Deal!

Keine Kommentare Lesezeit:

Die DDW-Jury kürt seit 2020 das „Wirtschaftswort des Jahres“. Aus einer Idee von Michael Oelmann und mir ist inzwischen fordernde Jury-Arbeit geworden. 2025 sollte es eine besonders knappe Entscheidung werden.

Denn die kuratierte Shortlist wird jedes Jahr länger. (Dieses Jahr waren es 60 Begriffe). In den Diskussionen der immer größeren, immer prominenteren Jury, geht es bis tief in die Abendstunden hoch her.

Dieses Mal galt den Nachfolger von „Homeoffice“ (2020), „Woke“ (2021), „Resilienz“ (2022), „ChatGPT“ (2023) und „Deindustrialisierung“ (2024) zu finden.

Welches Wort hat die Wirtschaftswelt im vergangenen Jahr entscheidend geprägt? Handelt es sich um ein wirklich neues Wort, ein neu- interpretiertes /eingesetztes Wort oder eine neuartige Zusammensetzung aus zwei bekannten Wörtern? Wie hoch rangiert es bei Google? Wie oft wurde es in den Medien zitiert?

2025 sollte es eine besonders knappe Entscheidung werden. Bis Mitte des Jahres grüßte von der Spitze Mileis „Kettensägen-Politik“. Hinzu kamen über die Monate gesammelt, spannende, Begriffe wie „Digitale Souveränität“, „Deskilling“, „Longevity“, „Nearshorimg“ oder „Dual Use“. Aber auch deutsche Begriffe wie „Sondervermögen“, „KI-Agent“ oder z.B. „Solidaritätsverschränkung“ schafften den Sprung auf die Shortlist.

Und dann kam im August der „EU-Zoll-Deal“. Er war die Krönung von Trumps Versprechen der „90 deals in 90 days“. Und da waren der „Gaza-Deal“, den „Seltene-Erden-Deal“, der „Ukraine-Deal“, der „Kongo-Deal“, der „Armenien-Aserbaidschan-Deal“ noch gar nicht mitgezählt.

„Deals, Deals, alle meine Deals“ titelte die SZ. Im Oktober bot ein Kunde meiner neuen Agentur TCLA einen „Deal“ an. (Wir bestanden trotzdem auf einen ordentlichen Agenturvertrag).

Aber ab da ahnte ich, dass Xavier Milei gegen Donald J. zumindest sprachlich hinten liegen würde.

Das „Wirtschaftswort des Jahres 2025“ ist also „Deal“. Muss man akzeptieren. Auch wenn das Wort manch einem nicht gefallen mag. Ich nehme mich da nicht aus. Vielleicht liegt es auch an den Erinnerungen meiner Jugend. In den 70er- und 80er-Jahren waren die Wörter „Dealer“ und „dealen“ noch in einem ganz anderen Suchfeld verortet und komplett negativ behaftet. Und auch heute noch erklärt der Wörterbuchverlag „Oxford Languages“ den Begriff „Deal“ mit „(zweifelhafte) Abmachung, Vereinbarung, Handel“.

Ich sag mal voraus, der Begriff wird bleiben. Genauso, wie „Homeoffice“ nicht mehr zu „Heimarbeit“ zurückfinden wird. Der Trost ist: Sprache lebt. Sie verändert sich. Ist Evolution.

Ich freue mich schon auf die Suche nach dem „Wirtschaftswort 2026“.

Mehr zum Thema:

Armin Reins arbeitet seit vier Jahrzehnten in der Kommunikationsbranche. Er streitet jeden Tag selbst für bessere Text-Qualität in seiner Agentur TCLA. Zuvor war er mit Reinsclassen Chef der mit am meisten Awards ausgezeichneten B2B-Agenturen Deutschlands. Er hat zahllose nationale und internationale Kreativ- und Effizienzpreise gewonnen und sechs Bücher über Sprache in der Kommunikation geschrieben– u.a. „Corporate Language – das Praxisbuch“ im Verlag Hermann Schmidt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Language