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Das Märchen vom reichen Deutschland – eine Quittung
Unsere politische Elite hat versagt. Jahrzehntelang haben unsere Volksvertreter sich selbst und uns an der Vorstellung des »reichen Landes« berauscht, weil sie nicht rechnen konnten oder wollten. Eine Bestandsaufnahme von Dr. Daniel Stelter.
Hinweis der Redaktion: Dieser Beitrag stammt aus 2019. Daher sind die durch die Corona-Maßnahmen veranlassten Schuldenaufnahmen und Bürgschaften auf nationaler und europäischer Ebene in Höhe mehrerer hundert Milliarden Euro noch nicht enhalten.
Wie man ein Land ruiniert, kann man an Deutschland studieren. Unsere Politiker können offensichtlich nicht rechnen und verstehen den Unterschied zwischen Einkommen und Vermögen nicht. Es gibt eine einfache Möglichkeit, politische Entscheidungen zu klassifizieren: Führen sie zu laufenden Mehrausgaben oder Einsparungen und schaffen sie künftigen Wohlstand? Oder vernichten sie ihn?
Zusammengefasst läßt sich zur deutschen Politik der letzten Jahrzehnte sagen: Der Schwerpunkt liegt auf dem laufenden Konsum. Das Sparen an den falschen Stellen geht zu Lasten künftigen Wohlstands. Der Begriff des »Kaputtsparens« hat hier seine Berechtigung.
Im Einzelnen stelle ich fest:
1. Kosten der Euro-Politik: 1000 bis 2000 Milliarden Euro
Die Verweigerung einer grundlegenden Lösung der Eurokrise hat vordergründig nur zu wenig höheren Ausgaben geführt. Es gibt sogar Beobachter, die uns einen kleinen Zinsgewinn zum Beispiel aus den Darlehen an Griechenland errechnen. Es stimmt, dass die Politik heutige Ausgaben, wie Kosten für Schuldenerlasse oder Umschuldungen, unter allen Umständen vermeidet. Zu groß ist die Angst, die Bürger würden durchschauen, dass sie am Ende selber für den Titel des Exportweltmeisters bezahlen.
Für die Privathaushalte hat die zur Stabilisierung des Euro erforderliche Null-Zinspolitik erhebliche Folgen. Da wir Deutschen überwiegend in Finanzanlagen sparen, trifft uns die Geldpolitik der EZB besonders stark. Dass der Staat umgekehrt erhebliche Einsparungen erzielt und auch die Besitzer von Sachwerten wie Aktien und Immobilien davon profitieren, wiegt dies nicht auf. In Summe dürften unsere Ausgaben – und sei es in Form von verlorenen Einkünften – höher liegen. Unzweifelhaft ist, dass diese Politik langfristig nicht nur erheblichen politischen, sondern auch wirtschaftlichen Schaden anrichtet. So oder so werden wir Forderungsverluste erleiden: über eine Transferunion, Schuldenschnitte, einen Zerfall der Eurozone oder schleichende Entwertung des Geldes in Folge anhaltender Monetarisierungspolitik der EZB. Damit ist gemeint, dass die EZB immer weiter Staatsschulden und private Schulden unter anderem von Banken aufkauft. Die Folgen dieser Politik sind umstritten, während einige Beobachter eine Hyperinflation fürchten, sehen wiederum andere keine Gefahr für den Geldwert. Allerdings kommt es auch ohne Hyperinflation zu einer schleichenden Entwertung des Geldes.
Für uns dürften die Kosten der Europolitik bei mindestens einer Billion Euro liegen, wenn man sich an dem Niveau der untragbaren Schulden in der Eurozone orientiert. Fallen die Target2-Forderungen aus, gehen weitere 1000 Milliarden verloren.
„Die Migration eine Last dar, die fast den ungedeckten Rentenversprechungen entspricht, die sie nach den Vorstellungen und Versprechen von Politikern eigentlich finanzieren sollte“
2. Kosten der Zuwanderungspolitik: 900 bis 1500 Milliarden Euro
Die Folgen unserer Art der Zuwanderungspolitik haben wir bereits gesehen. Der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen rechnet vor, dass die Gesamtkosten der Zuwanderer des Jahres 2015 über die kommenden Jahrzehnte bei fast 900 Milliarden Euro liegen werden. Sollten sich die Nachkommen dieser Zuwanderer nicht ähnlich gut in den Arbeitsmarkt integrieren wie der einheimische Nachwuchs, steigen die Kosten auf 1500 Milliarden. Angesichts der bisherigen Erfahrungen mit der Integration von Migranten aus diesen Regionen und mit Blick auf den rapiden technologischen Wandel müssen wir uns auf das schlechtere Szenario einstellen. Damit stellt die Migration eine Last dar, die fast den ungedeckten Rentenversprechungen entspricht, die sie nach den Vorstellungen und Versprechen von Politikern eigentlich finanzieren sollte.
3. Kosten für Infrastruktur: mindestens 120 Milliarden Euro. Latente Last über 30 Jahre: rund 1000 Milliarden Euro
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Die Infrastruktur verfällt zunehmend. Damit »spart« der Staat laufende Ausgaben zur Finanzierung von anderweitigem Konsum, nicht etwa, weil stattdessen in die digitale Infrastruktur der Zukunft investiert würde. Dies hat erhebliche wohlstandsmindernde Folgen. Es entstehen direkte laufende Kosten beispielsweise in Form von Staus auf den Straßen und längeren Reisewegen. Gleichzeitig steigen die Kosten in der Zukunft, weil höhere Aufwendungen zur Sanierung anfallen. Indirekt macht die unzureichende Infrastruktur den Standort weniger attraktiv für private Investitionen. Damit gehen künftige Arbeitsplätze und Einnahmen für den Staat verloren. Alleine für die Herstellung des normalen Standards der Infrastruktur dürften Investitionen in der Größenordnung von 120 Milliarden Euro erforderlich sein. Damit nicht genug. Wir brauchen ein nachhaltig höheres Ausgabenniveau, um den Standard zu halten. Legen wir dafür den OECD Durchschnitt von 3,2 Prozent vom BIP an, müssen wir unsere Ausgaben um 1 Prozentpunkt vom BIP steigern, also rund 33 Milliarden Euro pro Jahr. Drücken wir diese Last als Gesamtaufgabe über 30 Jahre aus, erreichen wir eine Zahl, die mit den Aufwendungen für die Zuwanderung vergleichbar ist: eine Billion Euro latenter Verpflichtungen, nur wenn wir uns vornehmen, unseren Investitionsstandard auf den OECD-Durchschnitt zu bringen und dort zu halten.
Nicht enthalten sind darin die Kosten für die Modernisierung der rückständigen digitalen Infrastruktur. In Deutschland sind nur 2,1 Prozent aller Anschlüsse mit Glasfaser ausgestattet, verglichen mit 22,3 Prozent im OECD-Durchschnitt. Vermeintlich ärmere Länder wie Spanien (40 Prozent) liegen deutlich vor uns. Nach einem Ranking der EU-Kommission belegen wir Platz 28 von 32! Wie wenig ernst die Regierung das Thema nimmt, erkennt man an der Zersplitterung der Zuständigkeit über verschiedene Ministerien (Innen, Wirtschaft, Verkehr) und dem Feigenblatt einer Staatssekretärin für Digitales im Kanzleramt, deren Qualifikation auf Jugendlichkeit und Vertrautheit mit sozialen Medien beruht. Auch bei den Investitionen in die nicht digitalen Bereiche haben unsere Politiker nichts gelernt. Während sie lautstark mehr Investitionen ankündigen, planen sie weitere Kürzungen. Nach dem mittelfristigen Finanzplan des Bundesfinanzministers sinken die Investitionen des Bundes bis 2022 von derzeit 37 auf dann 33,5 Milliarden Euro.
4. Latente Last des Sozialstaats: rund 3000 bis 4000 Milliarden Euro – alleine rund 1000 Milliarden aufgrund der Rentenreformen der letzten Jahre
Der Sozialstaat schafft derweil das Wunder, bei stetig steigender Beschäftigung und abnehmender Arbeitslosigkeit immer mehr Mittel zu beanspruchen. Zum Teil liegt das an den Rentenzusagen, zum weit größeren Teil an der ungesteuerten Zuwanderung. Der Hauptgrund liegt aber in der Armutsdefinition und daran, dass falsche Anreize für alle Beteiligten gesetzt werden. Neben den Betroffenen sind es die Vertreter der Sozialindustrie und die Politiker, die sich im Status quo eingerichtet haben und im Zweifel nur nach »mehr« rufen. Sozialbetrug, wie der unberechtigte oder mehrfache Bezug von Leistungen, oder die völlig widersinnige Zahlung von Kindergeld auf deutschem Niveau an 170 000 im Ausland lebende Kinder (teilweise) hier lebender Ausländer – eine Verdoppelung gegenüber 2014 – sind da nur noch störende Nebenschauplätze.
„Die Rentengeschenke, das Wort »Reformen« darf man dafür nicht verwenden, sind ein Musterbeispiel für die Verschwendung von Beiträgen und Steuermitteln“
Die Kosten des Sozialstaats sind erheblich. 2016 wurden 918 Milliarden Euro für den Sozialstaat ausgegeben, ein Anstieg um 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil am laufenden BIP betrug damit trotz Rekordkonjunktur und -beschäftigung 29,3 Prozent. Das sind die jährlichen Kosten. Die ungedeckten Verpflichtungen des Staates für künftige Renten, Pensionen und Gesundheitskosten bewegen sich bei mindestens 90 Prozent des BIP.
Die Rentengeschenke, das Wort »Reformen« darf man dafür nicht verwenden, sind ein Musterbeispiel für die Verschwendung von Beiträgen und Steuermitteln. Die Mütterrente soll Frauen dafür entschädigen, dass sie während der Zeit, in der sie Kinder großgezogen haben, kein oder weniger Einkommen erzielt haben. Dies ist sicherlich eine berechtigte Motivation. Andererseits beeinflusst diese Rente nicht das Verhalten von Frauen im gebärfähigen Alter und somit nicht die Geburtenrate, was aber das eigentliche Ziel sein sollte. Denn keiner Rentnergeneration ging es so gut wie der heutigen. Es gibt also keine Notwendigkeit, die Leistungen für diese Gruppe zu erhöhen.
Noch mehr trifft dies für die Rente mit 63 zu. In einer Gesellschaft, die vor einem dramatischen Rückgang der Erwerbsbevölkerung steht, einen Anreiz für früheren Ruhestand zu geben, ist so widersinnig, dass es jedem nüchternen Beobachter sofort einleuchtet. Mehr als eine Million Menschen haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, früher in Rente zu gehen, während gleichzeitig dem deutschen Mittelstand 65 Milliarden Euro Umsatz (und damit Einkommen für uns alle!) entgingen, weil Fachkräfte fehlen.
Sicher ist, dass diejenigen, die heute dafür bezahlen, selber niemals in den Genuss solcher Wohltaten kommen werden. Es gibt die Beitragszahler in Zukunft nicht. Zugleich erhöht die Abgabenlast den Anreiz für Leistungsträger, das Land zu verlassen, eine Tendenz, die in den kommenden Jahren noch deutlich ansteigen wird.
5. Bildungspolitik
Die deutsche Bildungspolitik ist schon legendär. Ständige Reformen und Reformen der Reformen. Abitur nach acht, dann wieder nach neun Jahren. Inklusionsklassen ohne ausreichende personelle Ausstattung, systematisches Absenken der Leistungsstandards, Flucht des Bürgertums aus dem System. Bildung als Spielfeld für Ideologen und Bürokraten. Das schulische Niveau ist im internationalen Vergleich bestenfalls mittelmäßig. Darüber dürfen einige Ausnahmen wie Bayern und Sachsen und eine leichte Verbesserung in den PISA-Ergebnissen nicht hinwegtäuschen. Im internationalen Wettbewerb geht es vor allem um die Leistungen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern. Denn diese Fächer und die darauf basierenden Studiengänge sind es, die die technologische Leistungsfähigkeit bestimmen. An der Spitze stehen hier die asiatischen Länder wie Singapur und China. Auch in der Schweiz liegt der Anteil der Spitzenleister in Mathematik bei 43 von 1000 Schülern, in Deutschland nur bei 26.
„Ein jahrzehntelanges Bemühen, jegliche Art von Elitenförderung zu vermeiden und auf Masse statt Klasse zu setzen“
Dabei geben wir durchaus Geld für das Bildungswesen aus, vieles versickert aber an den falschen Stellen. Eigeninitiative der Eltern ist gefordert, wird aber nicht gefördert. Ich erinnere mich beispielsweise daran, dass das Bezirksamt in Berlin von uns Eltern Miete forderte (und auch bekam), weil wir für die Klasse einen Kurs im Zehnfingersystem im Klassenzimmer im Anschluss an die reguläre Schulzeit organisierten.
Im internationalen Vergleich sind deutsche Universitäten mittelmäßig. Von den 100 besten Universitäten der Welt sitzen nur vier in Deutschland. Großbritannien bringt es auf immerhin acht. Wer jemals auf dem Campus einer der führenden Universitäten weltweit unterwegs war, erkennt rasch den deutlichen Unterschied zu den Einrichtungen bei uns. Das jahrzehntelange Bemühen, jegliche Art von Elitenförderung zu vermeiden und auf Masse statt Klasse zu setzen, ist hier am deutlichsten zu sehen. Mittelmäßige Universitäten und eine immer geringere Anzahl an Studenten in den für die Zukunft so entscheidenden MINT-Fächern (also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) untergraben unsere künftige Wirtschaftskraft und damit unseren Wohlstand.
6. Kosten der Energiewende: 500 bis 1000 Milliarden Euro
Energiewende: Viel wurde über Für und Wider der Energiewende geschrieben. Abgesehen davon, ob es sinnvoll ist, wegen der Katastrophe von Fukushima deutsche Atomkraftwerke abzuschalten, die zu den sichersten der Welt gehören und weder in Erdbeben- noch Tsunamigebieten liegen, bleibt die Tatsache, dass die überstürzte Entscheidung aus rein wahltaktischen Überlegungen den finanziellen Schaden potenziert hat. So wie die Griechenland-»Rettung« aus wahltaktischen Gründen verzögert (damals ging es um NRW) und damit für uns teurer wurde, müssen alle Bürger Deutschlands den Versuch, die Wahlen in Baden-Württemberg 2011 doch noch für die Union zu beeinflussen, mit höheren Strompreisen bezahlen. Die Schätzungen für die direkten Kosten der Energiewende gehen in die Größenordnung von mindestens einer halben Billion Euro. Pro Kopf der Bevölkerung fallen alleine bis 2025 6300 Euro an.
Die Folgekosten dürften noch höher sein, verfehlen wir doch die gesteckten Ziele zur CO2-Reduktion. Die Politik wird mit weiteren Eingriffen und damit einer höheren Belastung der Bevölkerung versuchen, die Folgen der eigenen überstürzten Entscheidungen zu kompensieren. Besser lässt sich nicht zusammenfassen, wie Politik in Deutschland unseren Wohlstand vernichtet.
7. Kosten für die Bundeswehr: mindestens 130 Milliarden Euro
Latente Last: 750 Milliarden Euro
Die Bundeswehr ist »eine hohle Armee in einem desolaten Zustand«, die »dringend eine Atempause« braucht, befindet der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe. Sie ist nicht in der Lage, ihre Aufgaben wahrzunehmen. Die Ausrüstung ist veraltet, nicht mehr zeitgemäß und vor allem nicht einsatzbereit. Im wahrsten Sinne des Wortes kaputtgespart. Kurzfristig braucht die Bundeswehr rund 130 Milliarden Euro, um überhaupt wieder funktionsfähig zu werden. Langfristig dürfte es angesichts der anwachsenden Aufgaben unvermeidlich sein, sich dem NATO-Ziel von Ausgaben auf dem Niveau von 2 Prozent des BIP zu beugen. Dies bedeutet einen Anstieg in Deutschland von rund 0,8 Prozent des BIP oder 26 Milliarden Euro pro Jahr. Über 30 Jahre gerechnet also weitere rund 750 Milliarden Euro an Mehrlasten, die zu schultern sind.
„Die Haltung der deutschen Politik mit Blick auf die Automobilindustrie aus wirtschaftlicher Sicht völlig unverständlich“
8. Industriepolitik
Fehlende Industriepolitik: Zweifellos sind wir in Deutschland besser gefahren mit der grundlegenden Strategie, dass der Staat keine Industriepolitik betreibt. Unsere Wirtschaft hat sich deshalb in den letzten Jahrzehnten besser entwickelt als in vielen anderen Ländern Europas und der Welt. Auf der anderen Seite ist die Haltung der deutschen Politik mit Blick auf die Automobilindustrie aus wirtschaftlicher Sicht völlig unverständlich. Wenn die Bundeskanzlerin diese Schlüsselbranche vor dem Niedergang sieht, stellt sich die Frage, was zu tun ist.
Der Wandel in der Industrie ist so grundlegend, dass wir ihn ohne staatliches Engagement vermutlich nicht bewältigen. Stattdessen konzentrieren sich unsere Politiker darauf, die Autoindustrie an den Pranger zu stellen und Strafen zu fordern. Gleiches hört man von Politikern aus Paris und Rom, deren Hersteller mindestens im gleichen Maße getäuscht haben, mit keinem Wort. Niemand käme dort auf die Idee, der eigenen Wirtschaft zusätzlich zu schaden. So wie bei uns.
9. Subventionen
Subventionen dienen mehr dem Erhalt von Vergangenem als der Unterstützung der Zukunft. Die Kohlesubventionen sind bekannt. Nach Zahlen des Bundestages wurden von 1998 bis 2017 über 40 Milliarden Euro dafür verwendet, die Förderung klimaschädlicher Kohle durch vermutlich zunehmend ausländische Arbeitskräfte in Deutschland zu subventionieren. Das ist Konsum und Wohlstandsvernichtung erster Güte. Alleine im Jahre 2017 gab die Bundesregierung 55 Milliarden Euro für Subventionen aus. Bei fast allen darf zu Recht bezweifelt werden, dass diese der langfristigen Schaffung von Wohlstand dienen. Vielmehr überwiegt auch hier der Konsum, wie Zuschüsse für Krankenkassen und Verkehrsangebote auf Länderebene. So verwundert es nicht, dass der amtierende Wirtschaftsminister Peter Altmaier, als Reaktion auf amerikanische Strafzölle auf Stahl und Aluminium, sofort weitere Subventionen in Aussicht stellte. Wiederum würde eine alte Industrie gefördert, statt in die Zukunft zu investieren. Die Liste der Verschwendung durch Subventionen ist lang und bekannt. Doch nichts tut sich. Zu groß sind der politische Druck der Lobbygruppen und die Verschleierung der wahren Kosten durch die Politik.
Wir müssen dringend umsteuern
Diese Aufzählung der Wohlstandsvernichtung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Auch im Kleinen überwiegen die politischen Eingriffe und eine Mittelverwendung, die Konsum betont. Oftmals mit guten Absichten, vergessend, dass das Gegenteil von »gut« »gut gemeint« ist. Jeder einzelne Aspekt für sich betrachtet mag ärgerlich, aber verkraftbar sein. Auch mehrere dieser Entwicklungen können wir uns leisten. Alles zusammen übersteigt die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft jedoch deutlich.
„Es fällt schwer, sich vorzustellen, wie mit dieser politischen Elite ein Neustart möglich wäre“
Überschlägig addieren sich die offenen und verdeckten Lasten auf mehrere hundert Prozent des deutschen BIP. Dies kann sich kein Staat der Welt leisten. Wir sind auf dem besten Weg, Deutschland zu ruinieren. Ein Land, welches durchaus das Zeug hat, ein »reiches« Land zu sein. Ein Land, welches mit diesem Wohlstand seinen eigenen Bürgern ein gutes Leben ermöglichen und zugleich eine helfende Rolle in der Welt spielen könnte, ist dabei, diese Fähigkeit zu verlieren. Wir müssen dringend umsteuern.
Unsere politische Elite hat versagt
Hinter der glänzenden Oberfläche unserer Wohlstandsillusion haben unsere Politiker in den letzten Jahren massive Lasten aufgebaut, die bei Weitem die Leistungsfähigkeit Deutschlands übersteigen. Würden wir sauber bilanzieren, müssten wir offen eingestehen, die Versprechungen nicht erfüllen zu können.
Noch müssen wir diesen Offenbarungseid nicht abgeben. Noch können wir also handeln. Viel Zeit bleibt uns allerdings nicht. Schon in der nächsten Rezession wird unsere Wohlstandsillusion platzen und die Verteilungskonflikte werden offen ausbrechen.
Es ist kein Zufall, dass wir uns in dieser Lage befinden. Sie ist das Ergebnis der jahrzehntelang von unseren Volksvertretern betriebenen Politik. Unsere Politiker haben:
- eine falsche Strategie für unser Land gewählt, die auf Sicherung der Absatzmärkte mittels Euro und Europa und die Finanzierung des Sozialsystems mittels Zuwanderung setzt;
- diese Strategie schlecht gemanagt, dadurch haben sie den Schaden vergrößert;
- die falschen Prioritäten gesetzt und dabei Konsum vor Investition gestellt;
- sich selbst und uns an der Vorstellung des »reichen Landes« berauscht, weil sie nicht rechnen konnten oder wollten.
Es fällt schwer, sich vorzustellen, wie mit dieser politischen Elite ein Neustart möglich wäre. Zu sehr sind unsere Politiker gefangen im eigenen Narrativ, geprägt von jahrzehntelangen Parteikarrieren, fern von wirtschaftlichem und finanziellem Verständnis. Wer dies bezweifelt, der möge nur einen Blick in die Parteiprogramme werfen und beobachten, welche Themen die politische Debatte beherrschen. Da werden die berühmten Stühle auf dem Deck der Titanic umhergerückt, während das Schiff unbeirrt Kurs auf den Eisberg hält.
„Auch bei uns wird es nicht damit getan sein, die Bundeskanzlerin auszutauschen“
In anderen Ländern gibt es den Versuch des radikalen Wandels. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat mit seiner erst kurz vor den Wahlen gegründeten Bewegung »En Marche« nicht nur den Sprung in den Élysée-Palast geschafft, sondern nebenher auch noch das etablierte Parteiensystem zerstört. Die Sozialisten sind zu einer Splitterpartei geschrumpft und die Konservativen dezimiert. Noch ist offen, ob es ihm gelingen wird, Frankreich zu sanieren. Eine Chance hat er zumindest.
Bündnis für Zukunft und Nachhaltigkeit
Auch bei uns wird es nicht damit getan sein, die Bundeskanzlerin auszutauschen. Zwar sind die größten finanziellen Schäden unter den Regierungen von Angela Merkel entstanden, doch war das nur möglich im politischen Ökosystem von Berlin. Wir brauchen einen Neustart mit unverbrauchten, undogmatischen und vor allem un-ideologischen Bürgern, die in die Politik gehen, aus echtem Interesse am Wohl des Volkes. Es wird Zeit, an das Land zu denken und nicht an die nächste Wahl und den eigenen Posten.
Mehr von Daniel Stelter bei DDW:
Dr. Daniel Stelter ist Makroökonom und Strategieberater. Als Autor zahlreicher Expertenbeiträge und aktueller Sachbücher liefert er einen unverstellten Blick auf die wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen unserer Zeit. Zudem ist er Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Forums beyond the obvious. Er war von 1990 bis 2013 Unternehmensberater bei der internationalen Strategieberatung The Boston Consulting Group (BCG). Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zählt ihn zu den 100 einflussreichsten Ökonomen Deutschlands.
Ein sehr guter Artikel der alles auf den Punkt bringt. Leider gibt es auch in der Elite des Landes Menschen, die nicht sehen, dass die Regierung Merkel das Land ruiniert hat. Sie halten sie aufgrund ihrer „besonnenen“ Art für eine sehr gute Kanzlerin. Seit Jahren sind wir auf dem Weg zur Knechtschaft in Richtung Sozialismus unterwegs. Die Folgen sind bereits jetzt absehbar.
Hervorragender Artikel. Leider wird er aber verpuffen, da wir nicht nur miserable Politiker haben, sondern, und das ist der Hauptgrund, diese auch wählen. Lieb Vaterland magst ruhig sein. Schlaf Michel schlaf!
„Die Deutsche Wirtschaft“, die BCG und die FAZ sind sicherlich Stimmen des Vertrauens. Wie Dr. Stelter selbst.
Ich bin schlicht erschüttert ob der Informationen. Trotzdem muss ich gestehen, dass ich gleich – frustriert und von der Sprach- und Gedankenpolizei sowie immer mehr Menschen allerorten, tatsächlich „ein wenig eingeschüchtert“, mich meinem beruflichen Alltag zuwenden werde. Eigentlich ist das unverzeihlich. Das mir, als überzeugter Kämpfer für unsere soziale Marktwirtschaft, das Wohlergehen der Menschen im Lande und insbesondere unserer Kinder.
Hat sie also doch recht, die Evi Hartmann, mit ihrem Buch: „Ihr kriegt den Arsch nicht hoch“ – über eine Elite ohne Ambitionen?
Warum greift ein brillanter Mann wie Merz diese Themen nicht auf und greift die Verantwortlichen an. Ich würde folgen und auch führen.
P.S. Sie können jedes Wort von mir unter meinem Namen mit allen Daten – so sie wollen – veröffentlichen.
Eine stechende hervorragende Analyse des totalen Staatsversagen der Bundeskanzlerin, wobei sich diese Liste
noch beliebig fortsetzen lassen würde.
Es fehlt noch der Punkt der „Gleichschaltung“ der Medien hin
zu einer totalen Gesinnungsdiktatur wie schon mal gehabt und das gesellschaftspolitische Versagen der großen Kirchen.
Der Abgrund war noch nie so nahe.
Wer kann dieses Land nur noch retten? Der aufrechte und
unideologisierte Bürger mit Fachwissen und Courage.
Bis auf die „klimaschädliche“ Kohle kann ich das alles unterschreiben, was Stelter sagt. Wir brauchen vor allem eine Politik, die sich mit Tatsachen beschäftigt und diesen ins Auge sieht statt Utopien und Angstträume vor CO2, Stickoxyden und Feinstaub zu bearbeiten. Dazu muß der Laden in Berlin aber grundlegend aufgeräumt und umbesetzt werden. Leider wird das durch die ganze Parteinetzwerke und Postenjäger verhindert. Es geschieht dort nichts Inhaltliches mehr, sondern es werden nur Baustellen verwaltet, die nicht vorankommen.
[…] Alles lesen bei “Die Deutsche Wirtschaft“ […]
mit grosser Wut und Trauer sehe ich das genauso seit vielen Jahren. Aber mit anderen Bürgern darüber reden…ist zu 99% sinnlos.Motto: Mutti macht das gut. Denn meine Rente (Peanuts)kommt jeden Monat…und ähnlichen Blödsinn. Oder: Dubist sooo negativ..
Gottlob bin ich 73 und kann trotz 520Rente(560an PKV AXA) ganz gut wg. Vermögensbildg. existieren.Daher stimm der Aufsatz bei Rente nicht: 12 Mio Rentner sind bei -angebl. netto-950monatlich.Nur Pensionisten (wieso eigentl. ) haben etwa da 3fache!!!
Die Analyse des Herrn Dr. D.Stelter ist eine zutreffende, jedem Volkswirt einleuchtende Darstellung der Unverfrorenheit deutscher „Spitzenpolitiker“ seit etwa 25 Jahren, dem dümmlichen, in hiesigen Schulsystemen wegen des Grundsatzes „jeder Schüler muß optimal und deshalb auch zum Nachteil wirklich Begabter „mitgenommen werden“ im unteren Bildungsniveau verhafteten Bürger entgegen „klarem Menschenverstand“ reale Aufwendungen des deutschen Volkes zu Sicherstellung seiner eigenen und zukunftsorientierten Existenz verschwiegen oder „geschönt“ dargestellt haben, die tatsächlich aber erforderlichen Ausgaben trotz genauer Kenntnis verschwiegen haben.
Das grenzt nicht nur an, es ist bewußter Betrug, für den Kanzler/in und Finanzpolitiker lebenslang hinter Gittern verschwinden müssten. Leider ist das mit der verfilzten Justiz und dem Einfluss der „Netz- und Seilschaften“ nicht zu erreichen, es wäre ja auch selbst im Falle des Vollzugs zu spät und der angerichtete Schaden nicht zu korrigieren, geschweige denn, zu beheben. Die Selbstgefälligkeit, mit der Politiker und Staatsorgane im Widerspruch zu geleisteten Eiden nur Eigeninteressen, Machterhalt und Unfähigkeit postulieren, führt, wie in der deutschen Vergangenheit schmerzlich bewiesen wurde, zu unsäglichem Leid für die nicht geführten (Politik), sondern verführten Bürger. Entsetzliche Folge ist der beginnende Wechsel politischer Gewalten und Systeme.
Die im Verhältnis zu normalen Arbeitnehmern hoch dotierten Volksvertreter (Arbeitnehmer im Auftrag des Volkes) werden trotz der Schelte für ihre Fehlleistungen mangels bildungsferner Einschätzungen realer Sachverhalte eine Änderung Ihrer Pflichten nicht vornehmen, sie sollten sich zumindest derer schämen.
Stelter schreibt immer dasselbe und ist so naiv noch zu glauben, dass die Politik was am Zustand ändern wird.
Heutige dt. Politiker sind Frühstücksdirektoren, die teure Berater der Reichen und Mächtigen beschäftigen, die ihnen sagen, was sie zu tun haben.
…wo nur kommt all das Geld her? ,wenn ich mich verwirtschafte bin ich Pleite! Als Unternehmerin bekomme ich keine Kredite oder Zuwendungen, arbeite ich nicht kann ich nicht essen ,da sollten wir hin ,dennoch sozial gerecht vor allem nachhaltig….
Ein großes großes großes Lob an Herrn Dr. Stelter. Sehr gute Darstellung der IST-Situation! Diese ca. 20 Seiten sollte sich jeder politisch engagierte, aber am wirtschaftlichen Geschehen nicht wirklich involvierte auf der Zunge zergehen lassen und, idealerweise, einiges an Daten mit in seine Überlegungen mit einbeziehen.