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Sozialismus für Reiche – auf dem Weg zur DDR 2.0?
Machtwirtschaft für Wenige statt Marktwirtschaft für Alle: Die Marktwirtschaft nach den Vorstellungen Ludwig Erhards wurde von einflussreichen Politikgestaltern und Interessengruppen beiseite geräumt. Es ist genau das eingetreten, wovor Erhard immer wieder warnte. Sichere Pfründe für einflussreiche Konzerne und Interessengruppen lassen zu Recht die Frage aufkommen, ob und inwieweit unser derzeitiges Gesellschafts- und Wirtschaftssystem noch sozial oder marktwirtschaftlich ist. Von Dr. Ulrich Horstmann.
So wird die Fähigkeit von Märkten, Knappheitspreise zu produzieren und effizient zu steuern, durch Interventionen zunehmend blockiert. Mit der viel zu hohen öffentlichen Verschuldung ist die Geldpolitik wieder – wie so oft in der Geschichte – nur eine vorübergehende Nothilfe. Aber nicht für sie, sondern für politische Entscheidungsträger und vom Verkauf ihrer Güter und Dienstleistungen profitierenden Großkonzerne. Sie können sich leichter verschulden und preisgünstiger anbieten, wodurch disinflationäre Effekte ausgelöst werden.
Marktwirtschaftlichen Steuerungsmechanismen werden aushöhlt
Solange der Export gut läuft, wird dies in Deutschland wenig thematisiert. Auf der Nachfrageseite wird der Konsum gefördert, weil sich Sparen nicht mehr lohnt. Ein gefährlicher Teufelskreis durch die fatale Geldpolitik! Mit ihrer wettbewerbseinschränkenden Wirkung sinkt die Produktivität, die marktwirtschaftlichen Steuerungsmechanismen werden aushöhlt. Leider wird dieser Aspekt in wissenschaftlichen Publikationen viel zu wenig berücksichtigt. Die Eigenvorsorge der Bürger wird geschwächt, sie sparen zu wenig und werden vor diesem Hintergrund mangels Zukunftsvertrauen in die Verschuldung und fragwürdige Immobilien- oder andere vermeintliche Absicherungsinvestitionen getrieben. Im Alter sind die enteigneten Bürger umso mehr auf öffentliche Hilfen angewiesen. Die Verantwortung dafür wird – menschlich verständlich – verschleiert.
Politiker haben, um gewählt zu werden, unverantwortlich vor Wahlen vermeintliche soziale Wohltaten versprochen, dann eingeführt und wollen dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Für die Bürger, vor allem für die Sparer ist die Geldpolitik kein Rettungsanker, im Gegenteil: Null- und Negativzinsen enteignen sie schleichend und zehren die Rücklagen für die Altersvorsorge auf. Gleichzeitig bleiben Staatsanleihen massiv überbewertet. Politiker möchten die ‚Preisblasen‘, die auch Immobilen und Aktien erfasst haben, nicht zum Platzen bringen. Es würde auch ihr Scheitern signalisieren. Die Folge ist aber, wie bereits erwähnt, dass die marktwirtschaftlichen Preissignale nicht mehr funktionieren. Bürger werden – auf die Erhaltung viel zu hoher Preise spekulierend – dazu ermuntert, auf Pump z.B. zu teure Immobilien zu kaufen. Das verschärft die Krise und führt weiter weg von Marktwirtschaft und hin zu immer mehr staatlichem Dirigismus.
Maßlosigkeit in der Politik und Gesellschaft
Auch die planwirtschaftlich anmutenden Überregulierungen nach dem Ausbruch der Finanzkrise schaffen ein abschreckendes Umfeld. Von einer langfristig ausgerichteten Ordnungspolitik, bei der der Staat sich zurücknimmt und als fairer Schiedsrichter agiert, hört man dagegen immer weniger. Ludwig Erhard kritisierte Maßlosigkeit in der Politik und Gesellschaft, heute würde er vermutlich drastischere Formulierungen wählen. Als Fußballfan erklärte er seine Vorstellung des politischen ‚fair play‘ so: Politiker sollten wie der Unparteiische handeln und die Regeln vorgeben, und nicht selber mitspielen.
Die Aushöhlung der Marktwirtschaft ist m.E. ohne die zunehmenden demokratischen Mängel undenkbar, sie verdienen mehr mediale Aufmerksamkeit. Es fehlt eine offene Streitkultur. Wer kritisiert in Deutschland noch, dass Politik zunehmend in Hinterzimmern und nicht mehr transparent in Parlamenten stattfindet? Wer hinterfragt noch die ‚GroKo‘? Die kleinen Oppositionsparteien sind viel zu schwach. Außerdem sind sie wie die Linke oder die Grünen auch keine Parteien, die sich für Ludwig Erhards demokratisch-marktwirtschaftliche Konzeption einsetzen.
Über allem thront die Kanzlerin mit ihren spontanen und für die Gesellschaft teuren Alleinentscheidungen, so bei der so genannten ‚Energiewende‘ mit dem überraschenden beschleunigten Atomausstieg nach dem Unfall in Fukushima und ihrer fragwürdigen Migrationskampagne, die medial als neue Jahrhundertaufgabe gepriesen wird. Ist das der neue Politikstil, der von den Medien vielfach zu unkritisch verbreitet wird? Regieren mit Propagandaslogans wie Merkels: ‚Wir schaffen das!‘ Es fehlen jegliche Voraussetzungen, um etwas zu schaffen, was rechtlich nicht geboten und nie gesellschaftlicher Konsens war. Diese autokratisch von der Kanzlerin „verordnete Aufnahme“ von Menschen völlig anderer Kulturen und Ethnien stellt das Land vor eine Zerreißprobe. Ohne Arbeitsperspektive lässt sich die große Zahl von Migranten jedoch nicht integrieren, sondern allenfalls der Mangel verwalten.
Die noch arbeiten, werden durch viel zu hohe Steuern belastet
Das wäre dann wie in zweifelsfrei totalitären Regimen. Es wird autokratisch geführt und wenn es nicht rund läuft, wird Verantwortungsverschleierung betrieben. Der Niedergang der Werte erfasst dann auch die gesamte Gesellschaft. Der Rechtsstaat wandelt sich nach und nach zu einem Willkürstaat. Jeder nimmt sich, was er möglichstleistungslos bekommen kann. Statt Eigenverantwortung verlässt man sich lieber auf Stütze durch die öffentliche Hand. Die noch arbeiten, werden durch viel zu hohe Steuern belastet. Die untere Mittelschicht wird nach unten abgedrängt und ist gezwungen, immer mehr Billigware zweifelhafter Herkunft zu kaufen, um über die Runden zu kommen. Die Souveränität der Konsumenten, die über verbesserte Güterqualität einen nachhaltigen Nutzen haben sollten, wird dann immer mehr eingeschränkt. Nach Ludwig Erhard sollten aber zuerst und nicht zuletzt die damals noch so genannten ‚kleinen Leute‘ von der Marktwirtschaft profitieren. Der Staat sollte Steigbügelhalter für ihren Aufstieg u.a. durch niedrige Steuern und Sparförderungsein. Ein faires Wettbewerbssystem sollte ihre Teilhabe sichern. Keinesfalls sollten sie durch Alimente ruhiggestellt oder de facto gesellschaftlich ‚weggesperrt‘ werden. Erhard wollte ihnen nach der Überwindung der Diktatur in Deutschland nach 1945 ihre Würde wiedergeben und wurde mit dieser menschenfreundlichen Politik in Wahlen eindrucksvoll bestätigt.
Wir hatten das schon – in der DDR
Mit der Abkehr von marktwirtschaftlichen Prinzipien wird eine weitere Abwärtsspirale ausgelöst, die zu immer mehr Interventionismus und Staatswirtschaft führt. Wir hatten das schon. Die DDR war eine ‚verproletarisierte Mangelgesellschaft‘. Bis zur Wiedervereinigung war der Westen noch ein Gegenpol. Wenn Sozialingenieure nach wie vor auf den ‚neuen Menschen“ setzen, die Volksverdummung weitergeht und der Rechtsstaat verkümmert und so eine ‚DDR 2.0‘ geschaffen wird, werden sich viele Bürger immer mehr zurückziehen. Das zerstört dann weitere Grundfeste unserer ursprünglich freiheitlich und demokratisch verfassten Gesellschaft.
Es wird daher wieder Zeit für demokratiekonforme Reformen und damit für Ludwig Erhards freiheitssicherndes und marktwirtschaftliches Konzept. Zu fordern sind eine faire Berichterstattung und eine verbesserte Bildungspolitik nicht zuletzt auch in wirtschaftlichen Fragen. Schädliche Einflussnahmen durch Interessensgruppenbleiben viel zu oft unentdeckt. Im Zweifel müssen die Sparer, Verbraucher und Steuerzahler die Kosten für die marktwirtschaftlich verfehlte und bürgerfeindliche Politik tragen. Und dabei will ich mich hier gar nicht im Detail mit der skandalösen Vermögensumverteilung durch die Null- oder sogar Negativzinsen der EZB befassen. Das Einkommen und Vermögen von auch international gut vernetzten Anlegern und Managern bleibt relativ unangetastet, das ist der neue ‚Sozialismus für Reiche“.
Max Otte spricht treffend in seiner Streitschrift ‚Rettet unser Bargeld‘ von der Möglichkeit einer ‚reinen Machtwirtschaft‘ statt einer ‚durch Recht und Gesetz geregelten Marktwirtschaft‘. Mangelnde Preistransparenz und Desinformation, z.B.im Internet (Einschränkung der fünf Sinne durch Manipulation), sichert neue wirtschaftliche Monopolstellungen. Für die breite Masse verteilen Sozialpolitiker dann zum Ausgleich vermeintliche ‚Bonbons‘, die ordnungspolitisch mehr als fragwürdig sind.
Dr. Ulrich Horstmann ist Buchautor und Publizist (aktuelles Buch: „SOS Europa“)
Auf den Punkt.