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Deutsche Arbeitnehmer immer unzufriedener
Die emotionale Bindung deutscher Beschäftigter bricht ein, die Zahl der inneren Kündiger ist so hoch wie zuletzt 2012. Es sind nur noch 25 Prozent der deutschen Arbeitnehmenden mit der direkten Führungskraft rundum zufrieden.
Corona, Lieferkettenprobleme, Inflation, Energiekrise, höhere Produktionskosten und Fachkräftemangel: Der Dauerkrisenmodus, in dem sich deutsche Unternehmen befinden, hinterlässt Spuren. Während der Anteil der Beschäftigten mit hoher emotionaler Bindung in den Pandemiejahren 2020 und 2021 mit jeweils 17 Prozent ein Rekordhoch erreicht hatte, ist er 2022 mit lediglich 13 Prozent deutlich eingebrochen. Gleichzeitig ist die Anzahl der Arbeitnehmer, die im Job innerlich gekündigt haben, auf 18 Prozent gestiegen und erreicht damit den höchsten Wert seit 2012 (2021: 14 %). Diese Ergebnisse gehen aus dem Gallup Engagement Index 2022 hervor, der seit 2001 jährlich erhoben wird. Die Langzeitstudie misst die emotionale Bindung von Beschäftigten an ihren Arbeitgeber und gehört zu den wichtigsten Indikatoren für die Führungskultur und das Arbeitsumfeld in Deutschland.
Während Unternehmen zu Zeiten der Pandemie offensichtlich einen stärkeren Fokus auf ihre Mitarbeiter gelegt und damit die emotionale Bindung ihrer Beschäftigten positiv beeinflusst haben, ist diese zuletzt deutlich gesunken. Nur noch 13 Prozent der Befragten erleben ein durch Führung geprägtes Arbeitsumfeld, das in einer hohen emotionalen Bindung resultiert (2021 und 2020: jeweils 17 %, 2019: 15 %). Mit 69 Prozent macht der überwiegende Teil der Arbeitnehmer Dienst nach Vorschrift. Der Anteil derer, die keine emotionale Bindung aufweisen und bereits innerlich gekündigt haben, liegt bei 18 Prozent (2021: 14 %, 2020: 15 %, 2019: 16 %). Damit verursachen sie (aufgrund von Produktivitätseinbußen) volkswirtschaftliche Kosten, die sich auf eine jährliche Summe zwischen 118,1 und 151,1 Milliarden Euro* belaufen.
„Es scheint, dass sich Führungskräfte im vergangenen Jahr stärker um das Managen von Krisen gekümmert haben als um ihre Beschäftigten. Diese sind nach Corona wieder ein Stück weit vom Aufmerksamkeitsradar verschwunden“, so Marco Nink, Director of Research & Analytics von Gallup EMEA.
Wechselbereitschaft auf Rekordniveau
Als Konsequenz der niedrigen emotionalen Bindung und der für Beschäftigte guten Lage am Arbeitsmarkt nimmt auch die Bereitschaft zum Jobwechsel zu, die vor allem im Fünf-Jahres-Vergleich Sprengkraft birgt. Beabsichtigten 2018 noch 78 Prozent der Befragten uneingeschränkt, in einem Jahr noch bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber zu sein, ist der Wert 2022 auf 55 Prozent geschrumpft (2019: 73 %, 2020: 61 %, 2021: 60 %). Bei der mittelfristigen Wechselbereitschaft – also einem weiteren Blick in die berufliche Zukunft – sind die Aussichten noch schlechter: Waren 2018 noch zwei von drei Beschäftigten fest davon überzeugt, in drei Jahren noch für ihren aktuellen Arbeitgeber tätig zu sein (65 %), sind es jetzt nur noch 39 Prozent (2019: 58 %, 2020: 50 %, 2021: 44 %). Diesen Umstand nutzen auch Headhunter und Personalberater für sich. Nachdem sie im Zeitraum von 2010 bis 2019 nur zwischen 12 und 16 Prozent der Befragten kontaktiert hatten, sind sie weiterhin aktiv: 27 Prozent der Arbeitnehmer gaben an, auf diesem Weg ein Jobangebot erhalten zu haben (2021: 31 %).
„Wir sehen massive Umwälzungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt“, so Pa Sinyan, Managing Partner von Gallup EMEA. „Die Wechselbereitschaft nimmt konstant zu, Beschäftigte schätzen ihre Aussichten in einem für Unternehmen herausfordernden Umfeld so positiv ein wie selten zuvor. Unternehmen, die jetzt nicht gezielt gegensteuern, werden ins Schleudern geraten und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig gefährden.“ Marco Nink ergänzt: „Von denjenigen, die in einem Jahr nicht mehr bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber sein möchten, ist jeder Fünfte (20 %) bereits aktiv auf Jobsuche, weitere 41 Prozent hören sich um. Das trifft sowohl auf Beschäftigte mit der Möglichkeit, remote zu arbeiten, als auch auf Beschäftigte mit einem festen Arbeitsplatz vor Ort zu: Beide Gruppen sind offen für einen Wechsel.“
Vertrauen in Unternehmen im Sinkflug, Zufriedenheit mit Führungskräften niedrig
Uneingeschränktes Vertrauen in die finanzielle Zukunft ihres Unternehmens haben dabei in diesen schwierigen Krisenzeiten nur noch 41 Prozent der Befragten (-5 % ggü. Vorjahr). Auch die Zuversicht, dass die Geschäftsführung künftige Herausforderungen erfolgreich meistern wird, hat gelitten. Nur noch 29 Prozent der Befragten trauen ihr das zu (2019: 41 %, 2020: 36 %, 2021: 34 %). Die direkte Führungskraft spielt in unruhigen Zeiten wie diesen eine besonders wichtige Rolle. Allerdings ist nur ein Viertel der Beschäftigten mit ihr äußerst zufrieden (25 %), fast vier von zehn Befragten (38 %) sehen hier Nachholbedarf. Gleichzeitig sagen nur 33 Prozent, dass Informationen zu Entwicklungen im Unternehmen optimal weitergegeben werden, ähnlich niedrig (30 %) liegt die Zahl derjenigen, die angeben, dass ihre Führungskraft immer erreichbar sei und sich Zeit nehme. Lediglich 34 Prozent fühlen sich von ihr ausreichend unterstützt, und nur 14 Prozent inspiriert, Dinge zu tun, die sie sich zunächst nicht zugetraut hätten. „Die Daten deuten darauf hin, dass es bei Führungskräften erhebliches Potenzial gibt, Beschäftigte so zu führen, dass sie ihren Job besser machen können und motiviert zur Arbeit gehen. Sie zeigen aber auch, dass sich hohe Zufriedenheit mit der Führungskraft positiv auf die emotionale Bindung zum Unternehmen auswirkt. Zu viele Vorgesetzte legen allerdings immer noch den Schwerpunkt auf die Schwächen ihrer Beschäftigten statt auf ihre Stärken und positiven Eigenschaften“, sagt Marco Nink.
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Seit dem Jahr 2001 erstellt Gallup jährlich anhand von zwölf Fragen zum Arbeitsplatz und -umfeld, den sogenannten Q12®, den Engagement Index für Deutschland. Die Studie gibt Auskunft darüber, wie hoch der Grad der emotionalen Bindung von Mitarbeiterenden und damit das Engagement und die Motivation bei der Arbeit ist. Für die jüngste Untersuchung wurden zwischen dem 14. November und 21. Dezember 2022 insgesamt 1.500 zufällig ausgewählte Arbeitnehmende ab 18 Jahren telefonisch interviewt. Gallup ist ein forschungsbasiertes Beratungsunternehmen an der Schnittstelle zwischen Ökonomie und Psychologie. Durch kontinuierliche Forschung in über 150 Ländern und mehr als 85 Jahren Erfahrung in der Verhaltensökonomie verfügt Gallup über ein umfassendes Wissen zu den Einstellungen und Verhaltensweisen von Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten.
Und woher kommt diese Entwicklung? Sicher nicht (nur) vom Anspruchsdenken der vielgescholtenen GenZ. Auch für diese Entwicklung gilt weiterhin der Grundsatz: „Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken“ Und der gilt um so mehr für Großunternehmen und Konzerne, die mit falscher Mitarbeiterführung leider auch zunehmend den Mittelstand schädigen. Das sagt keiner der GenZ sondern jemand, der auf über 40 Jahre Berufsleben mit Managementerfahrung zurückblickt.