
Dirk Roßmann für sein Lebenswerk geehrt
„Innovator des Jahres“ ist der größte Publikumspreis der deutschen Wirtschaft. Der Lebenswerk-Preis ging jetzt an Dirk Roßmann. Bei der Verleihung am 14. November im China Club in Berlin gewährte der Gründer der Drogeriemarktkette Rossmann tiefe Einblicke in sein Unternehmer- und Menschenbild.
Der erstmals verliehene Lebenswerkpreis „Innovator des Jahres“ kürt herausragende Persönlichkeiten der Wirtschaft, die mit ihrer unternehmerischen Leistung, aber auch ihrem gesellschaftlichen Engagement, Vorbild und Impulsgeber für erfolgreichen Wandel sind. In diesem Jahr fiel das einstimmige Votum des Nominierungskomitees auf den 1946 in Hannover geborenen Unternehmer Dirk Rossmann.
Lebenslanger Innovationsgeist
Sein außergewöhnliches unternehmerisches Schaffen hat, so die Begründung des Komitees, aus einer innovativen Marktidee einen europäischen Champion gemacht. Dirk Roßmann stehe zugleich für das seltene Verdienst, sich auch öffentlich als Unternehmer „zu bekennen“ und zu positionieren.
Michael Oelmann, der Vorsitzende des Nominierungskomitees (Bild oben links), führte bei der Verleihung im China Club in Berlin am 14. November aus, dass Innovationsgeist weniger eine technische oder organisatorische Sache sei, sondern eine lebenslange Eigenschaft, wandelfähig zu sein und Neuerungskraft zu besitzen. „Die hat man, oder nicht. Und bei Dirk Roßmann kann man sagen: Der hat’s!“.
Wie diese sich im Leben des Unternehmers dargestellt hat, zeichnete in seiner Laudatio der Soziologe, Historiker und Reichtumsforscher Rainer Zitelmann (Bild oben rechts) nach.
Laudator Rainer Zitelmann beschrieb den Lebensweg
Das „manager magazin“, das ihn in die „Hall of Fame“ aufnahm, schrieb kürzlich: „Roßmanns Lebensbilanz ist die eines Gewinners, und das gleich in mehrfacher Hinsicht.“ In den 90er Jahren gab es in Deutschland noch mehr als ein Dutzend Drogerieketten, heute dominieren drei den Markt. Rossmann ist zwar mit 14 Milliarden Euro Umsatz „nur“ Nr.2 knapp hinter dm (und mit weitem Vorsprung vor Müller), aber liegt laut manager-magazin beim Gewinn mit Abstand an der Spitze.
Soweit einige Zahlen. Doch wer ist Dirk Roßmann, den man übrigens mit scharfem ß schreibt, während sein Unternehmen mit ss geschrieben wird? Dr. Dr. Rainer Zitelmann beschrieb in seiner Laudatio unter anderem, dass Roßmann schon sehr früh anfing, unternehmerisch zu handeln. Er sparte sein Geld, lieh sich noch etwas dazu und hatte damit das Eigenkapital, um schon mit 16 Jahren seine erste Immobilie – eine Eigentumswohnung für 66.000 D-Mark – zu erwerben. Schon mit zwölf oder dreizehn Jahren fing er an, Geld zu verdienen. Er hatte die Idee, die Kunden zu Hause mit Produkten aus der Drogerie seiner Mutter zu beliefern, machte damit 5.000 D-Mark Umsatz und 500 Mark Gewinn im Monat – damals sehr viel Geld. Bald schon lieferte er nicht mehr selbst aus, sondern stellte seinen Bruder an.
1972, im Alter von 25 Jahren, eröffnete er seine erste eigene Drogerie. Er hatte eine Idee, die sofort einschlug: Zum ersten Mal sollten Drogeriewaren in Deutschland in einem Selbstbedienungsladen angeboten werden. Die Kunden standen schon bei der Eröffnung Schlange und seine kühnsten Erwartungen wurden übertroffen. Im Überschwang der Gefühle ließ er eine Kundin mit 150 D-Mark Ware im Einkaufswagen vorbeiziehen, ohne dass sie bezahlen musste. Heute besitzt Roßmann über 4700 Filialen in zahlreichen Ländern und beschäftigt mehr als 62.000 Mitarbeiter.
„Ein ungeheurer Freiheitsdrang“
„Wie viele andere erfolgreiche Unternehmer, die ich für meine Dissertation „Psychologie der Superreichen“ interviewte – Roßmann gehörte nicht dazu, denn ich lernte ihn erst danach kennen –, „hat er nicht studiert und kein Abitur. Aber schon als Jugendlicher begann er, sich für Philosophie zu interessieren, vor allem Schopenhauer tat es ihm an“, so Zitelmann. Roßmann sei ein begeisterungsfähiger Mensch. So begeisterte er sich so stark für die Psychologie, dass er schließlich selbst eine Ausbildung als Gestalttherapeut und in Themenzentrierter Interaktion begann. Er schrieb sogar gelegentlich in Fachzeitschriften über psychologische Themen und schickte seine Führungskräfte in gruppendynamische Kurse.
Was Roßmann sein Leben lang antrieb, ist ein ungeheurer Freiheitsdrang, führte Zitelmann aus. Er sei kein Mann, der Wert auf Luxus und teure Konsumgüter legt: Im „manager magazin“ ließ er sich neulich mit Jeans und Hemd lässig abbilden – der Mann braucht keinen Schlips, um ernst genommen wurden. Er ist heute mehrfacher Milliardär, einer der reichsten Deutschen. Forbes schätzt sein Nettovermögen auf 4,6 Milliarden Dollar. Aber er fährt ein altes Auto, hat ein altes Handy, besitzt weder Jacht noch Jet. Für Bücher gibt er gerne Geld aus, und wenn er reist, mag er auch ein schönes Hotel Geld sei für ihn ein Mittel, um frei und unabhängig zu sein.
Krisen als Ausgangspunkt für Änderungen
Wie die meisten erfolgreichen Unternehmer berichtet er, dass er sich bei allen wichtigen Entscheidungen „mehr auf mein Bauchgefühl als auf meinen Kopf“ verließ. Bauchgefühl ist freilich nichts Irrationales, sondern nur ein anderes Wort für implizites Wissen, also ein Ergebnis von impliziten Lernprozessen.
Mit 50, als sich sein Unternehmen in der schwersten Krise befand, hatte er einen Herzinfarkt. Selbstkritisch analysierte er, dass er den Fokus verloren hatte. Die Krise war jedoch der Ausgangspunkt für viele Änderungen, die das Unternehmen wieder extrem erfolgreich machten. So fing er beispielsweise an, Eigenmarken zu produzieren, mit denen sich sehr viel mehr verdienen lässt als mit dem Absatz von Produkten anderer Produzenten. Roßmann gelang es, so wie allen Erfolgsmenschen, aus Niederlagen Siege zu machen.
Vor einigen Jahren ist er sogar Schriftsteller geworden und hat angefangen, Bücher zu schreiben. Auch damit ist er überaus erfolgreich und brachte es mit jedem seiner Bücher auf die SPIEGEL-Beststellerliste.
Zitelmann: „Dirk Roßmann ist für mich vor allem ein Meister der Menschenkenntnis. Wenn Sie ihn kennen lernen, wird er Sie blitzschnell analysieren. Aber nicht theoretisch, sondern intuitiv. Und nicht, um einen Vorteil für sich zu gewinnen, sondern um Sie zu verstehen. So, wie er auch die Wünsche seiner Kunden besser versteht als viele seiner Wettbewerber. Denn Milliardär wurde er dadurch, dass er diese Bedürfnisse besser und schneller erfasste als viele seiner Wettbewerber, die auf der Strecke blieben.“
Dirk Roßmann mit persönlichen Dankesworten
Dirk Roßmann nahm den Preis mit großer Freude entgegen – und die Gäste bei seiner anschließenden Rede mit auf eine sehr persönliche Reise in sein Leben. Er beschrieb Erfolge ebenso wie Krisen. Menschlichkeit und Vertrauen nannte er die wichtigsten Eigenschaften. So schafften es die wirklich erfolgreichen Unternehmer, Vertrauen aufzubauen – z. B. gegenüber den Mitarbeitern. Dass dies seine Wirkung habe, zeige unter anderem die jährliche Umfrage des Forbes Magazins zu den attraktivsten Arbeitgebern, bei der das Unternehmen Rossmann sei Jahren im Bereich der Top-20 weltweit läge. Offenheit gegenüber anderen sei die Voraussetzung für Vertrauen. Aber auch die beständige Auseinandersetzung mit sich selbst und den eigenen Eigenschaften, und daraus zu lernen, hob Dirk Roßmann hervor.
Diese gelebte Offenheit konnten die Gäste anschließend selbst erleben, als in einer Fragerunde Dirk Roßmann sehr persönlich und tiefgehend alle Fragen beantwortete. Dirk Roßmann – wahrhaft ein außergewöhnlicher Unternehmer und Menschenkenner.
- Die Laudatio im Wortlaut
- Lebenswerk-Preis „Innovator“ geht an Dirk Roßmann
- Wie sich Reiche von anderen Menschen unterscheiden
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