Die Inflation schlagen

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Nach Jahrzehnten der Stabilität erleben wir die höchsten Preissteigerungen seit den 1970er Jahren. Die Krise trifft Staat, Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen. Für viele Firmen wird es künftig schwierig, die Gewinnlinie zu verteidigen. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche Effekte die Inflation auf den Gewinn hat, um dem drohenden Wertverlust gegenzusteuern. Sonst kann es schnell zu einer gefährlichen Schieflage kommen.

Von Hermann Simon

Das Inflationsgespenst ist zurück und wird bleiben. Für Unternehmen hat sich die Welt, in der sie ihre Geschäfte betreiben, fundamental verändert. Die Liste der Herausforderungen, die zu bewältigen sind, trifft alle Funktionen im Unternehmen. Es geht dabei gleichermaßen um die Veränderung der Unternehmenskultur wie um konkrete, sofort wirkende Maßnahmen, die ich hier im Überblick darstellen will:

Bewusstsein schaffen

Mit dem Einsetzen der Inflation muss der CEO bei allen Führungskräften und Mitarbeitern das Bewusstsein schaffen, dass das Unternehmen sehr schnell in eine gefährliche Situation geraten kann und von allen Beteiligten Anpassungen erforderlich sind. Jeder im Unternehmen ist von der Inflation betroffen. Wenn sich innerhalb kürzester Zeit die kritischen Parameter der Unternehmenssteuerung wie Rohstoffkosten, Zinsen und Preise verändern, und das teilweise radikal, dann darf kein Mitarbeiter so weitermachen wie bisher. Es erscheint zudem zwangsläufig, dass die Löhne im weiteren Verlauf der Inflation den Preisen folgen werden. Der Chef oder die Chefin muss die Belegschaft auch vor Preisillusion warnen. Wenn nominaler Umsatz und Gewinn durch inflationierte Preise aufgebläht werden, der reale Gewinn jedoch stagniert oder der Economic Profit sogar sinkt, dann ist nichts gewonnen. In diesen Kontext gehört auch der Hinweis seitens der Führung, dass die letzte vergleichbare Inflationsphase mehr als 40 Jahre zurückliegt und die Mitarbeiter insofern keine eigenen Erfahrungen mit Inflation besitzen. Das erfordert Lern- und Umdenkbereitschaft. In global tätigen Konzernen lässt sich vielleicht von den Kollegen in Hochinflationsländern lernen. Man kann in diesem Sinne durchaus sagen, dass die Inflation einen Kulturwandel erfordert.

Gewinntransparenz herstellen

CEOs sollten darüber nachdenken, bei ihren Mitarbeitern höhere Transparenz zur Gewinnlage herzustellen. Denn in der Mitarbeiterschaft und im Publikum generell bestehen vielfach falsche Vorstellungen über die tatsächlichen Renditen. Mitarbeiter sind selbst Verbraucher und haben meistens keine Kenntnis von der tatsächlichen Gewinnlage ihres Unternehmens. In Verbraucherumfragen wird die Nettoumsatzrendite von Unternehmen auf 20 Prozent geschätzt. Tatsächlich erreicht die Nachsteuerumsatzrendite deutscher Unternehmen im langjährigen Durchschnitt nur 3,3 Prozent. Der Gewinnpuffer ist in den weitaus meisten Unternehmen angesichts der Inflationsgefahren äußerst dünn. Zur Gewinntransparenz gehört zudem, dass sich die Mitarbeiter nicht von inflationär aufgeblähten Umsatzzahlen täuschen lassen und verstehen, dass es darum geht, den realen Gewinn oder besser noch den Economic Profit zu verteidigen. Eine offenere Information über die bescheidene Gewinnlage wird in vielen Firmen die Bereitschaft der Belegschaft zum Wandel fördern. In diesem Sinne bietet die Inflation auch eine Chance. Denn Wandel gelingt in Krisenphasen eher als in guten Zeiten.

Funktionen zur Verantwortung rufen

Zum Kulturwandel gehören die Betroffenheit und damit Verantwortung aller Funktionen. Der Gedanke, dass nur diejenigen, die Preiserhöhungen an der Vertriebsfront durchsetzen müssen, Verantwortung für die Bewältigung der Inflationsproblematik tragen, ist irreführend. Preiserhöhungen alleine werden das Problem in den meisten Unternehmen nicht lösen. Den wenigsten Firmen gelingt es, die Kostensteigerungen voll auf die Kunden zu überwälzen. Der entsprechende Prozentsatz liegt im Durchschnitt bestenfalls in der Größenordnung von 50 Prozent. Auch die Kostenseite muss einen Beitrag zur Gewinnverteidigung leisten. Das betrifft den Einkauf, das Personalmanagement, die Produktion und nicht zuletzt das Finanzwesen. Den jeweiligen Funktionschefs obliegt es, aus dem generellen Mandat konkrete Maßnahmen für ihre jeweiligen Mitarbeiter abzuleiten. Dabei kommt es auf die Beachtung der spezifischen Situation und ihrer Ursachen an. Wir haben gesehen, dass allgemeine Indizes zu Preisen und Kosten keine brauchbaren Leitlinien für Sofortmaßnahmen bei einem bestimmten Produkt oder Service bieten. Ein auf die jeweilige Situation bezogenes, tiefes Verständnis ist erforderlich.

Agilität erhöhen

Die hier angerissenen Maßnahmen und Themen stellt der weltweit bekannte Ökonom und Unternehmensberater Hermann Simon in seinem neuen Buch zum Umgang mit der Inflation kompakt und praxisnah vor. Pflichtlektüre für Unternehmenslenker! Hardcover gebunden Erscheinungstermin: 20.07.2022, Campus Verlag

Ähnlich wie in den 1970er Jahren hat die Inflation ruckartig eingesetzt. Gleichzeitig propagierten Zentralbanken und Makroökonomen, es handele sich um ein temporäres Phänomen, das mit der Beseitigung sektoraler Engpässe verschwinde, und ließen sich viel Zeit mit ihren Reaktionen. Doch diese Erwartungen haben sich bereits nach kurzer Zeit als Illusion erwiesen und werden dies weiter tun. Es ist mit über Jahre andauernden Kosten- und Preissteigerungen zu rechnen, die irregulär und ohne große Vorankündigung kommen. Daraus ergibt sich der Zwang, die Agilität des Unternehmens durchgängig zu erhöhen. Das gilt für Informationen über Kosten genauso wie für solche über Preise.

Der Informationsagilität folgt die Aktionsagilität. Neuen Erkenntnissen müssen schnellstmöglich Taten folgen. Eine Spedition kann nicht ein Vierteljahr warten, bis sie die Kostensteigerungen bei Kraftstoffen weitergibt. Das muss sofort geschehen. Es geht darum, wie es der Aufsichtsratsvorsitzende eines Großunternehmens ausdrückt, »vor die Kostenwelle« zu kommen und nicht den Kostensteigerungen hinterher zu laufen. Wenn bisher jährliche Preisanpassungen Usus waren, wie beispielsweise bei den sogenannten »Jahresgesprächen« in der Lebensmittelindustrie, kann sich jetzt die Notwendigkeit ergeben, Preise vierteljährlich, monatlich oder in noch kürzeren irregulären Intervallen anzuheben. Zum Timing-Aspekt gehört auch die in die Verantwortung von Finanzen und Vertrieb fallende zeitliche Restrukturierung von Zahlungsströmen.

Pricing Power stärken

Pricing Power ist die Fähigkeit, bei den Kunden Preise durchzusetzen, die für die Erzielung eines angemessenen Gewinns notwendig sind. In der Inflation geht es um Preiserhöhungen, und so wird die Pricing Power zur wichtigsten Voraussetzung für Erfolg. Das Problem besteht darin, dass Pricing Power nicht kurzfristig, sozusagen aus dem Nichts, geschaffen werden kann. Man sollte aber dennoch versuchen, die Pricing Power zu verstärken. Dabei spielt der wahrgenommene Kundennutzen eine zentrale Rolle, denn er bestimmt die Preisbereitschaft der Kunden. Gelingt es, die Wahrnehmung des Nutzens zu verbessern, so steigen die Chancen für Erfolg bei Preiserhöhungen. Innovationen sind der wichtigste, aber leider nicht immer der effektivste Weg zu höherem Kundennutzen.

Kaum weniger bedeutsam ist die Nutzenkommunikation. Sie sollte sich in Krisenzeiten auf »harte« Nutzentreiber wie Wirtschaftlichkeit, geringen Energieverbrauch oder lange Lebensdauer konzentrieren. Angesichts der geänderten Umfeldbedingungen kann auch der Versuch, die Bewertungskriterien der Kunden zu verändern, erfolgversprechend sein. Ein Beispiel betrifft den Vergleich von traditionellen Öl- oder Gasheizungen mit Wärmepumpen. Zusatzservices können ebenfalls den Kundennutzen und damit die Pricing Power stärken. Die meisten der genannten Maßnahmen erfordern allerdings zusätzliche Aufwendungen und Investitionen, so dass die Potenziale unter Inflationsbedingungen begrenzt sein können. Ein weiteres Problem besteht im Zeitbedarf, der dem Postulat der Agilität zuwiderläuft. Insofern zählt vor allem die in der Vergangenheit aufgebaute Pricing Power, eine radikale und schnelle Verstärkung dürfte nur in wenigen Fällen gelingen.

Preismodelle umbauen

Der Vertriebsvorstand eines Chemiekonzerns sagte uns: »Now with high inflation is the time to change our price model. If we don’t do it now, we will never do it.« Der Mann hat Recht. Pricing spielt im Kampf gegen die Inflation eine herausragende Rolle. Die Widerstände gegen Preiserhöhungen sind gewaltig, nicht nur bei Industriegütern, sondern auch in Verbrauchermärkten. Gleichzeitig sind höhere Preise überlebensnotwendig. Deshalb muss das gesamte Instrumentarium des Pricing mobilisiert werden, um bessere Transaktionspreise zu erzielen. Dazu gehören auf der taktischen Ebene nicht nur die »platte« Preiserhöhung, sondern Preisdifferenzierung, das Angebot von Less Expensive Alternatives, die Überwindung von Preisschwellen und der geschickte Umgang mit Rabatten. Unbedingt müssen bei längerfristigen Geschäften Preisgleitklauseln eingesetzt werden. Das kann bei Neuverträgen auf sehr effiziente Weise in Form von Smart Contracts geschehen, die abhängig von externen Indikatoren automatische Preisanpassungen bewirken.

Vielversprechend sind innovative Preissysteme wie der Übergang vom ein- zum mehrdimensionalen Pricing, Bundling oder Unbundling und Pay-per-use-Modelle. Viele dieser Ansätze erlauben eine Abschöpfung von Preisbereitschaften, die seitens der Kunden auf geringere Widerstände als hergebrachte Modelle stößt. Diese Systeme können gleichzeitig positive Nebenwirkungen wie Erhöhung der Kundenloyalität, Cross Selling oder Mengensteigerung zeitigen. Allerdings erfordern komplexere Preissysteme ein höheres Informationsniveau, denn man geht an die Grenzen der Preisbereitschaft, und wenn man diese Grenzen aufgrund von Fehlinformationen überschreitet, kann es zu schweren Absatz- und Gewinneinbrüchen kommen.

Digitalisierung nutzen

Der Digitalisierung kommt in der aktuellen Inflation große Bedeutung zu. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur Inflation der 1970er Jahre. Die Digitalisierung hat eine radikale Erhöhung der Transparenz bewirkt. Das gilt am stärksten für die Preistransparenz. Aber auch die Nutzentransparenz gewinnt kontinuierlich an Bedeutung. Mit erhöhter Preistransparenz nehmen die Steigung der Preisabsatzfunktion und die Preiselastizität zu. Inflationsinduzierte Preiserhöhungen haben einen stärker negativen Effekt und lassen sich schwerer durchsetzen. Positive oder negative Nutzenbewertungen führen zu asymmetrischen Reaktionen der Nachfrage und der Preiselastizität.

Positive Bewertungen reduzieren die Preiselastizität bei Preiserhöhungen. Gilt eine Gutenberg-Funktion (siehe Abb. 7.1.), so vergrößern sie den rechten monopolistischen Bereich innerhalb dessen Preiserhöhungen den Absatz nur schwach reduzieren. Es gibt also mehr Spielraum für Preiserhöhungen. Positive Bewertungen erhöhen die Pricing Power. Für negative Bewertungen gilt das jeweilige Gegenteil. Wenn ein Angebot, etwa ein Hotel, überwiegend negativ bewertet wird, dann lässt sich das Absatzniveau selbst mit Preissenkungen kaum verteidigen. Insofern verlieren Preissenkungen bei negativer Qualitätsbeurteilung auch ihre Wirkung als Wettbewerbswaffe.

Bei digitalen Produkten mit Grenzkosten von oder nahe an Null liegt der optimale Preis beim Umsatzmaximum. Verändert sich die Preisbereitschaft nicht, so bleibt der optimale Preis unverändert. Null Grenzkosten wirken insofern inflationsdämpfend. Es entsteht jedoch ein Wachstumsdruck, da die Break-even-Mengen steigen.

Vertrieb aufrüsten

Vom Einsatz und der Leistung des Vertriebs hängt die Durchsetzung von Preiserhöhungen ab. Der Vertrieb spielt folglich für die Bewältigung der Inflationsproblematik eine zentrale Rolle. In der Inflation sollte der Vertrieb stärker zentral geführt und hierarchisch aufgewertet werden. Der CEO muss dem Vertrieb verstärkte Aufmerksamkeit widmen und Rückendeckung liefern.

Trotzdem brauchen die Vertriebsmitarbeiter vor Ort ausreichende Entscheidungskompetenzen, um vermehrte Verhandlungen von Preisanpassungen ohne organisatorische Reibungsverluste bewältigen zu können. Durch Schulung und mentale Härtung muss ein Kulturwandel bei den Vertriebsmitarbeitern erreicht werden, um so die Erfahrungslücke im Umgang mit der Inflation zu schließen.

Neben offenen Preiserhöhungen ist das Stopfen von margenfressenden Leckagen gleichermaßen wichtig. Letztlich ist die Leistung des Vertriebs am erreichten Netto-Nettissimo-Transaktionspreis zu messen. Der Vertrieb muss zudem durch die Steuerung von Zahlungszielen einen Beitrag zum inflationsangepassten Cash Management leisten.

Vorgaben und Incentivierung des Vertriebs sind den Inflationsbedingungen anzupassen. Die Kundensegmentierung und die darauf aufbauende Preisdifferenzierung sind zu schärfen. Ein Konfliktpotenzial liegt darin, dass man sich von Kunden, die sich gegen Preiserhöhungen sperren, eventuell trennen muss.

Finanzen priorisieren

Der Finanzbereich muss einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Inflationskonsequenzen leisten. Die Beachtung finanzieller Wirkungen der Inflation ist zu priorisieren. Zeitnahes Reporting ist wichtiger denn je. Das gilt gleichermaßen für kurz- wie für längerfristige Finanzdispositionen. Im Cash Management geht es darum, Forderungen möglichst schnell einzuziehen und das erhaltene Geld inflationsgeschützt zu verwalten. Ob sich hierfür auch Kryptowährungen eignen, ist eine offene Frage. Langfristig können sich Bitcoin und Konsorten als Wertspeicher erweisen. Kurzfristig sind sie hoher Volatilität ausgesetzt.

Die im Zuge der Inflation steigenden Zinsen führen im Rahmen des Discounted-Cashflow-Modells dazu, dass Einnahmen in fernerer Zukunft massiv abdiskontiert werden. Die Vorteilhaftigkeit von Investitionen hängt somit stärker als bisher vom zeitlichen Anfall der Cashflows ab. Viele der in den Jahren mit niedrigen Inflationsraten und Zinsen getätigten Investitionen würden unter den neuen Gegebenheiten nicht mehr stattfinden. Höhere Kapitalkosten WACC erschweren es, einen Economic Profit zu erzielen. Dennoch sollte dieses Ziel nicht aufgegeben werden. Die aus der Besteuerung von Scheingewinnen resultierende Finanzierungslücke lässt sich abmildern, indem in höchstmöglichem Umfang stille Reserven gebildet werden.

Kosten senken

Zur Gewinnverteidigung muss in der Inflation auch das Kostenmanagement beitragen. In der Praxis kann dieser Beitrag etwa 20 bis 30 Prozent der entstehenden Gewinnlücke erreichen. Zusammen mit der Preisseite, von der etwa 50 Prozent kommen, esultiert ein Beitrag von 70 Prozent. Die restlichen 30 Prozent müssen in vielen Fällen – zumindest vorübergehend – als Gewinnreduktion in Kauf genommen werden. Die beiden wichtigsten Kostentreiber sind die Faktoren Arbeit und Materialeinsatz. Das Kostenmanagement konzentriert sich auf den Faktor mit dem höchsten Kostenanteil. Bei niedriger Wertschöpfung wie etwa im Handel oder auch in der Autoindustrie sind das die Lieferanten. Auf sie wird bei Preisverhandlungen maximaler Druck ausgeübt. Hierbei spielt die relative Pricing Power eine entscheidende Rolle. In manchen Branchen liegt die größere Pricing Power beim Nachfrager, man spricht von Nachfragemacht.

Ist die Wertschöpfung hoch, so müssen Kostensenkungen vor allem beim Faktor Arbeit ansetzen. Auf den Preis der Arbeit, also die Löhne, haben die Unternehmen nur begrenzten Einfluss. Ihre Pricing Power wird durch den Nachwuchsmangel weiter geschwächt. Daher konzentrieren sich die Bemühungen zur Kostensenkung vor allem auf die Arbeitsmenge. Das heißt, die Inflation wird zum Abbau von Arbeitsplätzen führen. Daraus entstehen Einkommensverluste für die betroffenen Arbeitnehmer und zusätzliche Belastungen für den Staat.

Beachtung erfordert auch die aus dem Verhältnis von fixen und variablen Kosten erwachsende Risikostruktur. In Wachstumsphasen ist die Kombination von niedrigen variablen und höheren fixen Kosten vorteilhaft. In Inflationszeiten kann aus dieser Kombination ein gravierendes, mitunter existenzgefährdendes Risiko entstehen. Inflation auf der Beschaffungsseite treibt kurzfristig die variablen Kosten stärker hoch als die fixen Kosten. Damit steigt die Break-Even-Menge überproportional an. Diese Situation ist insbesondere für Start-ups und junge Unternehmen gefährlich. Kurssicherungen durch Zukunftskontrakte sind eine sinnvolle Maßnahme, um sich vor Preissteigerungen bei Rohstoffen zu schützen. Sie müssen allerdings frühzeitig abgeschlossen werden und beinhalten das Risiko einer Fehlprognose. Bei anhaltend hoher Inflation dürften die Kosten für Zukunftskontrakte den Nutzen übersteigen.

Ein Fazit

Die Inflation ist da, und sie wird bleiben. Mit Wehmut werden wir noch an die preisstabilen Jahrzehnte seit 1990 zurückdenken. Die Tatsache, dass das Geld seine Funktion als Wertspeicher verliert, bringt ungewohnte Risiken für alle Wirtschaftsteilnehmer. Es gibt wenige Profiteure der Inflation, die meisten Unternehmen und Verbraucher werden auf der Verliererseite stehen. Denn es ist unmöglich, sich den Wirkungen der Inflation vollständig zu entziehen. Insofern ist Realismus angezeigt. Es geht nicht darum, die Inflation aus der Welt zu schaffen, das könnten allenfalls die Zentralbanken erreichen. Das einzelne Unternehmen genauso wie jeder Verbraucher muss hingegen alles tun, um mit der Inflation zurecht zu kommen und dabei möglichst geringen Schaden zu erleiden. Das soll der Titel meines neuen Buches »Die Inflation schlagen« zum Ausdruck bringen. Die Herausforderungen werden aus allen betrieblichen Perspektiven beleuchtet. Ich empfehle Maßnahmen, die »agil, konkret und effektiv« sind, wie es im Untertitel heißt. Da Inflation sich in Preisen ausdrückt, spielen Preise und Pricing für deren Bewältigung eine zentrale Rolle. Aber die unternehmerischen Reaktionen dürfen sich keineswegs auf das Preismanagement beschränken, sondern müssen Vertrieb, Finanzen, Einkauf, Kostenmanagement, Digitalisierung und Innovationen gleichermaßen einbeziehen.

Inflation ist keineswegs nur eine Frage der Kostenüberwälzung durch höhere Preise, sondern fordert vielmehr einen Kulturwandel im gesamten Unternehmen. Wenn dieser Wandel schnell und erfolgreich bewältigt wird, dann kann es gelingen, die Inflation zu schlagen und damit das Überleben des Unternehmens zu sichern.

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Hermann Simon ist international gefragter Managementvordenker, erfolgreicher Unternehmer und Pricing-Spezialist. Als Entdecker der „Hidden Champions“, der unbekannten Weltmarktführer, hat er in wenigen Jahrzehnten selbst die international erfolgreichste deutsche Beratung aufgebaut: Simon-Kucher & Partners mit Sitz in Bonn ist heute der Weltmarktführer für Preismanagement.

Bild oben: ©Schafgans dgph

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