Deutschland fällt zurück im Index der wirtschaftlichen Freiheit – Argentinien Aufsteiger des Jahres

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Wiederum fällt Deutschland in einem international vergleichenden Wirtschaftsindex zurück  – die wirtschaftliche Freiheit hierzulande nimmt ab, Gewinner ist dieses Jahr Argentinien.

von Dr. Dr. Rainer Zitelmann

Zum 31. Mal hat die Heritage Foundation den „Index of Economic Freedom“ veröffentlicht, man kann ihn auch als „Kapitalismus Ranking“ bezeichnen.

Deutschlands Punktzahl für wirtschaftliche Freiheit liegt bei 71,6, womit seine Wirtschaft auf Platz 22 des Index of Economic Freedom 2025 steht. Deutschlands Bewertung ist im Vergleich zum Vorjahr um vier Ränge gesunken (Vorjahr Rang 18). Deutschland liegt auf Platz 14 von 44 Ländern in der Region Europa. In dem Bericht heißt es zu Deutschland: „Angesichts der sich verändernden politischen Lage bleibt die zukünftige Ausrichtung der Wirtschaftspolitik ungewiss. Hohe Energiepreise, eine veraltete öffentliche Infrastruktur und bürokratische Komplexität, die durch geopolitische Entwicklungen und politische Unsicherheit noch verschärft werden, haben die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportindustrie geschwächt.“

Kapitalismus hilft gegen Armut

Entgegen allen Behauptungen von Antikapitalisten belegt diese Untersuchung zum Stand der wirtschaftlichen Freiheit in 184 Ländern: Weder mehr staatliche Regulierung noch Entwicklungshilfe helfen gegen Umweltzerstörung und Armut, sondern nur mehr wirtschaftliche Freiheit.

Dies zeigt ein Vergleich dieses Freiheits-Index mit verschiedenen anderen ökonomischen Indizes, so etwa mit dem Enviromental Performance Index der Yale University. Der Enviromental Performance Index Score für die Länder, die im Index of Economic Freedom als (überwiegend) frei gelten, liegt mit 61,1 deutlich höher als der Score der Länder, die als unfrei gelten (40,6).

Armut ist ein Problem vor allem in den wirtschaftlich unfreien Ländern, wie der Vergleich des Multidimensional Poverty Index des United Nations (der 104 Entwicklungsländer enthält) mit dem Index of Economic Freedom belegt. In Entwicklungsländern, die als „überwiegend“ oder zumindest „moderat frei“ gelten, liegt die Armutsquote bei 1,8 Prozent, in Ländern die als (überwiegend) unfrei gelten, dagegen bei 15,7 Prozent, also fast neun Mal höher.

Shooting Star Argentinien

Selten hat ein Land von einem Jahr auf den anderen so stark im Index zugelegt wie Argentinien. Mit einem Rang 124 von 184 gehört Argentinien zwar immer noch zu den Ländern, die als überwiegend unfrei  gelten. Doch im Vorjahr lag Argentinien nur auf Platz 145, hat also im Jahresvergleich 19 Plätze gewonnen. Ich vermute, es wären sogar noch mehr Plätze gewesen, wenn die Datenerhebung für den Index nicht bereits im Juni 2024 geendet hätte. Grund für den rapiden Anstieg sind die Wirtschaftsreformen von Javier Milei, die zwar zunächst vorübergehend zu einem Anstieg, inzwischen jedoch zu einem deutlichen Rückgang der Armut führten.

Damit war der Sprung von Argentinien sogar noch größer als der vom Gewinner des Vorjahres. Im Index 2024 hatte Vietnam im Vergleich zu 2023 13 Plätze gewonnen.

Im Langzeitvergleich seit 1995 hat Vietnam 23,5 Punkte gewonnen, mehr als jedes andere Land vergleichbarer Größe auf der Welt (die Vereinigten Staaten haben im gleichen Zeitraum mehr als 6 Punkte verloren).

Dieses Jahr hat Vietnam zwar gegenüber dem Vorjahr noch einmal 2,4 Punkte gewinnen können, lag jedoch relativ gesehen nur auf Platz 61 von 184.

Vietnam liegt auf Platz 11 von 39 Ländern in der Region Asien-Pazifik. Der Wert des Landes für die wirtschaftliche Freiheit liegt über dem weltweiten und regionalen Durchschnitt. Die Wirtschaft Vietnams gilt laut dem Index 2025 als „mäßig frei“. „Durch die schrittweise Integration in das globale Handels- und Investitionssystem wird die Wirtschaft Vietnams marktorientierter. Trotz der teilweisen Privatisierung staatlicher Unternehmen, der Liberalisierung des Handelsregimes und der zunehmenden Anerkennung privater Eigentumsrechte behindern institutionelle Mängel jedoch nach wie vor eine nachhaltigere Entwicklung.“

Auch Vietnam belegt einmal mehr den Zusammenhang von wirtschaftlicher Freiheit und Armut: Noch Anfang der 90er Jahre lag die Quote der Vietnamesen, die in Armut lebten, nach Daten der Weltbank bei fast 80 Prozent, heute liegt sie unter 4 Prozent.

Man darf neugierig sein, wie sich die von Vietnam jüngst angekündigte radikale Verschlankung des Staatsappartes auf das Ranking im kommenden Jahr auswirken wird.

Spitzenplätze für Singapur und Schweiz

Sieht man insgesamt auf den Index, so hat sich in der Spitzengruppe und bei den Schlusslichtern wenig verändert. Die wirtschaftlich freiesten Länder sind, so wie im Vorjahr, Singapur, Schweiz, Irland, Taiwan und Luxemburg – die Schlusslichter ebenfalls wieder Venezuela, Kuba und Nordkorea.

Interessant wäre es einmal, die Richtungen der Flüchtlinge zu analysieren: Flucht findet meist von Ländern mit geringer wirtschaftlicher Freiheit in Länder mit höherer wirtschaftlichen Freiheit statt. Laut den Daten des UNHCR sind in den vergangenen Jahren acht Millionen Menschen aus dem sozialistischen Venezuela geflohen.

Nur aus Ländern, wo Krieg herrscht, fliehen noch mehr Menschen. Und 90 Prozent der Menschen, die in Venezuela geblieben sind, leben in Armut.

Man darf neugierig sein auf den Index im nächsten Jahr: In diesem Jahr liegen die USA nur auf Platz 26. Damit sind 16 europäische Länder wirtschaftlich freier als die USA. Und das ist nicht etwa ein Kompliment für die europäischen Länder, wo die wirtschaftliche Freiheit ebenfalls zunehmend bedroht ist. Dass die USA noch schlechter abschneiden als viele Europäer, liegt vor allem an der extremen Staatsverschuldung, die eines von 12 Kriterien in dem Index ist. Ohne eine Trendumkehr in diesem Bereich werden auch die USA ihre Position nicht signifikant verbessern können.

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Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker und Soziologe – und war auch als Unternehmer und Investor erfolgreich. Er hat 29 Bücher geschrieben und herausgegeben, die in über 30 Sprachen übersetzt wurden (zuletzt „Weltreise eines Kapitalisten„, „Warum Entwicklungshilfe nichts bringt und wie Länder Armut wirklich besiegen„, „Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten„). In den vergangenen Jahren schrieb er Artikel oder gab Interviews in führenden Medien wie Wall Street Journal, Times, Le Monde oder Corriere della Sera. Seit kurzem kann auch eine Master-Class „Finanzielle Freiheit – Schluss mit der Durchschnittsexistenz“ belegt werden.

Bild oben: Javier Milei bei einem Treffen mit Emmanuel Macron am 17.11.2024 in Buenos Aires (Quelle: imago)

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