Erbschaftsteuerreform: Ein tragbarer Kompromiss
Nach 21 Monaten zäher Verhandlungen wurde am 13. September im Vermittlungsausschuss eine Einigung zur Erbschaftsteuerreform erzielt.
In buchstäblich letzter Minute bevor sich die Verfassungsrichter dem Gesetz angenommen hätten, haben sich die politischen Lager zusammengerauft. Wie schwierig die Ausgangslage im Vermittlungsausschuss war, macht die Sitzverteilung in der Arbeitsgruppe deutlich, die die jetzige Lösung erarbeitet hat: Von 16 Sitzen hatte die Union gerade 6, die Linken und die Grünen je 2 und die SPD ebenfalls 6. Nach jüngsten Forderungskatalogen der SPD-geführten Bundesländer mit immensen Steuererhöhungen ist nun doch für eine Vielzahl der Betroffenen (nicht alle!) ein tragbarer Kompromiss gefunden worden. Wesentliche für alle Familienunternehmer notwendige Entlastungen wurden im Rahmen der Bewertung und in Bezug auf familienunternehmertypische Kapitalbindung berücksichtigt. Auch die Ausnahmen zum Verwaltungsvermögen zeigen, dass die Politik teilweise auf die unternehmerische Praxis eingeht. Dennoch wird es zu erheblichen Mehrbelastungen für übertragbare Unternehmensvermögen von mehr als 26 Millionen Euro und größenunabhängig im Hinblick auf das sogenannte Verwaltungsvermögen kommen. Abgesehen von vielen technischen Unklarheiten und der immensen Komplexität ist gerade die schlechte Stundungsregelung zu bedauern.
Hier die Erebnisse im Einzelnen:
Kleine und mittlere Unternehmen
Für Betriebe mit bis zu fünf Beschäftigten wird auf die Prüfung der Lohnsummenregelung verzichtet. Danach erfolgt eine Staffelung. Bei Unternehmen mit sechs bis zehn Beschäftigten gilt bei einer Behaltensfrist von fünf Jahren eine 250prozentige Lohnsumme (bei sieben Jahren 500 Prozent Lohnsumme). Für Betriebe mit 11 bis 15 Beschäftigten muss die 300prozentige Lohnsumme für fünf Jahre gehalten werden (bei sieben Jahren 565 Prozent Lohnsumme). Bis zu einem übertragenen Unternehmenswert von 26 Mio. Euro gelten die bisherigen Lohnsummen- und Haltevorschriften.
Übertragene Unternehmenswerte über 26 Millionen Euro
Ab einem übertragenen Unternehmenswert von 26 Millionen Euro muss der Nachfolger weitere Auflagen erfüllen. Dabei bleibt es bei dem Wahlrecht zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung mit der Pflicht zur Offenlegung des Privatvermögens oder dem sogenannten „Abschmelzmodell“ (abschmelzen des Verschonungssatzes mit höherem Wert). Keine Abschmelzverschonung wird gewährt ab einem Erwerb von 90 Mio. Euro. Dann bleibt dem Nachfolger nur die volle Erbschaftsteuerschuld zu begleichen oder die Verschonungsbedarfsprüfung zu wählen.
Bewertung und Abschlag für Kapitalbindung
Obwohl es somit bei immensen Verschärfungen für große Unternehmen bleibt, konnten einerseits weitere Verschlechterung beim Abschmelzmodell verhindert werden und andererseits die wichtigsten Forderungen fixiert werden: Der Kapitalisierungsfaktor, der multipliziert mit dem nachhaltig erzielbaren Jahresertrag den Unternehmenswert ergibt, wird von derzeit 17,86 auf 13,75 abgesenkt und zinsunabhängig fixiert. Außerdem wird bei Vorliegen bestimmter für Familienunternehmen typischer gesellschaftsvertraglicher oder satzungsmäßiger Beschränkungen ein Bewertungsabschlag von bis zu 30 Prozent gewährt. Für die Anpassung der Bewertung und eine angemessene Berücksichtigung von speziellen „Familienunternehmer-Regeln“ hatten sich die Familienunternehmer besonders eingesetzt. Es bleibt bei den Dokumentationsfristen (zwei Jahre Rückwirkung und 20 Jahre in die Zukunft).
Verwaltungsvermögen
Zwar wird das Verwaltungsvermögen grundsätzlich nicht begünstigt, bis zu 20 Prozent vom begünstigten Vermögen können nun aber wie steuerrechtlich begünstigtes Betriebsvermögen behandelt werden. Erfreulich ist, dass
die Altersversorgungsverpflichtungen begünstigt werden. Auch die Investitionsklausel wird eingeführt: Diejenigen Mittel aus einem Erbe, die gemäß dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von zwei Jahren nach seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen getätigt werden, werden steuerrechtlich begünstigt.
Stundung
Äußerst kritisch ist die schon schlechte Stundungsregelung zu bewerten, die nochmals verschärft wurde. Anstatt einen Rechtsanspruch auf Stundung für zehn Jahre zinslos zu gewähren, wird der Zeitraum auf sieben Jahre verkürzt und sechs Prozent Zinsen ab dem zweiten Stundungsjahr fällig. In Anspruch kann sie auch weiterhin nicht genommen werden für eine Steuerschuld auf Verwaltungsvermögen oder im Falle von Schenkungen.
Fristen und Gültigkeit
Nach dem Wortlaut soll das Gesetz rückwirkend zum 1. Juli 2016 in Kraft treten.
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