dem German Accelerator ein Programm, welches deutsche Gründer temporär ins Silicon Valley schickt, um diese die Vorzüge des dortigen Ökosystems zugänglich zu machen. Aber wer betreibt eigentlich ein Programm welches internationale Startups temporär mit den Vorzügen des hiesigen Standorts bekannt macht?

Sicher sind diese vier Punkte nicht allumfassend. Sie können aber zur Verbesserung der Rahmenbedingungen insgesamt beitragen und beliebig ergänzt werden.

Eric Weber ist Managing Director und  Mitgründer von SpinLab – The HHL Accelerator in Leipzig.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Language