
Buenos Aires: Wo europäischer Charme auf lateinamerikanische Leidenschaft trifft
Argentinien war in den letzten Monaten durch seinen schillernden neuen Präsidenten Milei wieder äußerst präsent in den Nachrichten, sodass wir uns mit Neugier und Reiselust auf den Weg nach Buenos Aires gemacht haben. Erwartet haben wir ein heruntergewirtschaftetes Land mit der verblassten Pracht früheren Reichtums – und konnten falscher kaum liegen.
Buenos Aires, die pulsierende Hauptstadt Argentiniens, überrascht uns mit einer einzigartigen Mischung aus europäischem Flair und lateinamerikanischer Leidenschaft. Neoklassizistische und barocke Gebäude erinnern an die Zeit der Rinderbarone und machen die Stadt bis heute zum “Paris Südamerikas”. Dazwischen befinden sich mid-century Architektur und moderne Fassaden. Kaum eine Straße ohne Bäume, immer ist ein gepflegter Park in der Nähe. Das viele Grün in der Stadt hat uns am meisten verwundert. Die zahlreichen Straßencafés und Restaurants, tausende kleiner Geschäfte – in jedem Stadtviertel entdecken wir neue Schätze. Trotz der 2,8 Millionen Einwohner ist Buenos Aires sauber und gepflegt, in der Metropolregion leben sogar 15,6 Millionen Menschen.
Recoleta: Eleganz und Geschichte
Recoleta, wo unser Hotel liegt, ist einer der bekanntesten und elegantesten Stadtteile von Buenos Aires. Wohlhabende Familien begannen hier im 19. Jahrhundert, prächtige Villen und Paläste im damals modernen französischen Stil zu errichten, und es entwickelte sich ein einzigartiges europäisch-argentinisches Flair, welches bis heute für die kulturelle und historische Identität von Buenos Aires steht.

Hotel Casa Lucia

Wer unter alten Bäumen die geschwungene Calle Arroyo entlang schlendert, vorbei an Kunstgalerien, Boutiquen und Straßencafés, übersieht fast das erst kürzlich eröffnete Hotel Casa Lucia. So harmonisch fügt sich das einst höchste Gebäude Lateinamerikas in die anderen prächtigen Fassaden ein. Erst wer hochblickt, sieht die Stockwerke in den Himmel ragen, die einst einen spektakulären Blick auf den Río de la Plata bieten sollten. Die familiengeführte spanische Único-Gruppe, deren 5-Sterne-Hotels man vielleicht aus Mallorca und Madrid kennt, hat dafür gesorgt, dass nach Jahren wieder ein Luxushotel in Buenos Aires eröffnet wurde. Die elegante Einrichtung, im gelungenen Kontrast zur historischen Substanz des Gebäudes, wird mit zeitgenössischer Kunst des preisgekrönten argentinischen Künstlers Cristián Mohaded ergänzt.
In den höher gelegenen Zimmern genießt man bis heute den Blick über die Stadt und aufs Meer. Das Casa Lucia war für uns ein ruhiger Hafen in der pulsierenden Stadt, und neben den wunderbaren Mitarbeitern möchten wir besonders das prächtige Frühstück hervorheben, das reichhaltiger nicht hätte sein können. Am Abend trifft sich die elegante Nachbarschaft zum Aperitif in der Hotelbar – man sollte sich also auch auf jeden Fall Zeit für einen Drink nehmen. Das In-Getränk bei Argentiniens Jugend ist zurzeit übrigens Fernet-Cola, worauf wir dank der fantastischen Malbec-Weine verzichten.
Beste Reisezeit ist ja bekanntlich nach einem Währungscrash, den wir allerdings verpasst haben. Die Milei-Regierung hat die Teuerung einigermaßen in den Griff bekommen, und die Preise bewegen sich allgemein auf niedrigem europäischem Niveau. So kostet der Cappuccino im Straßencafé 3,50 EUR, und auch die guten Hotels sind kein Schnäppchen. Einzig einige Dienstleistungen haben mit der Teuerung noch nicht Schritt gehalten. So verlangt der sehr ordentliche Barbier für den Haarschnitt nur 6 EUR, und ein Greenfee im Golf Club schlägt mit 8 EUR zu Buche. Der importierte Golf-Handschuh im Pro-Shop kostet jedoch 30 EUR. Nachvollziehbar ist das kaum, und es bedrückt uns, als wir erfahren, dass die meisten Argentinier nicht mehr als 150 EUR pro Monat verdienen.

Gehört in Argentinien zur nationalen Identität: Der Tango
Kein Besuch in Buenos Aires ohne Tangoshow, denn jeder einzelne Tanz erzählt seine eigene Geschichte von Liebe, Lust und Verlust und ist ein Spiegelbild der Kulturgeschichte Argentiniens. Die beste und berühmteste Show findet im intimen Cabaret-Saal des Faena Hotels statt. Rote Samtvorhänge und dunkle Böden umrahmen die runden Cocktailtische, an denen zunächst ein üppiges argentinisches Menü serviert wird, begleitet von Weinen aus Mendoza, Patagonien und Cafayate. So eingestimmt auf einen aufregenden Abend, nimmt nach dem Dessert gleich hinter uns ein kleines Orchester seinen Platz ein, vor uns öffnet sich der Vorhang und die Rojo Tango Show beginnt. Alle Augen richten sich auf die Bühne, wo ein Tanzpaar eng umschlungen den Abrazo-Cerrado tanzt. In kunstvollen Kostümen der 1920er Jahre betreten immer mehr Tänzer die Bühne, und der Raum wird zur Bühne selbst. Bald wird auch um uns herum getanzt, Tänzerinnen erklimmen die Bar und werfen die Beine in die Luft. Professionelle Tänzer zeigen hier ihr großes Können und versetzen uns in Staunen.

Argentinischer Landadel
Bei Arandu in Recoleta, einen Spaziergang vom Hotel Casa Lucia entfernt, findet der argentinische Landadelige alles, was er für seine Freizeitfreuden braucht: Von Polostiefeln, Ponchos, Gaucho-Hosen bis zum Zaumzeug ist das Geschäft eine wahre Schatzkammer. Wir finden hier wunderbare Geschenke für die Daheimgebliebenen, wie die bunt bestickten Gürtel, bekannt durch die argentinischen Polospieler, die sie in den jeweiligen Mannschaftsfarben tragen. Das Besticken eines Gürtels von Hand mit gewachsten Baumwollfäden erfordert bis zu acht Stunden, sagt man uns. Die wunderschönen weichen Wollpullis von einer Strickerei aus Patagonien können wir auch nicht zurücklassen.

Kulinarische Erlebnisse
Das beste Essen in Buenos Aires hatten wir im Restaurant Fervor. Die traditionelle Brasserie mit roten Lederbänken und die tüchtigen und erfahrenen Kellner in ihren klassischen Uniformen wirken wie aus einem Hollywoodfilm. Hier dreht sich alles um Fisch und natürlich um argentinisches Fleisch, das trocken am Knochen gereift wird, damit die Stücke und Filets so viel natürliches Aroma wie möglich annehmen und unvergleichlich zart werden. Es war tatsächlich nicht nur das zarteste, sondern auch das aromatischste Fleisch, das wir je hatten.

Trendige Lokale in San Telmo
Im Moment sehr angesagt ist das Sagardi Argentina im In-Viertel San Telmo. Man trifft sich an der großen Bar im vorderen Bereich des Restaurants zum Aperitif, und es werden kalte und warme Tapas gereicht. Bezahlt wird anhand der Anzahl der Holzspieße, die man am Teller zurücklässt. Für das eigentliche Essen geht man dann in den hinteren Restaurantteil. Also nicht zu viel naschen, es kommt noch einiges. Das Stadtviertel San Telmo ist auch tagsüber einen Besuch wert, es gibt zahlreiche Restaurants, Geschäfte und eine große historische Markthalle mit vielen Ständen, an denen man argentinische Spezialitäten kosten kann. Die Empanadas Argentinas sind natürlich der wichtigste Snack und werden in unzähligen Varianten angeboten.
Argentiniens Süden entdecken: Nach fünf Nächten in Buenos Aires, die uns kaum gereicht haben, um in die Kultur einzutauchen, treten wir unsere Weiterreise zu Schiff an. Die Oosterdam der Reederei Holland America Line bringt uns über Montevideo entlang der Küste Argentiniens bis nach Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt, und durch die patagonischen Fjorde wieder hinauf nach Santiago de Chile. Über die 14-tägige Kreuzfahrt berichten wir hier.
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