“Dann verlagert man halt”
Im Mittelstand brodelt es. Während sich insbesondere große Unternehmen von heimischen Standortschwierigkeiten weg-internationalisieren können, fühlen sich an den Standort gebundene Familienunternehmen politisch vor die Existenz gestellt. Die Gefühlslage zwischen Fatalismus und unternehmerischem Optimismus war auch auf der Podiumsrunde zu spüren, die auf dem “Kongress für angewandte Intelligenz“ des ife – Netzwerk für Einzelfertiger stattfand, die DDW moderiert hat.
Dabei ging es nicht nur um die brennenden Fragen der Energiepolitik, bei denen sich Unternehmerinnen wie Andrea Thoma-Böck von der THOMA Metallveredelung GmbH im Stich gelassen fühlen. Für Unternehmen wie ihr personal-, chemie- und energieintensiver Betrieb der Galvanoindustrie sei “die Schmergrenze erreicht”. Kunden würden verstärkt “die Koffer packen”. Thoma-Böck hat jüngst das Netzwerk “Initiative-Zukunft-Wirtschaft e.V.” gegründet, um einen Weckruf zu starten.
Es ging auch um die Standortsituation insgesamt. “Die Situation ist dramatisch schlecht”; alle Fakten würden eine klar Sprache sprechen, sagte Dr. Ingo Friedrich, ehemaliger Vizepräsident des Europäischen Parlaments und heutiger Präsident des Europäischen Wirtschaftssenats. Friedrich sieht insgesamt einen “Mentalitätsproblem” in Deutschland, beginnend bei Einstellungen zu Arbeit, den Anforderungen in der Schule bis hin zu politischen Fehlentscheidungen wie dem Bürgergeld.
Michael Braetz, Geschäftsführender Gesellschafter der sema Systemtechnik GmbH, einem Maschinen- und Anlagenbauer, konstatiert eine “Vielzahl von Problemen”, die für Unternehmen langsam “nicht mehr beherrschbar” seien. Dazu zählten die Energiekosten, die mangelnde Leistungsbereitschaft, Personalnot, Überregulierungen und falsche Subventionen. Dann würden Unternehmen irgendwann sagen: “Dann machen wir halt eine Verlagerung”.
Sebastian Groos, Geschäftsführer der Achenbach Buschhütten GmbH & Co. KG, einem traditionsreichen Weltmarktführer für Aluminium-Feinband- und Folienwalzwerke mit Ursprüngen im 15. Jahrhundert, kann mit seinem Unternehmen einen beeindruckenden Wachstumspfad in den letzten Jahren vorweisen – allerdings vornehmlich im Ausland. Mit Blick auf die Position, energieintensive Branchen sollten doch auswandern, forderte Groos eine genauere Sicht auf Klimafolgekosten: Wenn man alle Aspekte wie Transportkosten und Fertigungseffizienz in den Blick nähme, sähe die Bilanz oft anders aus.
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