Banken dürfen CO2-intensive Unternehmen nicht ausschließen

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Bis zu acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts müssten in Deutschland jährlich investiert werden, um die Wirtschaft klimaneutral umzubauen. Der aller größte Teil davon soll von Unternehmen kommen – doch das geht nur, wenn Banken das nötige Geld bereitstellen. Doch diese müssen immer komplexere Regulierungen erfüllen – mit gravierenden Folgen.

Eine Krise zur Unzeit: Nicht nur, dass sich die deutsche Wirtschaft mit Klimawandel, Digitalisierung, Fachkräftemangel und Deglobalisierung gleich mehreren beispiellosen Herausforderungen stellen muss. Der derzeitige Krisenmodus macht Investitionen immer teurer, gleichzeitig sind die Unternehmen hoch verschuldet. Umso wichtiger, dass die Politik die Investitionsbedingungen nicht weiter verschlechtert. Doch gerade das ist zu befürchten. Der Grund: die Bankenregulierung. Sie sieht etwa vor, dass die Eigenkapitalquoten erhöht und Risikoaktiva reduziert werden müssen. Zudem macht die EU bei den Banken Druck, ihre finanzierten CO2-Emissionen zu senken. Das hat eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) analysiert.

Bekommen gute Ideen keine Finanzierung mehr?

In der Praxis bedeutet das: Unternehmen mit hohem CO2-Fußabdruck werden für die Banken als Kunden unattraktiv – auch wenn sie bereits an klimaneutralen Technologien tüfteln, die erst in Zukunft zur Marktreife kommen. Die Folge ist, dass gute Ideen keine Finanzierung mehr bekommen. Die Banken werden so schon vor der Industrie dekarbonisiert – eine widersinnige Idee, denn gerade Unternehmen, die besonders viel CO2 ausstoßen, brauchen Geld für die Transformation, sagt das IW.

Zwar hat die EU-Kommission auf den Investitionsbedarf in Nachhaltigkeit mit einem Standard für grüne Anleihen reagiert. Doch dieser richtet sich nur an Unternehmen, die am Kapitalmarkt aktiv sind – 99,9 Prozent der Betriebe in Deutschland sind das nicht. Für sie ist nicht nur der Aufwand für eine Kapitalbeschaffung über Anleihen zu hoch, sondern auch die Emissionsvolumina. Diese liegen im Durchschnitt bei 450 Millionen Euro, was einem Vielfachen der Bilanzsumme eines kleinen und mittelständischen Unternehmens entspricht.

Mittelstand auf Hausbanken angewiesen

Gerade diese mittelständischen Unternehmen sind auf ihre Hausbanken angewiesen. Rund 60 Prozent des in Deutschland vergebenen Kreditvolumens besteht aus sehr kleinen Krediten, die von den zahlreichen regional tätigen Banken vergeben werden. Anstatt zu versuchen, die kleinen und mittelgroßen Unternehmen an den Kapitalmarkt zu bringen, sollte sich die die Politik laut IW wieder auf die Kernfunktionen des beziehungsbasierten Finanzsystems fokussieren: Banken beurteilen die Kreditrisiken ihrer Kunden und vergeben Kredite. Die Verbriefung dieser Kredite verbindet wiederum die Unternehmensfinanzierung mit dem Kapitalmarkt und hilft so, Eigenkapital für die Neukreditvergabe freizusetzen und Risiken im Finanzsystem zu verteilen. „Damit Unternehmen und Finanzwirtschaft den Strukturwandel meistern, muss die Politik Zukunftsinvestitionen erleichtern“, so Studienautor Markus Demary. „Dazu gehört auch, den Wandel nicht durch überbordende Bankenregulierung abzuwürgen. Gerade die energieintensive Industrie braucht Investitionen, die EU darf sie nicht von der Finanzierung ausschließen.“

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Bild oben: Claudia Peters auf Pixabay

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