
Barrierefreiheit im E-Commerce: Deutschlands Online-Shops vor neuer Herausforderung
Die digitale Welt sollte für alle zugänglich sein. Doch eine neue Studie zeigt: Die Mehrheit der deutschen Online-Shops ist nicht ausreichend auf die kommenden gesetzlichen Anforderungen zur Barrierefreiheit vorbereitet.
Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das im Juni 2025 in Kraft tritt, sind Online-Händler verpflichtet, ihre Websites an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen anzupassen. Eine umfassende Analyse von 2.400 deutschen Online-Shops, durchgeführt von der Berliner Agentur Buzzmatic und DataPulse Research, zeigt, wo der deutsche E-Commerce in Sachen Barrierefreiheit steht – und wo Nachholbedarf besteht.
Ein gemischtes Bild: Fortschritte und große Defizite
Die Ergebnisse der Studie sind ernüchternd: Nur 1 % der analysierten Shops erfüllen bereits vollständig die Anforderungen des BFSG. Der große Rest muss in den kommenden Monaten nachbessern, um Strafen und Reputationsverluste zu vermeiden.
Die wichtigsten Erkenntnisse der Untersuchung:
- 80,1 % der Online-Shops haben erhebliche Defizite in der Barrierefreiheit.
- 19,7 % der Shops erreichen einen Accessibility Score von 90 oder mehr Punkten (gut).
- 0,2 % der analysierten Shops erzielten kritische Werte unter 50 Punkten und sind kaum barrierefrei nutzbar.
Besonders problematisch sind laut Studie technische und visuelle Mängel:
- Fehlende Alternativtexte für Bilder (1.250 Webseiten betroffen).
- Unzureichender Textkontrast, der die Lesbarkeit beeinträchtigt (2.223 Seiten).
- Schlecht strukturierte Navigation, die Screenreader-Nutzern Probleme bereitet (2.353 Seiten).
- Buttons ohne Beschriftung, die für blinde oder sehbehinderte Nutzer nicht nutzbar sind (1.078 Seiten).
Pflicht zur Barrierefreiheit: Was das BFSG für Online-Händler bedeutet
Das BFSG verpflichtet alle Betreiber von Online-Shops, digitale Barrieren abzubauen. Wer sich nicht an die neuen Vorschriften hält, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern auch Reputationsschäden. Verbraucher und Interessensgruppen könnten mangelhafte Barrierefreiheit anprangern und so den Druck auf Unternehmen erhöhen.
Allerdings sind nicht alle Unternehmen betroffen. Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz unter 2 Millionen Euro sind von der Regelung ausgenommen. Dennoch lohnt sich die Umsetzung für alle – auch wirtschaftlich.
Barrierefreiheit als Wettbewerbsvorteil
Neben der gesetzlichen Verpflichtung bietet eine zugängliche Website zahlreiche Vorteile:
- Erweiterung der Zielgruppe: Menschen mit Behinderungen machen in Deutschland rund 10 % der Bevölkerung aus. Ihre Kaufkraft ist erheblich und darf nicht unterschätzt werden.
- Bessere Nutzererfahrung für alle: Verbesserte Lesbarkeit, klare Strukturen und leicht bedienbare Menüs erleichtern allen Kunden das Einkaufen.
- Suchmaschinenoptimierung (SEO): Google bevorzugt barrierefreie Seiten, da sie besser strukturiert und nutzerfreundlicher sind.
- Rechtssicherheit: Unternehmen, die frühzeitig handeln, vermeiden rechtliche Probleme und negative Berichterstattung.
Die Vorreiter: Diese Shops setzen bereits hohe Standards
Einige Online-Händler haben bereits hohe Accessibility-Standards erreicht. Shops wie Fielmann, Netgear und Hair-Shop.com erzielten Bestnoten mit einem Lighthouse Accessibility Score von 100. Diese Unternehmen zeigen, dass Barrierefreiheit nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Qualitätsmerkmal sein kann.
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Digitale Inklusion: Ein Wettbewerbsvorteil für Deutschland
Barrierefreiheit im E-Commerce ist nicht nur eine gesetzliche Vorgabe, sondern auch ein Gradmesser für digitale Wettbewerbsfähigkeit. Wer hier hinterherhinkt, riskiert nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern auch den Verlust von Marktanteilen.
Gleichzeitig kann Deutschland durch konsequente Umsetzung eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen – mit positiven Effekten für Wirtschaft, Innovation und gesellschaftliche Teilhabe. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob deutsche Unternehmen die Herausforderung annehmen und digitale Barrierefreiheit als Chance begreifen.
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