Office-Zwang treibt Führungskräfte in die Flucht

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In vielen Unternehmen wird derzeit verstärkt die Rückkehr ins Büro gefordert. Doch eine aktuelle Studie der Beratungsfirma Gartner zeigt, dass diese Strategie nicht nur bei den Mitarbeitern auf Widerstand stößt, sondern auch bei den Führungskräften. Die Ergebnisse verdeutlichen: Flexible Arbeitsmodelle sind in der modernen Arbeitswelt unverzichtbar.

Von Ursula Vranken

Laut der Gartner-Studie würde ein Drittel der Führungskräfte ernsthaft darüber nachdenken, zu kündigen, sollten sie zur Rückkehr ins Büro gezwungen werden. Dies unterstreicht den wachsenden Unmut in den höheren Managementebenen gegenüber starren Büroregelungen. Für viele Führungskräfte ist die Möglichkeit, remote zu arbeiten oder hybride Modelle zu nutzen, nicht nur ein Bonus, sondern ein wesentlicher Bestandteil ihrer beruflichen Zufriedenheit und Effektivität.

High Performer schätzen das Homeoffice

Besonders High Performer, Frauen und Millennials legen großen Wert auf die Flexibilität des Homeoffice. Caitlin Duffy, Direktorin bei Gartner HR, betont, dass strikte Büroanwesenheitspflichten nicht nur abschreckend wirken, sondern auch vermehrt zu Kündigungen führen. Eine Befragung von 2.080 Wissensarbeitern zeigt, dass die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber bei strikten Büroregelungen deutlich abnimmt – um 8 Prozent bei durchschnittlichen Mitarbeitern, um 16 Prozent bei Hochleistern und um 10 bis 11 Prozent bei Millennials und Frauen. Diese Gruppen empfinden starre Vorgaben oft als Ausdruck von Misstrauen gegenüber ihrer Autonomie.

Spitzenkräfte setzen auf Vertrauen und Selbstbestimmung

Ursula Vranken ist Geschäftsführerin und Gründerin des IPA – Institut für
Personalentwicklung und Arbeitsorganisation. Sie berät Unternehmer und Manager bei der Gestaltung zukunftsfähiger Arbeitsorganisationen. Sie ist Ihr Partner for People Management. (Video) Mitgründerin und Geschäftsfüherin der renommmierten Digitalkonferenz Digital Leadership Summit

Führungskräfte, die die Vorzüge des Homeoffice kennengelernt haben, bestehen auf den neuen Freiheiten. Sie betonen, dass Vertrauen die Basis erfolgreicher Führung ist – ob im Büro oder im virtuellen Raum. Selbstorganisation und Eigenverantwortung steigen, wenn Mitarbeiter die Freiheit haben, ihre Arbeit selbstbestimmt zu gestalten. Besonders im Homeoffice können Führungskräfte in Ruhe über Strategien und Innovationen nachdenken und gleichzeitig von einer besseren Work-Life-Balance profitieren.

Die Führungskräfte stellen konkret fest:

  • Vertrauen führt. Ist es einmal gegeben, bleibt es auch im virtuellen Raum bestehen.
  • Teams brauchen keine Nanny, die sie täglich begrüßt oder überwacht.
  • Selbstorganisation und Eigenverantwortung steigen sogar an.
  • Im Homeoffice können Führungskräfte viel besser in Ruhe über Strategie und Innovationskonzepte nachdenken als im hektischen Großraumbüro.
  • Eingesparte Flugmeilen oder Dienstwagenkilometer tun nicht nur dem Klima gut, sondern auch ihrer eigenen Work-Life-Balance.
  • Die ständige Abfolge von Krisen und Transformationen zehrt an den Kräften und diese hängen besonders von einem stabilen familiären Umfeld ab. Ein Tag im Homeoffice mit einer morgendlichen Joggingrunde sowie der Möglichkeit, die Kinder zur Kita oder Schule zu bringen und abzuholen, kann hier einen großen Unterschied machen.

Unternehmen vs. Führungskräfte: Ein Spannungsfeld

Trotz der klaren Vorteile des Homeoffice setzen viele Unternehmen auf Büropräsenz. In einer Gartner-Umfrage gaben 34 Prozent der Personalleiter an, dass die Erwartung an die Mitarbeiter, ins Büro zurückzukehren, gestiegen sei. 13 Prozent der befragten Unternehmen haben die Sanktionen für Mitarbeiter, die sich der Büroarbeit verweigern, verschärft. Diese Entwicklung könnte jedoch zu einem ernsthaften Problem werden, wenn Führungskräfte nicht überzeugt sind und Schwierigkeiten haben, Talente zu halten oder neue, Homeoffice-affine Mitarbeiter zu gewinnen.

Office-Pflicht erweist sich auch als Recruiting-Killer

Die Forderung nach Büroanwesenheit könnte zum Bumerang werden, insbesondere im Wettbewerb um hochqualifizierte Talente. Eine Gartner-Studie zeigt, dass 36 Prozent der Bewerber ihre Entscheidung, den Arbeitsplatz zu verlassen, erheblich von einer verpflichtenden Büroanwesenheit abhängig machen. Unternehmen, die an starren Regeln festhalten, riskieren, im Kampf um die besten Köpfe das Nachsehen zu haben.

Unternehmer, hört die Signale!

Es ist an der Zeit, dass Unternehmen ihre Strategien überdenken. Eine auf Vertrauen und Eigenverantwortung basierende Arbeitskultur könnte der Schlüssel sein, um den Fachkräftemangel zu bewältigen. Das Homeoffice sollte als „new normal“ anerkannt werden. Unternehmen, die auf die Bedürfnisse ihrer Führungskräfte hören und ihnen die nötige Flexibilität bieten, werden langfristig erfolgreicher sein. Andernfalls riskieren sie, nicht nur wertvolle Talente zu verlieren, sondern auch ihre Führungskräfte – Hand in Hand mit den besten Mitarbeitern.

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Bild oben: Bild von Stephan Bender auf Pixabay

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