
Wie das neue Jahr wird, entscheiden vor allem Sie selbst!
Die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse geben keinen Anlass zu Optimismus – und das wird sich auch nach den Wahlen nicht ändern. Warum Sie dennoch optimistisch sein sollten.
Von Dr. Dr. Rainer Zitelmann
Schauen wir auf die Politik, dann haben wir allen Grund zum Pessimismus, wie ich hier begründet habe: Egal, ob die Union mit der SPD oder den GRÜNEN regiert, die notwendigen radikalen Reformen werden ausbleiben.
Internale versus externale Kontollüberzeugung
Heißt dies, dass Sie selbst auch pessimistisch sein sollten? Nein. Denn viel stärker als von der Politik oder der allgemeinen wirtschaftlichen Lage hängt Ihr Leben von Ihren Zielen und Ihrer Einstellung ab. Verlierer nehmen schwierige äußere Bedingungen als Ausrede für ihre Erfolglosigkeit. In der Psychologie unterscheiden wir zwischen Menschen, die eine „externale“ oder „internale Kontrollüberzeugung“ haben. Menschen mit internaler Kontrollüberzeugung sehen sich als Gestalter ihres eigenen Lebens, die glauben, jeder ist seines Glückes Schmied. Menschen mit externaler Kontrollüberzeugung sehen sich als Opfer äußerer Umstände. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Erfolgreichen nicht die äußeren Umstände, sondern ihre eigenen Entscheidungen für das Wichtigste halten.
Der 31. Dezember ist ein guter Tag, sich darüber Gedanken zu machen und Ziele für das neue Jahr zu formulieren. Ich mache das seit Jahrzehnten – und wäre ohne diese Gewohnheit kaum so erfolgreich geworden in verschiedenen Lebensbereichen. Mein Rat: Kaufen Sie das neue Buch von Felix Klieser „Stell dir vor, es geht nicht, und einer tut es doch.“
Der Hornist ohne Arme

Klieser ist einer der erfolgreichsten Hornisten der Welt, obwohl er ohne Arme geboren wurde. Ich habe ihn kennenlernen dürfen, als ich für mein Buch „Ich will. Was wir von erfolgreichen Menschen mit Behinderung lernen können“ recherchiert habe.
Alle Experten sagten ihm, er könne nie ein erfolgreicher Hornist werden, weil er die für das Hornspielen wichtige Technik des „Stopfens“ nicht anwenden kann. Das Stopfen bezeichnet beim Hornspielen eine Technik, bei der durch Einführen der Hand in den Schalltrichter die Tonhöhe verändert oder dem Ton eine andere Klangfarbe gegeben wird. Klieser erfand eine Technik, wie er auch ohne das „Stopfen“ den gleichen oder gar bessere Effekte erziele konnte. Seine wichtigste Erkenntnis, so schreibt er in seinem aktuellen Buch: „Nach und nach erkannte ich, dass ich mir mein Leben so würde gestalten können, wie ich es wollte – und nicht etwa so, wie die Umstände es mir vorgaben. Ich war derjenige, der die Kontrolle darüber hatte. Diese Einsicht hat mein Leben geprägt.“
Klieser führt ein ziemlich normales Leben – er kann mit den Füßen schreiben und sogar Auto fahren. Er schreibt, seine Behinderung habe ihn „nie sonderlich interessiert“. Nicht etwa, weil er sie als Makel empfände. „Ich finde sie nur einfach nicht besonders schlimm. Stattdessen habe ich mich immer darüber definiert, was ich mir vom Leben gewünscht habe. Wenn das für mich klar war, habe ich mich hingesetzt und mir überlegt, wie ich es schaffen könnte, genau diesen Wunsch in die Realität umzusetzen.“
Das Geheimnis: Seien Sie wie ein Kind. Klieser ist Mitte 30, schreibt aber, er fühle sich wie ein Kind. Kinder sind neugierig. Kinder haben Träume. Oft große Träume. Erst später werden sie von Erwachsenen „auf den Boden der Realität“ gezogen.
Elon Musk ist ein anderer Träumer. Nachdem er mit dem Verkauf von PayPal einen Haufen Geld gemacht hatte, traf er sich in Las Vegas mit ehemaligen Mitarbeitern. Während die sich im Pool vergnügten, saß er da und las in einem zerfledderten Handbuch über Raketentechnik. Als ihn einer fragte, was er denn jetzt so für die Zukunft plane, meinte er: „Ich will den Mars besiedeln. Meine Lebensaufgabe ist es, aus der Menschheit eine multiplanetare Zivilisation zu machen.“ Die Reaktion seines Ex-Kollegen war wenig überraschend: „Alter, du bist völlig Banane.“
So hätten sicherlich die meisten Menschen reagiert. Inzwischen hat Musk die größte und beste Rakete, das Starship, gebaut, die Menschen je geschaffen haben. Eine Rakete, die die ersten Menschen zum Mars bringen wird. Er hat etwas geschafft, das die NASA in Jahrzehnten nicht geschafft hat.
Das Leben als „Aneinanderreihung von widerlegten Unmöglichkeiten“
Felix Klieser schreibt in seinem Buch, seine ganze Biografie sei eine „Aneinanderreihung von widerlegten Unmöglichkeiten“ und ergänzt: „Ich finde, das ist eine herrliche Erkenntnis. Wenn du das nächste Mal vor einer Herausforderung stehst, die dir unüberwindbar scheint, halte kurz inne: Ist es wirklich erwiesenermaßen unmöglich – oder hält du es nur dafür, weil du es noch nie versucht hast und die Lösung noch nicht kennst. Und wenn Letzteres zutrifft: Wie viel Lust hast du, es herauszufinden?“
Besonders beeindruckend fand ich folgende Geschichte in seinem Buch: Er hatte eine Phase, in der er nicht fähig war, sein Können beim Hornspielen in den Unterrichtsräumen der Hochschule auch nur annähernd abzurufen. Zuhause spielte er sehr gut, aber in fremder Umgebung schlecht. Er fand heraus, dass es nicht vor allem das Lampenfieber war, das ihm Probleme machte, sondern eine bestimmte innere Programmierung, ein verinnerlichter Glaubenssatz. Er musste einen Weg finden, die Gewissheit zu gewinnen, dass er in jeder Umgebung, auch in der schlechtesten, sein Können unter Beweis stellen könnte. Er fing an, im ungemütlichen Badezimmer mit schlechter Akustik zu spielen, zwängte sich dann Wochen in die Gästetoilette und schließlich in den furchtbarsten Raum, den er nur finden konnte, den kalten und extrem engen Hauswirtschaftsraum. Wochenlang übte er also unter denkbar ungünstigen äußeren Bedingungen und wurde dennoch immer besser. Am Schluss hatte er die Gewissheit gewonnen, dass er überall auf der Welt, in jeder Umgebung, seine maximale Leistung abrufen könne.
Talent wird überschätzt
Geoffrey Colvin belegt in seinem Buch „Talent wird überschätzt“: Nicht das Talent, sondern das „bewusste Üben“, das über Jahre und Jahrzehnte mit unerbittlicher Selbstdisziplin praktiziert wird, ist der Hauptgrund für den Erfolg von Menschen. Sowohl die Dauer als auch die Intensität und die Art des Übens unterscheiden sich ganz erheblich bei Spitzenkräften und durchschnittlichen Könnern in ihrem Gebiet. Entscheidend sind nicht nur die Dauer und die Intensität des Übens, sondern auch die Art des Übens. Was viele Menschen unter „üben“ verstehen, hat nichts mit dem „bewussten Üben“ zu tun, von dem Colvin spricht. Eine bestimmte Tätigkeit nur immer wieder in der gleichen oder ähnlichen Art auszuführen, führt natürlich nicht zu den dramatischen Verbesserungen, die notwendig sind, um Spitzenleistungen zu erbringen. Ein Charakteristikum des „bewussten Übens“ sei vielmehr, dass sich der Übende über lange Zeit alleine auf einen ganz bestimmten Aspekt seiner Tätigkeit konzentriere, und zwar so lange, bis hier ein deutlicher Fortschritt erreicht ist.
Um Großes im Leben zu erreichen, sind eigentlich nur drei Dinge notwendig: Sich große Ziele setzen, diese mit Ausdauer zu verfolgen und dabei ständig zu experimentieren. So wie es Felix Klieser oder Elon Musk tun.
Deshalb glaube ich, dass der 31. Dezember für Sie viel entscheidender sein kann als der 23. Februar. Am 23. Februar entscheiden die Menschen über die politischen Rahmenbedingungen. Den 31. Dezember können Sie zum Anlass nehmen, über Ihre Ziele nachzudenken und diese aufschreiben. Und damit darüber zu entscheiden, wie das neue Jahr für Sie verlaufen wird. Sie glauben nicht daran? Nun, ich habe in meinen 45 Interviews für meine Dissertation „Psychologie der Superreichen“ gefunden, dass sehr viele Selfmade-Multimillionäre genau das jedes Jahr tun.
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Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker und Soziologe – und war auch als Unternehmer und Investor erfolgreich. Er hat 29 Bücher geschrieben und herausgegeben, die in über 30 Sprachen übersetzt wurden, darunter „Ich will. Was wir von erfolgreichen Menschen mit Behinderung lernen können“. und „Psychologie der Superreichen“. Artikel und Interviews erscheinen in führenden Medien wie Le Monde, Corriere della Sera, Il Giornale, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt, Neue Zürcher Zeitung, Daily Telegraph, Times und Forbes. Auch auf DDW ist er regelmäßiger Gastautor.
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