Ein neuer Versuch, den „neuen Menschen“ zu erschaffen

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Alles, was irgendwie über den Durchschnitt hinausragt, sei dies Reichtum oder besonders gutes Aussehen, gilt Egalitaristen als verdächtig. Und wie im Bereich der Wirtschaft und des Sozialen, soll auch hier der Staat regulierend mit Ge- und Verboten eingreifen.

Von Dr. Dr. Rainer Zitelmann

Heather Widdows, deren Buch Perfect Me. Beauty as an Ethical Ideal bereits 2018 erschien, gilt weltweit als führende Kritikerin des herrschenden Schönheitsideals. Sie sprach im März 2022 sogar vor dem britischen Parlament und im Rahmen der Untersuchung „Der Einfluss des Körperbildes auf die psychische und physische Gesundheit“ des Health and Social Care Committee.

Widdows kritisiert die „vielfältigen und weitreichenden Schäden, die das Schönheitsideal verursacht“, so „die Normalisierung von Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper“. Appelle an einzelne Frauen oder Männer, dem Aussehen weniger Bedeutung beizumessen, lehnt sie ab – wahrscheinlich aus der Einsicht, dass solche Appelle weitgehend ohne Folgen bleiben.

Staatliche Regulierungen und Verbote

Ihre zentrale These ist: „Nur gemeinsames Handeln kann etwas verändern. Und wenn wir die Schäden und Kosten des unmenschlichen und unterdrückenden Schönheitsideals abmildern wollen, müssen wir uns als Gesellschaft darauf konzentrieren.“ Mit „kollektiven“ Antworten meint sie in Wahrheit staatliche Regulierungen und Verbote, so zum Beispiel:

„Man könnte Bilder, Werbung und die Darstellung von Schönheit regulieren – etwa indem man einschränkt, was gesagt oder suggeriert werden darf, was Schönheitspraktiken bewirken können.“ Denkbar sei es beispielsweise, in Schönheitsanzeigen nur noch „sachliche Aussagen“ zu erlauben oder Unternehmen zu verpflichten, „Warnhinweise zur Gesundheit“ anzubringen – ähnlich wie bei der Zigarettenwerbung.

“Es handelt sich im Kern um ein groß angelegtes, staatliches Umerziehungsprogramm”

Zudem gehe es darum, Gesichter oder Körper abzubilden, die nicht dem gängigen Schönheitsideal entsprechen. „Wenn wir alle häufiger unterschiedliche Körper und Körperformen sehen würden, fühlten wir uns vielleicht weniger unzulänglich. Es gibt viele Vorschläge, wie das umgesetzt werden kann, und die meisten konzentrieren sich darauf, mehr Vielfalt zu zeigen – durch eine größere Bandbreite an Größen und indem die Schönheitsindustrie dazu bewegt wird, vielfältigere Erscheinungsbilder zu fördern.“ Mit „bewegen“ meint sie in Wahrheit staatliche Vorgaben, denn als positives Beispiel nennt sie: „In Argentinien gibt es Gesetze zur Körpergröße von Models und zu den Konfektionsgrößen, die Läden anbieten müssen.“ Außerdem solle Body Positivity in den schulischen Lehrplan aufgenommen werden.

Rainer Zitelmann ist Autor des Buches “2075. Wenn Schönheit zum Verbrechen wird”, das die Etablierung einer Gleichheitsdiktatur beschreibt, die sich gegen „Superschöne“ richtet.   Leseproben

Sie fügt hinzu: „Ich weiß nicht, was man sonst noch tun könnte – ich habe (halb im Scherz) gesagt, man solle Bilder von ‚normalen‘ Brüsten an jeder Bushaltestelle und auf jedem Werbeplakat anbringen.“

Wie bei allen Egalitaristen handelt es sich im Kern um ein groß angelegtes, staatliches Umerziehungsprogramm. Offenbar glaubt sie, das Empfinden, welcher Busen als schön empfunden wird und welcher nicht, könne durch solche Propagandakampagnen beeinflusst werden. In den Schulen, für die Werbung und zunehmend in allen Lebensbereichen soll der Staat faktisch gegen das Schönheitsideal ankämpfen oder es gegen ein anderes ersetzen.

Wenn der Staat neue Normen setzt

Das dürfte ein vergebliches Unterfangen sein, denn aus der wissenschaftlichen Attraktivitätsforschung wissen wir, dass die Meinungen der Menschen darüber, was schön ist und was nicht, viel näher beieinander liegen, als es der Spruch „Schönheit liegt im Auge des Betrachters“ vermuten lässt.

Es ist ein Merkmal aller egalitären Ideologien, dass am Ende ein „neuer Mensch“ geschaffen werden soll – und zwar dadurch, dass der Staat neue Normen setzt und die Menschen entsprechend indoktriniert. Dieses Konzept ist immer wieder gescheitert, die zahlreichen sozialistischen Experimente sind ein Beispiel dafür.

Wenn Firmen von Ideologen ermutigt werden, Kampagnen mit Bildern durchzuführen, die vom Publikum abgelehnt werden, führt das zu wirtschaftlichen Verlusten. Ein Beispiel ist die Rasierermarke Gillette Venus. Im Rahmen einer Body-Positivity-Offensive zeigte die Marke vor einigen Jahren auf ihren Social-Media-Kanälen eine stark übergewichtige Influencerin im Bikini. In den Monaten nach der Kampagne sanken die Verkaufszahlen in mehreren Kernmärkten spürbar. Ideologen lassen sich durch so etwas nicht beirren. Ihre Reaktion ist meist, dass man verstärkte Anstrengungen bei der staatlich organisierten oder staatlich geförderten Umerziehung unternehmen müsse.

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Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker – und war auch als Unternehmer und Investor erfolgreich. Er hat 29 Bücher geschrieben und herausgegeben, die in über 30 Sprachen übersetzt wurden (“Weltreise eines Kapitalisten“, “Warum Entwicklungshilfe nichts bringt und wie Länder Armut wirklich besiegen“, “Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten“). Sein jüngstes Buch ist der Anti-Woke Roman „2075. Wenn Schönheit zum Verbrechen wird“.

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