Der Beirat als Stabilisator des jungen Familienunternehmens

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In unserer Welt der Informationssysteme verdoppelt sich das Wissen in wenigen Monaten. Fachkenntnisse, unternehmerische Gründungsideen und persönliche Fähigkeiten des Unternehmensgründers und ersten Unternehmensführers müssen deutlich schneller als früher den Gegebenheiten angepasst werden.

Von Rudolf X. Ruter

Für junge, mittelständische Unternehmen bedeutet dies eine permanente Herausforderung an Innovationskraft bei Produkten, Strategien und Organisationsstrukturen und eine akzeptierte Veränderungsfähigkeit. Diese Herausforderungen müssen permanent priorisiert werden.

In meinem letzten Beitrag habe ich das Konzept des sogenannten „Beiratshaus“ vorgestellt, damit ein Familienunternehmen in der heutigen komplexen, weltweit orientierten Wirtschaft und den immer dynamischeren Weltmärkten besser bestehen kann.

Welche Ideen und Denkweisen müssen darüber hinaus im Unternehmen Entscheidungen und Handeln lenken, um die bisherige Kontinuität zu sichern, wenn sich die unternehmerische Lebenszeit des Gründers dem Ende zuneigt und/oder ein aggressiveres und komplexer werdendes Wirtschaftsleben den erfolgreichen Fortbestand des Unternehmens gefährdet? Welche Praxis der Zusammenarbeit wird erforderlich und welcher Menschentypus wird in Führungspositionen gebraucht, um dieser Herausforderung zu entsprechen?

Den erfolgreichen Fortbestand des mittelständischen Familienunternehmens sichern zu wollen, heißt, Strukturen zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu schaffen und Menschen auszuwählen, die diese Dynamik des Wandels meistern und nutzen können. Um ein selbsterneuerndes Unternehmen handelt es sich dann, wenn es sich von seiner Organisation, seiner Unternehmensphilosophie, seiner Praxis der Zusammenarbeit und seiner Führungskräfteauswahl zu immer höherer Qualität und anspruchsvollerer Leistung selbst befähigt.

Durch das Einsetzen und die richtige Ausgestaltung eines Firmenbeirates kann dieser Selbsterneuerungsprozess erheblich leichter in Gang gesetzt und am Laufen gehalten werden. Naturgemäß ist dies nicht einfach. Der Meinungsbildungsprozess bei der Auswahl von möglichen Kandidaten für einen Beirat ist dabei genauso mühselig wie bei der Auswahl sonstiger Führungskräfte. Von der richtigen Entscheidung bei diesem Auswahlprozess hängt die erfolgreiche Bestandssicherung des Unternehmens entscheidend ab. Dabei sind zahlreiche Fehler hinsichtlich Beurteilung und Auswahl von Führungskräften möglich. Es ist nicht einfach, ausreichende und individuelle Kriterien zu entwickeln, um leistungsstarke und lernfähige Persönlichkeiten zu erkennen und auszuwählen.

Autor Rudolf X. Ruter (Weitere Literaturhinweise: Beiräte in mittelständischen Familienunternehmen, Boorberg Verlag)

Eine Unternehmens-Nachfolge gilt es rechtzeitig vorzubereiten. In der Regel fällt die gedankliche Vorwegnahme, die erforderlichen Diskussionen und die entsprechende Ausgestaltung der spezifischen Nachfolgeregelung und Übergabe der Unternehmensführung in die dritte Lebensphase des Firmengründers (oder Nachfolge-Patriarchen), die gelegentlich auch eine Zeit körperlicher und emotionaler Krisen ist. Ohne Neubeginn bleibt nur Leere und starres Festhalten am Bisherigen. Zum Neubeginn gehört die Bewältigung des Generationsunterschiedes. Man muss sich bewusst sein, dass Nachfolger und jüngere Führungskräfte in einer veränderten Welt groß geworden sind und andere Werte verinnerlicht haben können. Die Überleitung des Familienunternehmens in die nächste Generation ist eine der zentralen Verantwortungen und Herausforderungen in der Biografie einer jeden Unternehmergeneration. Ein Beirat mit klarer juristischer Ausgestaltung und genau definierten Kompetenzen, die auch konsequent beibehalten bzw. entwickelt und ausgebaut werden, und der mit fähigen Köpfen besetzt ist, kann hierbei ein Stabilisator für den erfolgreichen Fortbestand des mittelständischen Familienunternehmens sein. Die Bestellung eines solchen Beirats bedarf besonderer Sorgfalt und oft einer mehrjährigen Vorbereitungszeit.

Lesen Sie mehr im November zum Thema: Richtiger Zeitpunkt für das Einsetzen eines Beirats.

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Rudolf X. Ruter ist Wirtschaftswissenschaftler, Autor, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater. Er ist ein Experte für Aufsichtsräte und Beiräte, mit einem besonderen Schwerpunkt auf Themen wie Nachhaltigkeit und Corporate Governance. Sein Podcast für den Aufsichtsrat erzielt regelmäßig hohe Reichweiten. Nach seiner Tätigkeit als Gesellschafter und Geschäftsführer bei Arthur Andersen baute er als Partner bei Ernst & Young den Geschäftsbereich Nachhaltigkeit in Deutschland auf und leitete diesen bis 2010. Ruter war von 2008 bis 2013 Leiter des Arbeitskreises ‚Nachhaltige Unternehmensführung‘ in der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. und Mitglied der Expertenkommission des Deutschen Public Corporate Governance – Musterkodex, der Deutschen Digitalen Beiräte und Beiräte Baden-Württemberg. Webpräsenz

Bild oben: StartupStockPhotos auf Pixabay

Eine Antwort zu “Der Beirat als Stabilisator des jungen Familienunternehmens”

  1. Hier wird auf beeindruckende Weise aufgezeigt,, wie entscheidend die frühzeitige Planung und die Einrichtung eines Beirats für den Fortbestand eines mittelständischen Familienunternehmens ist. Besonders hervorzuheben ist seine tiefe Einsicht in die Dynamiken der Nachfolge und die Herausforderung, geeignete Führungspersönlichkeiten zu identifizieren. Die klare und präzise Darstellung der Anforderungen an Führungskräfte und Beiräte unterstreicht die Bedeutung strategischer Planung.

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