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Eurokrise verstehen (I): Die Nichtbeachtung der Grundlagen der Euro-Einführung
Es gab zur Einführung des Euro zwei Grundpfeiler des Maastrichter Vertrags vom 7. Februar 1992, die als zentrale Bedingungen der Bundesregierung Kohl durch Horst Köhler, den Staatssekretär im BMF von 1990–1993, ausgehandelt wurden, nämlich dafür, dass Deutschland dem Drängen Frankreichs nach Aufgabe der D-Mark nachgab. Beide Pfeiler sind längst morsch und müssen wieder stabilisiert werden.
Dazu gehörte erstens das Verbot der Monetarisierung der Staatsschulden und zweitens das Verbot der Rettung eines vom Konkurs bedrohten Staats, das sog. Beistandsverbot, die berühmte »No-Bailout-Klausel«.
»Beistandsverbot« bedeutet, dass die Staaten Europas nach Art. 125 AEUV nicht für die Schulden eines vom Konkurs bedrohten anderen Landes haften. Nach der Einschätzung von Christine Lagarde, der damaligen französischen Finanzministerin und jetzigen geschäftsführenden IWF-Direktorin, wurde gegen dieses Beistandsverbot bewusst verstoßen, als am 9./10. Mai 2010 die Gläubiger Griechenlands mit staatlichen Krediten bedient wurden.
Wie 37 Marshall-Pläne
Die Summe der öffentlichen Kredite der Staatengemeinschaft und der EZB an Griechenland beträgt bis Juni 2015 ca. 344 Mrd. Euro. Das sind ca. 192 Prozent des BIP Griechenlands oder, vergleichbar gerechnet, ca. 37 Marshall-Pläne, die Deutschland nach dem Krieg erhalten hat. Die staatliche Bad Bank der Hypo Real Estate wickelt gerade ihre ca. 8 Mrd. Euro Griechenlandanleihen ab und macht dabei 2,5 Mrd. Euro Verlust zu Lasten der deutschen Steuerzahler und zugunsten von Hedgefonds, ein fast unbeachteter Skandal.
Die krasse Missachtung des Beistandsverbots führte u. a. zu drei Protest-Rücktritten:
- von Bundespräsident Horst Köhler im Mai 2010, dem ehemaligen Präsidenten des Weltwährungsfonds und Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, der unter Bundesfinanzminister Theo Waigel die Maastricht-Verträge maßgeblich verhandelt hat und im Mai 2010 von der Bundesregierung nicht eingebunden wurde, als er die Begleitgesetze für die Rettungspakete für Griechenland unterzeichnen sollte,
- von Jürgen Stark, dem Chefvolkswirt der EZB im September 2011, der sich heute auch sehr kritisch in vielen Beiträgen vernehmen lässt und
- von Axel Weber, dem Präsidenten der Bundesbank im Februar 2011, der sich ja als UBS-Verwaltungsratsvorsitzender immer mal wieder zu Wort meldet.
Kreditblasen mit inflationärer Überhitzung
Jeder kennt ja seither die Rolle von Bundesbankpräsident Jens Weidmann als »Fels in der Brandung« im jetzigen EZB-Rat, der ja von den Staaten im Süden Europas mit 55 Prozent Stimmgewicht majorisiert wird. Auch er bezeichnete die derzeitige EZB-Politik als »risikoreich«.
Die Verschuldungsgrenzen von maximal drei Prozent Neuverschuldung und maximal 60 Prozent des BIP Gesamtverschuldung wurden spätestens seit 2010 permanent missachtet. Die Staatspapiere, d. h. die Verschuldung der Staaten, sind angeblich absolut sicher, es ist keinerlei Eigenkapital als Sicherheit nötig, wenn Banken diese Staatspapiere kaufen, bis heute, auch noch nach Basel III.
Inflationäre Überhitzung
Die Folgen: Kreditblasen, die mit inflationärer Überhitzung die Wettbewerbsfähigkeit unterminieren, exorbitante Lohnerhöhungen und Ausweitung der staatlichen Beschäftigung, die heute kaum noch zurückdrehbar sind, sowie enorme Zinsgewinne über zehn Jahre: z. B. ist für Italien der Effekt größer als das gesamte italienische Mehrwertsteuer-Aufkommen. Bei Schuldentilgung wäre die Quote 57 Prozent statt 133 Prozent.
Es fehlt generell eine Konkursordnung für Staaten. Für systemrelevante Banken wird sie gerade eingeführt.
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