Zwischen Segen und Sorge: Was bedeutet die ultralockere Zinspolitik?

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Unternehmen freuen sich über historisch niedrige Zinsstände. Doch die andere Seite der Medaille der Niedrigzinsphase sieht weniger rosig, vielmehr besorgniserregend aus. Zur Situation von Kreditinstituten vor Ort schreibt Arndt M. Hallmann, Vorsitzender des Vorstandes der Stadtsparkasse Düsseldorf.

Der Konjunkturverlauf in Deutschland ist zwar insgesamt gut, und auch die Binnenachfrage ist stark. Doch die anhaltende Niedrigzinsphase gibt Anlaß zur Sorge: Für uns Sparkassen als klassische Partner des Mittelstands, aber auch für die Wirtschaft insgesamt.

Zwar ist die eine Seite der „Medaille Niedrigzins“ für die Unternehmen rosig: Der Kapitaldienst ist historisch günstig. Viele Unternehmen sichern sich die niedrigen Zinsen.

Und doch ist die Gesamtentwicklung des Zinsniveaus ein fataler Trend.

Schleichende Enteignung

Insgesamt können die tiefen Zinsen nicht anders als schleichende Enteignung der Sparer und Anleger bezeichnet werden. Denn zu Buche schlagen nicht nur Milliarden Euro an entgangenen Zinsen aus Lebensversicherungen und  Festgeldern, sondern der reale Verlust, da die Inflationsraten höher als die Zinsquoten sind.

Eine reale Umverteilung von Schuldnern zu Gläubigern hat längst eingesetzt – in Deutschland wie in Europa. Das trifft vor allem die traditionell mit hohen Sparquoten agierenden Deutschen. Diese Verwerfungen der Rücklagenplanungen breiter Bevölkerungssichten kann auch die Unternehmen nicht kalt lassen. Bei uns als Sparkasse macht sich diese Lage schon jetzt an rückläufigen Anlagen im Versicherungs- und Bauspargeschäft bemerkbar.

Niedrigzinsen beeinflussen aber auch noch eine andere Fehlentwicklung: Das niedrige Zinsniveau kann zu Investitionen verleiten, die nur aus diesem Grund rentabel erscheinen. Preisblasen in Sachwerten wie Aktien oder Immobilien können die Folge sein. Ob die Verluste an den deutschen Börsen Anfang 2016 – noch nie waren sie an einem Jahresbeginn so drastisch ausgefallen – dafür bereits ein Indikator war, kann nur gemutmaßt werden. Auch dies wäre eine Entwicklung, die sich kein Unternehmen wünschen kann.

Hinzu kommt, dass das „Schwert Zinssenkung“ im gegenwärtigen Umfeld kaum noch Wirkung zeigt, es vielmehr droht, zu einer Dauersituation zu werden und auf lange Sicht neue Probleme zu schaffen. Nach wie vor fehlt das Vertrauen des Mittelstands in eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: dies hemmt die Kreditnachfrage, und nicht die ehedem seit Jahren geringe Zinshöhe.

Marktaustritte sind zu befürchten

Auch für uns Sparkassen ist die Zinssituation besorgniserregend. Als Institute in öffentlicher Trägerschaft haben wir eine besondere Unterstützungsfunktion gerade auch für den heimatlichen Mittelstand und das Gewerbe. Deshalb betrifft die Leistungsfähigkeit der Sparkassen zu einem guten Teil auch die Unternehmen selbst.

Das Zinsgeschäft ist das eigentliche Geschäftsmodell der Banken, und von uns Sparkassen insbesondere. Diese Säule unserer Existenz droht mehr und mehr zu erudieren. Und während diese Säule in Gefahr gerät, beschäftigt und belastet uns auf der anderen Seite die zunehmende Regulierungsdichte, auch und gerade von europäischer Ebene.

Diese Situation stellt uns Sparkassen vor enorme Herausforderungen, weil sie massiven Druck auf unser Geschäftsmodell ausüben. Ich erwarte in der Branche als Konsequenz aus Niedrigzinsphase und zunehmender Regulierung eine weitere Konzentration durch Fusionen, aber auch Marktaustritte. Es werden sich auch einige Häuser – vor allem kleinere – weiter aus verschiedenen Geschäftsfeldern, etwa aus dem Wertpapiergeschäft, zurückziehen.

Ich halte auch dies für einen fatalen Trend.

Fokus auf die Region

Für uns ist die Frage: Wie können wir auch in Zukunft unserem öffentlichen Auftrag gerecht werden und uns gegen die herausragenden Rahmenbedingungen immunisieren?

Für uns als Stadtsparkasse an dem überproportional starken Standort Düsseldorf ist dies vielleicht noch leichter möglich als an anderen Standorten. Wir haben auch im vergangenen Geschäftsjahr unsere Ertragslage stabil halten und damit Ausschüttungen an unseren Träger, die Stadt, sowie unsere Eigenkapitalquote steigern können. Auch das Kreditgeschäft bei Mittelstands- und Unternehmenskunden wuchs deutlich.

Insgesamt lautet unsere Strategie auf einer klaren Fokussierung auf die Region. Das mag zwar einerseits Wachstumspotenziale einschränken, aber hier haben wir das Know-how, kennen die Unternehmen in der Region und können die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beurteilen.

Die Sorge bleibt aber, dass uns diese Anstrengungen durch die ultralockere Zinspolitik konterkariert werden.

Arndt M. Hallmann ist Vorsitzender des Vorstandes der Stadtsparkasse Düsseldorf. Das Institut gehört mit einer Bilanzsumme von rund 11 Milliarden Euro zu den zehn grössten Sparkassen in Deutschland. 

 

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