![](https://ddwcdn.b-cdn.net/wp-content/uploads/2016/08/DeutscheWirtschaft_Kolummneng_grTeaser_Arnold-807x538.jpg)
Die Dimension Mitarbeiter: Wie wir uns zu Gestaltern befähigen
Mitarbeiter müssen jederzeit über hinreichende und fundierte Informationen verfügen, um selbst gestaltend tätig werden zu können. Dazu zählt nicht nur die regelmäßige Kommunikation der wichtigsten Entwicklungen und Entscheidungen innerhalb des Unternehmens.
Transparenz
Zentral ist eine allen gleichermaßen bekannte und von allen getragene Absicht (Sinn und Zweck) des Unternehmens. Ebenso zählt eine gute Informationsinfrastruktur dazu, mithilfe derer Mitarbeiter nach Bedarf auf konkrete Daten zugreifen können – ein Intranet mit Zugriff auf Finanzkennzahlen, Markt- und Produktdaten, Kunden- und Mitarbeiterinformationen. Ohne eine solche Infrastruktur sind viele neue Organisationsformen nicht denkbar. Jedes Unternehmen muss selbst ein Gleichgewicht finden zwischen Wahrung der Vertraulichkeit und größtmöglicher Transparenz. Noch tendieren Unternehmen dazu, nur so viel Informationen zu teilen als nötig. Künftig muss das Prinzip lauten: So viel Informationen als möglich teilen.
Vertrauen
Ohne einen Vorschuss an Vertrauen in die grundlegend positiven Absichten können Mitarbeiter nicht als Gestalter tätig werden.20 Das bedeutet keinesfalls blindes Vertrauen. Bei der Ausgestaltung von Regeln und Vorgaben muss jedoch davon ausgegangen werden, dass der Großteil der Mitarbeiter Gutes im Interesse des Unternehmens im Sinn hat. Eine Kontrolle der Arbeit von Mitarbeitern in allen Einzelheiten ist in der Wissensgesellschaft ohnehin kaum möglich.
Viele der heute großen Internetplattformen wie Wikipedia, Ebay, Tripadvisor wären ohne konsequentes Vertrauen in die Endbenutzer niemals erfolgreich geworden. Sie müssen aber auch klare Regeln einführen und umsetzen. Mitarbeiter müssen darauf vertrauen können, dass schädliches Verhalten nicht toleriert wird und Konsequenzen zur Folge hat. Unternehmen investieren meist viel Energie und Aufmerksamkeit in die Prävention negativen Verhaltens. Damit erschweren sie deutlich mehr positives Verhalten, als sie negatives Verhalten tatsächlich verhindern. Wir müssen deshalb den Mut haben, den Fokus umzukehren und uns darauf konzentrieren, positives Verhalten zu erleichtern und zu unterstützen.
Einbezug
Sie können Mitarbeiter auf vielfältige Weise einbeziehen, z.B. indem Sie vor Entscheidungen ihre Meinung einholen und berücksichtigen. Sie können sie (mit)entscheiden oder ihre eigene Arbeit (mit)gestalten lassen oder sie in unternehmensweite, strategische Prozesse involvieren. Ein solches Vorgehen bedeutet keinesfalls einen Machtverlust der Führungskraft. Es ist vielmehr eine andere, neue Form der Machtausübung, die auf die Illusion von Macht verzichtet. Das Machtverständnis wandelt sich von einer befehlenden Entscheidungsmacht hin zu einer unterstützenden Überzeugungsmacht.
Unternehmen praktizieren bislang meist einen Wenn-es-nicht-mehranders-machbar-ist-Ansatz – sie handeln nur dann, wenn der Druck des Marktes den Einbezug von Mitarbeitern für agileres Handeln erzwingt. Ohne freiwilliges Engagement der Mitarbeiter werden Unternehmen die Zukunft nicht überleben. Freiwilliges Engagement entsteht jedoch nur durch Einbezug.
Fehlertoleranz
Mitarbeiter machen Fehler, ebenso wie Vorgesetzte Fehler machen. Fehler sind menschlich. Ein oder auch mehrere Fehler dürfen keinesfalls dazu führen, die Grundsätze der Mitgestaltung in Frage zu stellen. Nur durch Fehler kann Neues entwickelt und erlernt werden. Niemand muss applaudieren, wenn Fehler passieren. Fehler müssen jedoch als notwendige Begleiterscheinung von gestaltenden Mitarbeitern akzeptiert und positiv für das Lernen genutzt werden.
Unternehmen tendieren dazu, Fehler möglichst zu vermeiden, da diese Kosten und Risiken bergen. In Bereichen, in denen es um die Sicherheit von Menschen geht, ist dies absolut gerechtfertigt und wichtig. Es gibt jedoch viele andere Bereiche, in denen der Fokus auf die Fehlervermeidung deutlich höhere Kosten verursacht als die (möglichen) Fehler selbst. Dies beinhaltet insbesondere entgangene Innovationen und nicht genutzte Geschäftschancen, die durch schwerfällige Bürokratie im Keim erstickt werden.
Kompetenz
Erst wenn alle vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, ist es sinnvoll, dass Mitarbeiter die notwendigen Kompetenzen erhalten und erlernen. Ohne die erforderlichen Rahmenbedingungen, verpufft auch die vertrauensvollste Kompetenzregelung und die beste Ausbildung. Eine gute Gestaltung lehrt uns erneut die Analogie zum Verkehr: Fußgänger erlernen Verkehrstauglichkeit als Kind durch direkte Führung ihrer Eltern – durch Beobachten und Nachahmen, durch Versuch und Irrtum. Im Individualverkehr geht es systematischer zu. Um ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen lenken zu dürfen, müssen wir einen Führerschein machen. Dieser besteht aus theoretischen Lektionen, um Regeln, Verhaltensweisen und Vorschriften kennen zu lernen. Und er besteht aus praktischer Übung, bei denen uns ein Fahrlehrer oder erfahrener Fahrer begleitet. Unsere praktische Ausbildung findet vorwiegend im realen Verkehr statt. Um in der Selbstorganisation erfolgreich sein zu können – insbesondere in größeren Organisationen – benötigen wir eingeübte Kompetenzen der Selbstorganisation.
Schreibe einen Kommentar