Die nur halbe Empörung über Jette Nietzard

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Während die Polizei-feindlichen Äußerungen von Jette Nietzard erfreulicherweise auf breite Kritik stießen, regt sich niemand über ihre „Eat the rich“-Parole auf. Warum eigentlich nicht?

Von Dr. Dr. Rainer Zitelmann

Die Vorsitzende der Grünen Jugend, Jette Nietzard, hat mit einem Foto auf Instagram für Kritik und Empörung gesorgt. Sie zeigte sich am Freitag mit einer Baseballcap mit der Aufschrift „Eat the rich“ und einem Pullover mit der Abkürzung „ACAB“ („All Cops Are Bastards“). Sie ließ ihre Follower abstimmen: „Was findet Julia Klöckner schlimmer: ACAB Pulli – Eat the rich Cap“.

Nachdem es sogar aus der Grünen Partei Kritik hagelte, ruderte sie – was die Aussage zur Polizei angeht – teilweise etwas zurück. Volker Beck hatte beispielsweise auf X kritisiert: „A.C.A.B. (All Cops Are Bastards) = ‚Alle Polizisten sind Bastarde‘ sinngemäß ‚Alle Bullen sind Schweine‘ ist womöglich von Meinungsfreiheit gedeckt. Es ist ein Ausdruck gruppenbezogener Menschenfeindlichleit gegen Polizist:innen.“

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, schrieb auf X: Die Parole sei „ein völlig unterirdischer, inakzeptabler und beleidigender Take gegen die Polizistinnen und Polizisten, die sich – oft mäßig vergütet – jeden Tag für unseren Rechtsstaat, unsere Sicherheit und unsere Freiheit einsetzen“.

“Der „gierige Reiche“ gehört zu den Klischees, die ständig von Politikern der Grünen, der Linken und der SPD bedient werden. Dabei könnte man fragen, ob es nicht eher der Staat sowie die sogenannten „N“GOs sind, die gierig das Geld der Steuerbürger abschöpfen und immer mehr davon fordern”

Die Sprecher der Polizeigewerkschaft kritisierten Nietzard empört und verlangten, dass sich die Parteispitze der Grünen distanzieren und dieser Post Konsequenzen haben müssen. Aufschlussreich: Es hagelte Kritik von allen Seiten, aber diese Kritik bezog sich fast durchweg nur auf die Hassparole gegen die Polizei, während sich kaum jemand über die „Eat the rich“-Parole aufregte.

Hass gegen Reiche wird eher akzeptiert

Reiche hatte Nietzard auf ihrer Kappe als Raupe Nimmersatt dargestellt – auf der Raupe war „Eat the rich“ zu lesen. Diese Darstellung von Reichen als Tiere ist bei Linken beliebt. Beispielsweise plakatierte die LINKE „Miethaie zu Fischstäbchen“. Merke: Bevor aus einem Miethai ein Fischstäbchen wird, muss man ihn töten. Private Equity-Investoren wurden und werden von Sozialdemokraten, Linken und Grünen als „Heuschrecken“ bezeichnet.

Aus Worten des Hasses können Taten werden. Deshalb wird zu Recht vor Hassparolen gegen Minderheiten – etwa gegen Ausländer – gewarnt. Aber das gilt auch für Polizisten und Reiche. Die RAF bezeichnete seinerzeit Polizisten und Kapitalisten als „Bullen“ und „Schweine“, bevor sie dazu überging, einige davon tatsächlich zu töten.

Der „gierige Reiche“ gehört zu den Klischees, die ständig von Politikern der Grünen, der Linken und der SPD bedient werden. Dabei könnte man fragen, ob es nicht eher der Staat sowie die sogenannten „N“GOs sind, die gierig das Geld der Steuerbürger abschöpfen und immer mehr davon fordern. Aber für Linke und Grüne sind nicht diejenigen gierig, die Reichen ihr Geld abnehmen wollen, sondern die, die es behalten wollen.

“Während man in Deutschland sensibel und manchmal sogar hypersensibel bei Kritik an Minderheiten ist, gilt das für die Minderheit der Reichen nicht”

Es ist gut und richtig, dass die Hassparolen gegen die Polizei scharf kritisiert und zurückgewiesen wurden. Aber warum regt sich kaum einer über die Hassparolen über Reiche auf? Die meisten Reichen sind als Unternehmer reich geworden – und wenn sie selbst keine Unternehmer waren, dann waren es ihre Eltern. Braucht unsere Gesellschaft keine Reichen? Nach Meinung der Linken nicht. Eine zugkräftige Parole lautet, es solle in Deutschland keine Milliardäre mehr geben – eine Vision, die bislang nur in Kuba, Nordkorea und einigen sehr armen afrikanischen Ländern verwirklicht ist, während sich Länder mit hohem Lebensstandard – etwa Schweden und die Schweiz – durch einen besonders hohen Anteil an Milliardären auszeichnen.

Nur bei Franzosen ist der Sozialneid noch ausgeprägter

Während man in Deutschland sensibel und manchmal sogar hypersensibel bei Kritik an Minderheiten ist, gilt das für die Minderheit der Reichen nicht. Für mein Buch „Die Gesellschaft und ihre Reichen“ hat das Meinungsforschungsinstitut Allensbach eine Umfrage zur Einstellung zu Reichen durchgeführt. Eine Frage sollte ermitteln, in welchem Maß es gesellschaftlich toleriert wird, wenn man öffentlich negativ über Reiche spricht. Den Befragten wurde eine Liste vorgelegt, auf denen verschiedene Minderheiten genannt wurden: Muslime, Ausländer, Juden, Schwarze, Homosexuelle, Behinderte, Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose – und Reiche. Darüber hinaus standen auch Frauen und Christen auf der Liste. Auf welche Gruppen, so wurde gefragt, trifft es zu, dass man mit öffentlicher Kritik besonders vorsichtig sein muss? 67 Prozent der Befragten sagten, bei öffentlicher Kritik an Muslimen sei Vorsicht geboten, 64 Prozent meinten, bei kritischen Äußerungen über Ausländer müsse man vorsichtig sein. Über Reiche sagten das nur neun Prozent.

Das Institut Ipsos MORI führte eine Umfrage in 13 Ländern zum Image der Reichen und zum Sozialneid durch. Nur in Frankreich war der Neid gegen Reiche noch stärker ausgeprägt als in Deutschland.

In Polen dagegen, so zeigte die Umfrage, ist der Sozialneid deutlich geringer. 49 Prozent der Deutschen halten Reiche für gierig, aber nur 25 Prozent der Polen teilen diese Meinung. 62 Prozent der Deutschen sagen, Reiche seien egoistisch, aber in Polen finden das nur 19 Prozent.

Es macht einen Unterschied, ob die Bürger eines Landes Reiche eher als Vorbilder ansehen, denen es nachzueifern gilt oder als Sündenböcke oder gar Hassfiguren. In kaum einem Land ist das Image der Reichen so positiv wie in Vietnam und Polen, Länder mit hoher wirtschaftlicher Dynamik.

Im Tatort sind Unternehmer und Polizisten die Mörder

Der Mittelstands-Verband BVMW hat alle Folgen der ARD-Krimiserie Tatort seit 2018 ausgewertet. Das Ergebnis: Mit 39 Folgen, in denen Unternehmer, Manager oder Selbstständige die Mörder sind, nahmen diese den Spitzenplatz ein, noch vor Berufskriminellen (28). Direkt danach folgen Polizisten als Mörder (23 mal). Werden Sie nachts unruhig und haben Angst, wenn Sie einer Gruppe von Unternehmern und Polizisten auf der Straße begegnen?

Linke sind sehr empfindlich, wenn sie irgendwo „Rassismus“ wittern. Manchmal kann schon der kommentarlose Post der polizeilichen Kriminalstatistik, die einen überproportionalen Anteil ausländischer Tatverdächtiger aufweist, zum „Rassismus“-Vorwurf führen. Während diese Gruppen stets in Schutz genommen werden, werden Polizisten und Reiche unter Generalverdacht gestellt – beispielsweise als Rassisten, Steuerhinterzieher usw.

Es bleibt die Frage, ob eine Gesellschaft funktioniert, die am Ende nur noch aus Gleichstellungsbeauftragten, „N“GO-Aktivisten, Diversity-Managern, Genderforschern, Rassismus-Forschern, Klimaklebern und Politikern besteht?

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Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker – und war auch als Unternehmer und Investor erfolgreich. Er hat 29 Bücher geschrieben und herausgegeben, die in über 30 Sprachen übersetzt wurden. Im Mai hat er einen Roman veröffentlicht, der Neid und Stimmungsmache gegen „privilegierte“ Minderheiten zum Thema hat: 2075. Wenn Schönheit zum Verbrechen wird“.

Bild oben: Jette Nietzard und Jakob Blasel, Vorsitzende Grüne Jugend, am 15.11.2024 bei der Bundesdelegiertenkonferenz in Wiesbaden (Bild: picture alliance / Chris Emil Janßen | Chris Emil Janssen)

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