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Innovation schafft Zukunft
Die Überschrift klingt so einfach und selbstverständlich. Innovation geschieht ununterbrochen. Sie ist die direkte Ausdrucksform der Evolution. Vom Menschen gestaltet, wird sie seit etlichen Jahrzehnten exponentiell immer schneller in ihren Auswirkungen auf unser aller Leben. Und schafft so grundlegende neue Innovationsrisiken in großer Zahl. Von Professor
Es klingt zunächst so einfach, klar und überzeugend mit der Botschaft: Innovation muss sein – und wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte, wie Gorbatschow Herrn Honnecker sagte.
Die mit den Kondratieff-Zyklen klar und stabil erscheinenden Leitlinien des innovativen Schaffens der vergangenen Jahrzehnte gehen gerade immer mehr unter.
Innovation ist nicht, wie weit verbreitet geglaubt wird, vor allem Produkte, Technologien, Verfahren, Wissenschaft und Patente. Sie ist viel mehr.
Unvorbereitet auf die Auswirkungen auf unsere Unternehmen
Wir erleben zur Zeit eine Vielzahl paralleler Innovationen in verschiedenen Feldern, die sich immer unabhängiger voneinander zu entwickeln scheinen – und gleichzeitig hoch miteinander verflochten sind. Da sind beispielsweise sich schnell ändernde Gesellschaftsstrukturen – siehe Brexit, Wahlergebnisse in Österreich, vermutlicher Zerfall der bisherigen EU, Zweifel an der Geldpolitik der EZB und am Euro, Zweifel an der Rente; Verarmung von Mittelstand, Arbeitern und Arbeitslosen; neue Fremdenfeindlichkeit – und dazu noch eine Schwemme von neuen Geschäftsmodellen, Technologien und Produkten, mit denen versucht wird Geld zu verdienen und die Zukunft zu erreichen. Das sind hunderte verschiedene Arten von Innovationen, die um uns herum meist unkoordiniert und oft auch widersprüchlich ihren Weg in die Zukunft suchen.
Innovationen, die wir nicht selber mitgestalten, haben die Neigung uns unvorbereitet mit ihren Auswirkungen auf unsere Unternehmen und auch auf uns persönlich zu treffen. Wenn wir nicht selber aktiv an der Gestaltung unserer Zukunft mitwirken, werden wir – mehr oder weniger überraschend – von den Schöpfungen anderer erfasst. Und dies in einem immer unübersichtlicher werdenden Feld der verknüpften Innovationskräfte. Wir nutzen nicht unsere Kreativität für eigene Entwicklungen, sondern vergeben sozusagen unseren Gestaltungraum.
Resignieren vor der Disruption?
Bisher wurde vor allem zwischen radikalen und schrittweisen (kontinuierlichern Verbesserungsprozessen KVP) Innovationen unterschieden. Neu hinzu gekommen ist in den letzten Jahren der Begriff der disruptiven Innovation. Er beschreibt Innovationen, die bestehende Märkte und darüber hinaus eingeführte verlässliche Werte und Strukturen zerstören. In Abweichung von üblicher BWL Sicht enthält disruptive Innovation auch wesentliche „politische und soziale Wechselwirkungen und neue Wertbezüge zwischen den Beteiligten der Wirtschaft“. Dies bedeutet, kurz zusammen gefasst, den immer weiter zunehmenden Verlust an strategischer Planbarkeit.
Soll man als Unternehmensleitung resignieren weil es zu komplex wird? Zumindest für verantwortungs-bewusste Menschen mit Unternehmerblut ist dies keine Lösung
Das übliche Standardmodell „wir schaffen unsere Zukunft mit Innovation“ sieht heute etwa wie folgt aus. Wer in der Wirtschaft professionell „in Innovation investiert“, tut das mit einem strategischen Geschäftsplan, der nach einer Periode von 6 Monaten bis 3 – maximal 5 Jahren – kalkulatorischen Gewinn ausweisen und für die eingegangenen Risiken reichlich entschädigen soll. Und dies oft ohne „what if?“ zur Entdeckung von sonst übersehenen Risiken, und ohne Plan B und C. Wie leistungsfähig ist dieses Vorgehen in unserer Zeit?
Die in D seit 10 Jahren rückläufigen Investitionen in Innovation lassen vermuten, dass die Wirtschaft selber wohl immer weniger an dieses obige Modell glaubt. Wird hier mittels sinkender Investitionen schon mit den Füßen abgestimmt?
Ein unerwarteter Aspekt hierzu wird in dem Buch der beiden Ökonomie Nobelpreisträger Akerlof und Shiller:„Phishing for Phools – The Economics of Manipulation and Deception“, beschrieben (erscheint im Sommer in D).
Kein Patent auf Täuschung und Betrug
Wie Akerlof und Shiller an vielen Beispielen zeigen, ist es ökonomisch oft einfacher und billiger durch Täuschung und Betrug zu Umsätzen und Gewinn zu kommen, wie es z.B. VW und die Deutsche Bank zeigen, die nun von hohen Schadenersatz Forderungen geplagt werden. Natürlich werden solche Innovationen wie das IT 2.0 basierte Vortäuschen von minimalen Schad-Abgasen weder als Patente eingereicht noch stolz als Innovationen publiziert.
Das Ausmaß dieser Ökonomie der Täuschung mit Schein-Innovationen für den Kunden ist offenbar so umfangreich geworden, dass die zwei Nobelpreisträger in 2015 ihre lesenswerte Sammlung von Fact Stories publiziert haben. Soweit das Thema des innovativen Schaffens von Zukunft durch preisgünstige Investition in Manipulation und Deception, in Schein-Innovationen.
Ein anderes Problem HEUTE mit kalkulierbaren Innovationen die Zukunft zu schaffen, liegt im oft übersehenen „ceteris paribus“ ( bei gleichen sonstigen Umständen) Planungsproblem der Wirtschaft. Diese in den Unternehmen stillschweigend weitgehend übliche Form der Prognose der „Wirtschafts-Realitäten“ nach dem Motto „im wesentlichen bleibt alles andere so wie es ist“ trifft immer weniger zu. Die Zeit des Kalten Krieges von 1950 bis 1990 mit ihren ziemlich stabilen Grundbedingungen hat die betriebswirtschaftliche Führung zu einer traditionellen ceteris paribus Planung verführt.
Innovationsplanungen können schnell über Haufen geworfen werden
Einige Beispiele aus der letzten Zeit, die zeigen, wie nicht vorhersehbare starke Veränderungen schnell und nachhaltig wirken. Denken Sie an
- die mit Lehman Bros. ausgelöste Finanzblase (mit Wirkung auf die Gesamt Wirtschaft)
- die Folgen des politisch ausgelösten Brexit (Gesamt Wirtschaft)
- das politisch motivierte russische Embargo für West Produkte, das über Nacht kam, jetzt u.a. viele landwirtschaftliche Produzenten schwer belastet. Und auch mit der Ost-Konjunktur entstandene spezialisierte Logistik Unternehmen in Konkursnähe treibt (Branchen bezogen)
- den Zusammenbruch der .-..mit deutscher BWL-Ideologie geradezu erzwungenen – hoch expandierten Milchwirtschaft, der gerade viele 1000e Landwirtschaftsbetriebe in endgültige Insolvenz treibt (Branchen bezogen)
Diese Beispiele zeigen wie schnell „mal eben“ Innovationsplanungen gestört und zerstört werden können. Wer ist dann vorbereitet schnell inovativ mit den neuen Situationen umgehen zu können? Wer hat die Mitarbeiter, die dann in solchen Situationen der Unsicherheit schnell gestalterisch tätig werden?
Nun noch ein weiterer Gefahrenherd, insbesondere verbunden mit der oft für Innovationen so wichtigen IT X .0. , ist die sehr schnell wachsende Macht und immer gefährlicher werdenden Risiken des Cyberwar /Blacknet, der über viele Innovationen der Betriebsabläufe geradezu importiert wurde und wird. Auf dem Weg über Störungen, Ausbeuten und Zerstören der Unternehmens-IT werden immer öfter nicht vorhersehbare – auch existentielle – Schäden hervor gerufen. Hierzu ein Beispiel mit dem jeder Leser in Bezug auf sein Unternehmen weiter denken möge.
Umwälzung durch Bitcoin
Es fiel in Fachkreisen auf, dass das Volumen der Bitcoin-Internet-Währung unerklärlich zunahm. Eine Untersuchung förderte u.a. folgende Einsicht: eine große Zahl britischer Unternehmen, insbesondere wohl des Mittelstandes, hat sich für den Fall von Cyber-Attacken mit Erpressung Bitcoin Reserven im Wert von jeweils etwa € 50.000 zugelegt. So will man sich in dieser Leitwährung des Blacknet von den Erpressungen der Täter freikaufen.
Machen Sie sich klar, dass es offensichtlich in der Unternehmensbedrohung durch Cyber Attacken inzwischen längst etablierte Marktpreise und steuerfreie Zahlungswege gibt. Noch zur Anregung der Vorstellungskraft über heute leicht machbare Attacken: stellen Sie sich vor, dass z.B. – falls die Erpressung erfolglos ist – ein Unternehmen wie Lidl über Nacht erleben kann, dass in ihren Logistik-Ketten alle Aufträge nachhaltig gelöscht sind. Wir hören vor allem deswegen nicht von solchen zahlreichen Fällen, weil die meisten betroffenen Unternehmen schweigen.
Diese obigen fünf Beispiele zeigen eine kleine Auswahl der unvorhersehbaren Bedingungen, in denen heute jedes Bemühen um sichere Strukturen für Innovationen in den Unternehmen untergehen kann – von den meisten Unternehmen bis heute unerkannt oder übersehen.
Analysen und vorbeugenden Strategieformen
Immerhin: das moderne Projekt Management für den Sektor der Innovationen zeigt neue Formen der Steuerung, die es zumindest leichter machen sehr kurzfristig mit Unvorhergesehenem intelligent umzugehen. Dies ist keine Abhilfe für die Minderung der grundlegend schnell grösser werdenden strategischen Unsicherheiten – aber eine große Hilfe in turbulenten Zeiten erfolgreicher zu managen wenn etwas schief läuft.
Mit anderen Worten: die über die letzten 50 Jahre hoch entwickelte Lehre der strategischen Vorgehensweisen trifft zunehmend auf Gesellschafts- und Wirtschaftsbedingungen, die große Investitionen in längerfristige Innovationsprojekte mit unbekannten Unsicherheiten belasten. Die Innovationsgestaltung der Zukunft wird mit ungeahnten Risiko Analysen und vorbeugenden Strategieformen neue Wege gehen.
Prof. Dr. Dr. Frank Peschanel ist emeritierter Managementprofessor (US), Unternehmer und Celebrity Speaker. Er Physik, Ökonomie und Psychologie. Als Geschäftsführender Gesellschafter baute er ein innovatives Softwareunternehmen auf, arbeitete national und international als Consultant, Sprecher und Autor mit dem Schwerpunkt „menschliche Faktoren in der Wirtschaft“ und ist heute noch Assessor für den Project Excellence Award der Gesellschaft für Projektmanagement. Frank Peschanel publiziert in verschiednen Zeitungen und veröffentlichte Bücher zum Thema Innovative Informationsverarbeitung, Konflikt, Denkstilanalyse.
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