Die Macht der Sieben

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Gerade zum Jahreswechsel oder in Krisenzeiten machen sich die meisten von uns viele Gedanken über ihre Zukunft. Es ist eine wichtige Zeit, in der wir uns fragen: Was will ich wirklich? Für die strategische Ausrichtung (meines Unternehmens oder auch von mir) hilft das Denken in Zeitabschnitten.

Von Professor Dr. Arnold Weissman

Dies ist eine einfache Frage mit vier Schwerpunkten:

  1. WAS will ich wirklich? Wie schaut meine Wunschliste an das Leben aus?
  2. Was WILL ich wirklich? Ist es mein echter Wille oder nur eine Absichtserklärung?
  3. Was will ICH wirklich? Will ich es für mich oder will ich es nur, weil andere wollen, dass ich es will?
  4. Was will ich WIRKLICH? Bin ich bereit, alles dafür einzusetzen, um meine Ziele und Visionen auch zu erreichen? Bin ich bereit, den Preis dafür zu bezahlen?

Natürlich macht diese Reflektion nicht nur persönlich Sinn, sondern auch für unsere Unternehmen. Wenn es an die strategische Ausrichtung (meines Unternehmens oder auch von mir) geht, brauche ich Zeitabschnitte, die griffig, nah und umsetzungsorientiert sind. Hier hat für mich die Zahl Sieben eine besondere Bedeutung. Wie heißt es doch so schön:

The seven is a magic number!

Die 7 ist eine biblische Zahl. Hier gibt es 7 gute und 7 schlechte Jahre. In der indischen Lehre des Ayurveda gibt es 7 Energie-Chakren, die bestimmen, wie gut es uns geht. Unsere Körperzellen erneuern sich alle 7 Jahre (mit Ausnahme der Gehirnzellen). Die Beispiele über die Macht der 7 lassen sich fast beliebig fortführen.  Ob in der Bibel, im Ayurveda oder auch in der Numerologie: die Zahl 7 hat oft besondere Beachtung gefunden.

Aus diesen Gründen haben wir bei uns bei der WeissmanGruppe für die strategische Entwicklung den Zeitraum von sieben Jahren gewählt. Natürlich weiß kein Mensch, wie die Welt in sieben Jahren aussieht, dazu verändert sie sich zu schnell und zu zappelig. Die entscheidende Frage einer Strategie ist auch nicht, welche finanziellen Ergebnisse unser Unternehmen im Jahr 2029 erzielen wird, die entscheidende Frage lautet: was will ich, was soll mein Unternehmen in sieben Jahren können, damit wir morgen „kraftvoll zubeißen können“?

Strategie ist kein Zahlenspiel, es ist ein Kompetenzmodell. In der Evolution von Kompetenzen gibt es vier Stufen:

  • Einsteiger: Davon gibt es viele. Sie wissen oft viel und können meist wenig.
  • Anwender: sie haben schon echte praktische Erfahrungen gesammelt.
  • Könner: Könner erfüllen die höchsten Standards, sie sind die Meister der Gegenwart.
  • Experte: Experten setzen die Standards, sie sind die Meister der Zukunft.

Strategie ist die Antwort auf die Frage: was muss ich in den nächsten 7 Jahren können (und auch dazulernen), um dann ein Meister meines Faches zu sein? Wofür wollen wir morgen als Experte wahrgenommen werden? In welchen Bereichen wollen wir Grenzen verschieben, Standards neu setzen? Eines ist sicher: was wir heute können, ist bei vielen von uns sicher sehr gut, vielleicht exzellent. Es ist definitiv zu wenig für morgen!

Die Gruppe Karat und später dann Peter Maffay haben diesem Gedanken sogar einen Song gewidmet: „Über sieben Brücken musst du gehen, sieben dunkle Jahre überstehen. Sieben Mal wirst du die Asche sein, aber einmal auch der helle Schein…“

Das Leben in 7-Jahresabschnitte unterteilen

In der Anthroposophie, der Lehre von Rudolf Steiner, wird das Leben in 7-Jahresabschnitte unterteilt, 12 Lebensmonate á 7 Jahre. Und wenn uns das Leben einen oder gleich ein paar Extra-Monate mit jeweils weiteren 7 gesunden Jahren schenkt, dann nehmen wir es gerne dankend an!

In den ersten 7 Lebensjahren steht das Wachsen, die Entwicklung vom Säugling, der allein nicht lebensfähig ist, bis hin zum Schulbeginn im Vordergrund. Ausgestattet mit unseren genetischen Besonderheiten, die uns unverwechselbar und einmalig machen, lernen die kleinen Kinder von ihrer Umgebung, von ihren Bezugspersonen. Sie lernen ihre Sprache (auch ihre Körpersprache), sie lernen spielerisch und manchmal auch mit Zwang, sich im Leben zurechtzufinden. Wir sind offen für die Einflussnahme von außen, die unser Leben in hohem Maße prägen wird.

Von 7 bis 14 beginnen wir, unsere eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Wir werden selbständiger, finden unsere Freunde, lernen uns auch allein in der Welt zurecht zu finden. Wir finden unsere Hobbies und entdecken uns als eigenständige Persönlichkeit.

Von 14 bis 21 – von der Pubertät bis hin zum Erwachsenenalter – entwickeln wir unsere Persönlichkeit, unsere Überzeugungen. Wir legen uns politisch fest, entscheiden, wie wir uns ernähren möchten, was wir studieren möchten oder welche Berufsausbildung wir auswählen.

Von 21 bis 28 ziehen wir hinaus in die Welt, lösen uns vom Elternhaus, beziehen die eigene Bude. Wir legen wesentliche Grundlagen für unseren späteren Berufsweg, probieren Partner aus, finden uns selbst immer mehr.

In unserem kulturellen Umfeld wählen wir oft von 28 bis 35 unseren Partner aus, mit dem wir eine feste Beziehung eingehen. Materielle Dinge, Beruf, Karriere, Haus, Vermögensaufbau, Familie stehen jetzt im Mittelpunkt.

Zwischen 35 und 42 fragen sich viele von uns: soll das etwa alles sein? Da geht doch viel mehr! Habe ich einen Beruf oder folge ich meiner Berufung? Wenn Begeisterung eine Liebeserklärung an das Leben ist, dann stellt sich mir die Frage: lebe ich ein begeisterndes Leben? Oder ist es einfach nur „normal“? Und langweilig?

Jetzt beginnt die zweite Halbzeit des Lebens. Sinnfragen werden dominanter. Wir fangen an zu erkennen, was wirklich wichtig ist. 42 bis 49 Jahre – was für ein spannender Lebensabschnitt. Mit vielen Möglichkeiten, Potentialen, Abenteuern. Der Weg an die Spitze?

Die Zeit von 49 bis 56 ist die erste echte Erntephase. Wir ernten jetzt, was wir gesät haben. Wir nutzen die ganze Entwicklung, um unser volles Potential auszuschöpfen. Hier beginnen auch die körperlichen Veränderungen (Wechseljahre), die uns zeigen, dass unser Leben endlich ist.

Und auch in den weiteren 7-Jahres-Phasen, die jeder für sich definieren kann, hat das Leben so viel für uns zu bieten. Von 56 bis 63 gehen wir beruflich auf die Zielgerade. Wir nutzen unsere Erfahrung, um uns auf hohem Niveau zu halten. Privat erfinden sich jetzt viele Paare neu. Die Kinder haben das Haus verlassen, jetzt sind wir wieder da, wo wir vor vielen Jahren angefangen haben. Manche Beziehungen reifen jetzt zur vollen Blüte – andere enden hier.

Von 63 bis 70 stehen Fragen der Erhaltung der Gesundheit, der Lebensqualität im Mittelpunkt. Sinnfragen sind wichtiger als materielle Fragen, denn wenn wir zu diesem Zeitpunkt unsere finanziellen Herausforderungen, unseren Weg zur finanziellen Unabhängigkeit, noch nicht bewältigt haben, dann wird es schwierig, diese Aufgabe zu lösen. Wir alle wollen, wenn wir gehen, Spuren hinterlassen. Woran soll man sich erinnern, wenn wir einmal nicht mehr da sind? Was soll bleiben? Was sollen unsere Freunde dereinst über uns sagen? Diese Phase ist die Zeit des Loslassens, des Übergebens. An Kinder, an Nachfolger, an die nächste Generation.

Von 70 bis 77 beginnt die Zeit der Altersweisheit. Wir müssen niemand etwas vormachen. Wir können ganz wir selbst, ganz echt sein. Wenn wir jetzt nicht authentisch sind, wann denn dann? So oft haben wir uns in unserem Leben verbogen, mussten unsere Echtheit, unsere wirklichen Bedürfnisse zurückstellen. So langsam wird es Zeit, die Bucket-List des Lebens wirklich abzuarbeiten und dies auch zu genießen.

Von 77 bis 84 spüren wir das Altwerden zunehmend. Wenn aber Ski-Touren, Bergsteigen, Tennis und Golf nicht mehr ganz so gut funktionieren wie früher, so entdecken wir jetzt Qualitäten, die wir vorher nie gesehen haben. Es wäre schön, wenn wir sagen könnten: das Beste kommt zum Schluss!

Und alle diejenigen, die über diese magische Marke von 84 Lebensjahren hinaus körperlich und geistig fit sind, denen kann man nur wünschen, dass sie dieses große Glück in Freude und Dankbarkeit annehmen können.

Was für den Menschen gilt, gilt auch für unsere Unternehmen

Was für uns als Menschen in unserem Leben gilt, dies lässt sich wunderbar auch auf unsere Unternehmen übertragen. In unserem Verständnis sind Unternehmen Organismen, Energiesysteme, die sich auch in sieben Jahren erneuern sollten, ja müssen. Wie im Körper und in unserem Geiste ist dies ein permanenter Prozess.

Lassen Sie es mich festhalten: Strategie ist kein Projekt, es ist ein Prozess. Rollierend, regelmäßig. Jedes Jahr. Ein Prozess, der sicherstellt, dass wir uns ganz im Sinne von Darwin, dem großen Evolutions-Biologen, immer wieder an die sich verändernden Rahmenbedingungen optimal anpassen. Survival of the fittest: Wer sich anpasst, überlebt! Oder auch: die Evolution ist das Streben der Natur nach vollkommener Anpassung an die sich verändernden Rahmenbedingungen.

Doch wie viele Menschen gibt es, die in dieser komplexen VUCA-Welt (VUCA steht für Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) sieben Jahre überhaupt denken können?

Also macht es Sinn, sich die Frage zu stellen: wenn wir in 7 Jahren ein neues Kompetenz-Level erreicht haben wollen, was davon möchten wir in den nächsten 3 Jahren erreichen? Was soll in den nächsten 12 Quartalen dieser 3 Jahre an Kompetenzen, an Wissen, an Können, an Fähigkeiten aufgebaut werden? Dies ist die Mittelfrist-Perspektive, die uns hilft, unsere großen Visionen und langfristigen Ziele zu operationalisieren, griffiger zu machen.

Im nächsten Schritt geht es ans Operative des Jahres: Was von unseren langfristigen Zielen, im Einklang mit unserem Leitbild, soll 2022 erreicht werden? In welchem Quartal? In welchem Monat? An welchem Tag? Denn bei aller Planung: das Leben findet nur jetzt, nur in diesem Moment statt. Erfolg hat eigentlich nur drei Buchstaben: T-U-N!

7-3-1 ist eine Denkhaltung; ein Prozess, kein Projekt. Sie wird bei uns regelmäßig, mindestens einmal im Jahr durchexerziert. 7-3-1 ist ein Ritual, das Menschen genau das gibt, was sie in Zeiten starker Veränderung am meisten brauchen: psychologische Sicherheit!

Unsere Methodik basiert auf der Grundlage von Eigenverantwortung. Auf der Denkhaltung: ich bin der Schöpfer meiner Welt. Und für meine Welt übernehme ich die Verantwortung. Und bekomme im Gegenzug märchenhafte Freiheit. Denn jetzt muss ich ja nicht mehr in der Außenwelt nach dem suchen, wer oder was für mein Schicksal, für meinen Erfolg, für das Erreichen meiner Ziele verantwortlich ist.

Wie Karl Jaspers es formulierte: die Zukunft ist der Raum der Möglichkeiten, der Raum unserer Freiheit. Oder frei nach Albert Einstein: mehr als mit der Vergangenheit beschäftige ich mich mit der Zukunft, denn dies ist die Zeit, in der ich gedenke zu leben.

Mehr von Prof. Dr. Weissman bei DDW:

Prof. Dr. Arnold Weissman ist Professor für Unternehmensführung an der OTH Regensburg. 1987 gründete er das Beratungsunternehmen Weissman & Cie., das von der Wirtschaftswoche mit dem Best-of-Consulting-Award zur „besten Strategieberatung“ und mit dem Qualitätssiegel „TOP CONSULTANT 2013, 2014, 2015, 2016“ für die hohe Kompetenz und Beratungsleistung für den deutschen Mittelstand ausgezeichnet wurde.

 

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