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Das Management-Dilemma
Seit es Management als Disziplin gibt, hat sich diese schwerpunktmäßig auf Weisung und Kontrolle fokussiert. Es existieren keinerlei Managementbücher zum Führen von Schattenorganisationen – und nur vereinzelte zum Überleben in Schattenorganisationen.
Zu agilen Organisationskonzepten wurden zwar erste Publikationen verfasst, diese nehmen jedoch zu wenig Bezug auf die Überforderung, die bei der Einführung agiler Konzepte entstehen kann – und in der Realität häufig entsteht. Die Aus- und Weiterbildung an den Hochschulen lehrt weiterhin vorrangig – wenn nicht sogar ausschließlich – das Managementkonzept nach Weisung und Kontrolle. Das führt zwangsläufig zu einer eingeschränkten Wirkung von Management – und sogar zu einem verengten Blick auf Organisationen und deren Herausforderungen.
Vorgesetzte treten an die Stelle von Eltern und Lehrern
Die klassischen Managementkonzepte und Werkzeuge basieren auf einer Welt, in der Weisung und Kontrolle optimal funktionieren. Vorgesetzte planen, verteilen und koordinieren Arbeit. Sie messen Leistung nach vordefinierten Zielen, die von oben vorgegeben und auf die untergeordneten Ebenen heruntergebrochen werden. Vorgesetzte sind die Gralshüter für die Karriere ihrer Mitarbeiter. Sie bestimmen Lohnentwicklung und Beförderungen. Sie lösen Konflikte. Sie treten an die Stelle der Eltern in der Kindheit und der Lehrer in der Schule. Sie steuern das Team und notfalls jeden einzelnen Mitarbeiter.
Obwohl diese Art der Führung in bestimmten Konstellationen nicht gut funktioniert, ergeben sich viele Mitarbeiter in diese Organisationsform. Sie haben gelernt, die Problemlösung nach oben zu delegieren – sei es aus Bequemlichkeit oder weil ihre Entscheidungen häufig von Vorgesetzten kritisiert und nicht selten revidiert werden. Warum also sollten sie mitdenken und sich gestaltend einbringen? Dies wird meist nicht honoriert und manchmal gar abgestraft.
Die klassischen Führungskonzepte basieren auf der Anweisung von Mitarbeitern sowie der Kontrolle und dem Eingreifen bei Abweichungen. Ein Beispiel hierfür ist die Führung nach dem Ausnahmeprinzip (Management by Exception), die dieses Verständnis verinnerlicht hat. Vorgesetzte sind grundsätzlich für alles verantwortlich. Sie delegieren lediglich Routineaufgaben an die Mitarbeiter. Falls die Ausführung dieser Routineaufgaben nicht gemäß der Vorgaben erfüllt wird, werden Vorgesetzte vom Kontrollsystem benachrichtigt und greifen rettend ein. Für alles, was über Routineaufgaben hinausgeht, bleiben damit einzig die Vorgesetzten entscheidungsbefugt.
Führung und Organisation hinken den technologischen Entwicklungen hinterher
Sobald Probleme im Unternehmen identifiziert werden, sind – gemäß diesem Konzept – die Führungskräfte für die Lösung zuständig. Dafür wurden sie eingestellt und dafür werden sie bezahlt. Die möglichen Lösungen stammen erneut aus dem Werkzeugkasten von Weisung und Kontrolle: Neugestaltung oder Optimierung von Prozessen, von oben ausgerufene strategische Initiativen, verordnete Ausbildungsprogramme, Veränderung von Zuständigkeits- und Aufgabenbereichen, Umstrukturierungen, Verlagerungen, Einstellungen, Entlassungen und vieles andere mehr. Diese Werkzeuge haben sich bewährt und sind ebenso gerechtfertigt, wie der Einsatz einer Zange für den Zahnarzt oder einer Knochensäge für den Chirurgen.
Wir alle wissen, dass im medizinischen Bereich die Instrumente kontinuierlich ausgebaut, verfeinert und modernisiert wurden. Das Instrumentarium für Führung und Organisation hingegen hinkt den technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen hinterher. Zur erfolgreichen Bewältigung der Herausforderungen von heute und morgen sind die überlieferten Instrumente teils unpassend, teils gänzlich ungeeignet. Es mangelt an modernen Konzepten und passenden Werkzeugen im Unternehmensalltag, um mündige Mitarbeiter einzubeziehen. Erschwerend kommt hinzu, dass blinde Flecken in der Wahrnehmung und dem Verständnis der Problematik existieren. Doch dazu in den kommenden Kolumnenbeiträgen mehr.
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