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Die Zukunft des Luftverkehrs in Deutschland, Europa und der Welt
Der Flugverkehr hat wieder angezogen und wird es auch in Zukunft weiter tun. Flugzeuge sind weltweit bereits Mangelware. Für Deutschland aber lässt sich seit über einem Jahrzehnt eine langsame, aber stetige Abwanderung von Wertschöpfung ins Ausland beobachten; auch das Wachstum der Flughäfen geht an Deutschland praktisch komplett vorbei. Deutschland sollte im Luftverkehr vom Bremser zum Innovator werden.
Von Marcel Riwalsky
Die Überschrift signalisiert es schon: Es gibt je nach regionalem Fokus verschiedene Zukunftsszenarien des Luftverkehrs.
Fangen wir an mit Deutschland. Bis heute wurde deutschlandweit das Vor-COVID-Niveau noch nicht erreicht. Zwar ist das Wachstum nach dem totalen Absturz auf fast Null während der „Zwangspause“ beindruckend, dennoch fehlt es auch hier in Deutschland letztlich an der Dynamik. Und sicher auch am politischen Willen. Gerade der innerdeutsche Luftverkehr hängt deutlich hinter den Zahlen von 2019.
Dazu kommen – wie anderen Bereichen der Wirtschaft – natürlich Megatrends, die nicht oder nur wenig mit Deutschland und deutscher Luftverkehrspolitik zu tun haben. Seit über einem Jahrzehnt lässt sich eine langsame, aber stetige Abwanderung von Wertschöpfung von deutschen Fluggesellschaften hin zu ausländischen Playern beobachten. Auch das europäische und globale teilweise rasante Wachstum der Flughäfen geht an Deutschland praktisch komplett vorbei. Die dringende benötigte Erweiterung des Münchner Flughafens liegt seit einem Jahrzehnt auf Eis und wird vermutlich nie kommen. Die absurde Luftverkehrsteuer verzerrt den Wettbewerb und dient letztlich zum Abkassieren zulasten der Reisenden.
Lesereinladung: Aviation-Event Politisches Forum mit Verkehrsminister Dr. Volker Wissing
Das Thema der Entwicklung des Flugverkehrs aus deutscher Perspektive ist auch Thema einer Veranstaltung in unserer Reihe „Innovator on tour“ am 15. September 2023 in der FRALounge im Airport Frankfurt. 20 Leser können kostenfrei teilnehmen. Infos hier
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Doch es gibt auch gute Nachrichten. Lufthansa hat alle Staatsgelder mit Gewinn für den Steuerzahler zurückbezahlt. Deutschlands Top-Airline erwirtschaftet einen Rekordgewinn, ihre Piloten bleiben auf absehbare Zeit Großverdiener. Lufthansa stellt Tausende von Menschen ein, kann oft Stellen kurzfristig gar nicht besetzen. Die Airline übernimmt gerade ITA, womit der Konzern nach Österreich, Schweiz und Belgien nun das vierte Land – Italien – außerhalb des Heimatmarktes beherrschen dürfte. Portugal (TAP) und Skandinavien (Dänemark, Norwegen, Schweden mit SAS; nicht aber Finnland) dürften folgen. Frankfurt Airport bekommt Terminal 3, wenn auch später als geplant – bewusst etwas später, weil eben die Verkehre selbst in Frankfurt langsamer wachsen als vor COVID erwartet. Und: „FRA“ vermeldet kein neues „BER“-Desaster, auch eine gute Nachricht.
Europa: Flugzeuge bereits Mangelware
Wo aber liegen die Wachstumsschwerpunkte in Europa? Nahezu alle EU Staaten erreichen mehr oder weniger Vor-COVID-Niveau. Die touristischen Strecken in den Süden, vor allem Griechenland, liegen deutlich über 2019. Es fehlt an Flugzeugen und an Personal, um das Wachstum wirklich komplett auszuschöpfen. Neue Flugzeuge und selbst jüngere „gebrauche“ Flugzeuge sind weltweit Mangelware. Die Hersteller freut es, aber der Fertigungsprozess für Flieger ist kompliziert und lässt sich nicht einfach mal eben hochfahren. Dazu kommen Herausforderungen an Zulieferer und Logistikketten, neue Anforderungen an Komfort und Kerosinverbrauch, die teilweise zulassungsrelevant und mit Sicherheit immer mehr kaufentscheidend für die Kunden, also die Airlines, sind.
Das europäische, mittelfristige Potential liegt aber eindeutig in Osteuropa, speziell auch in der Türkei sowie ggf. in Zukunft in der Ukraine. Hier sind weite Teile der Bevölkerung noch nie geflogen. Das wird sich ändern. 30 bis 50 Prozent Wachstum auf zehn Jahre sind realistisch.
„Deutschland sollte vom Bremser zum Innovator werden. Keine neuen Beschränkungen oder Verbote, kein Raum für Klimakleber, die im Zweifel selbst in den Urlaub fliegen“
Viel hängt davon ab, ob Russland sich weiter zum Terrorstaat entwickelt, welches seine Nachbarn bedroht und mit Kriegen überzieht. Aber selbst wenn der aktuelle Angriffskrieg bald enden würde – große Umwege für die zivile Luftfahrt werden wohl notwendig sein bzw. bleiben, wenn Russland und seine Satellitenstaaten (wie Belarus) weiterhin den kommerziellen Luftverkehr bedrohen. Man erinnere sich an den Abschuss des Malaysian Fluges MH14 durch russische Boden-Luft-Raketen 2014.
Zudem kommt die von der EU geplanten Verteuerung von fossilem Kerosin – und das heißt wohl langfristig: überhaupt von Kerosin – einem Konjunkturprogramm gleich für Drehkreuze außerhalb der EU, wo eben diese zu erwartende Verteuerung nicht in die Flugtickets einfließt.
Global gesehen gehört Fliegen die Zukunft
Schlussendlich die Lage im Rest der Welt. Hier sind die Wachstumsmärkte eigentlich überall, auf allen Kontinenten. Selbst Afrika. Alles hängt davon ab, ob es in den Quellländern genügend Menschen gibt, die ein Einkommen haben, was ihnen Reisen erlaubt. Wächst diese Anteil der Weltbevölkerung weiterhin überproportional, wächst der weltweite Luftverkehr im Gleichklang. Hier kann man in 10 oder 20 Jahren sicher von einer Verdopplung ausgehen. Fliegen ist also global gesehen die Zukunft. Kein anderer Verkehrsträger wird auch nur ansatzweise weltweit so stark zulegen.
Luftverkehr bleibt bei mittleren und ohnedies bei langen Distanzen absolut unersetzbar für die Welt, die Weltwirtschaft und die Menschen auf der Welt. Es wird auch in Europa niemals eine annehmbare Schnellzugverbindung von Warschau nach Barcelona, oder von Lissabon nach Kopenhagen, oder von Athen nach Berlin geben. Die Distanzen sind einfach zu groß; Hochgeschwindigkeitszüge rechnen sich nur, wenn das gesamte Streckennetz vom Steuerzahler finanziert wird. Und selbst das nicht auf Distanzen wie hier aufgeführt, zumal die Fahrzeiten selbst bei Dauerdurchschnittstempo 200 oder 250 um ein Vielfaches länger wären als eine Flugreise inkl. Check-In-Zeiten.
Interkontinentale Alternativen zum Luftverkehr wird auch in 50 oder 100 Jahren nicht geben. Daher sollte Deutschland hier vom Bremser zum Innovator werden. Keine neuen Beschränkungen oder Verbote, kein Raum für Klimakleber, die im Zweifel selbst in den Urlaub fliegen.
Marcel Riwalsky ist Initiator des Wirtschaftsgipfel Deutschland und Founder des Aviation-Event
Der Seitenhieb gegen die Klimakleber ist dumm und falsch. Ansonsten: Interessante Analyse!