Digitalisierungsberufe: Bis 2027 fehlen 128.000 Fachkräfte
Deutschland will digital werden. Dafür braucht es in Zukunft weitaus mehr Fachkräfte. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) für das Bundeswirtschaftsministerium zeigt, in welchen Digitalisierungsberufen bis 2027 die meisten Stellen unbesetzt bleiben dürften.
Produktionsprozesse automatisieren, Behördengänge im Internet erledigen oder smart heizen: Wenn Deutschland in Zukunft digitaler werden will, braucht es kluge Köpfe. Gefragt sind beispielsweise Informatiker, Elektroniker, Elektro-Ingenieure oder technische Systemplaner. Wie sich die Fachkräftesituation in solchen Digitalisierungsberufen verändern könnte, zeigt eine neue IW-Studie. Bis 2027 wird die Zahl der Beschäftigten in diesen Berufen um knapp 14 Prozent auf mehr als drei Millionen steigen. Und dennoch werden in drei Jahren 128.000 Fachkräfte fehlen, mehr noch als im bisherigen Rekordjahr 2022. Damals lag die Fachkräftelücke bei den Digitalisierungsberufen bei 123.000. Die Fortschreibung geht dabei davon aus, dass sich die Trends der vergangenen sieben Jahre weiter fortsetzen.
Größter Mangel bei Informatik-Experten
In absoluten Zahlen gibt es 2027 insbesondere zu wenige Informatik-Experten, etwa Data Scientists: Rund 19.000 Fachkräfte fehlen deutschlandweit. Gleich dahinter folgen Fachkräfte für Bauelektrik mit 15.000 unbesetzten Stellen. Die drittgrößte Fachkräftelücke gibt es bei den Elektrotechnikern mit einem Master- oder Diplomabschluss. Auffällig ist, dass insbesondere in digitalen Elektroberufen viele neue Kolleginnen und Kollegen gesucht werden, die Stellen aber zunehmend nicht besetzen werden können.
Die Kernergebnisse der Studie:
- Digitalisierungsberufe sind für den Erfolg der digitalen Transformation von essenzieller Bedeutung. Sie beschreiben Kompetenzprofile, die benötigt werden, um neue digitale Schlüsseltechnologien zu entwickeln und herzustellen oder durch vertiefte technische Kenntnisse und Fertigkeiten deren Nutzung und Verbreitung zu realisieren. Das beinhaltet nicht nur Kompetenzen in Informatik, sondern auch in Elektronik und anderen Bereichen.
- Die Digitalisierungsberufe verzeichnen ein hohes Beschäftigungswachstum. Seit 2018 ist es höher als im Durchschnitt aller Berufe. Dies wird voraussichtlich so bleiben. Bis 2027 könnte die Zahl der Beschäftigten in Digitalisierungsberufen um weitere 13,7 Prozent auf mehr als 3 Millionen steigen. Dieses Wachstum wird hauptsächlich durch die hohe Nachfrage nach IT-Berufen angetrieben, die etwa ein Drittel der Beschäftigten in Digitalisierungsberufen ausmachen. Auch nimmt die bereits hohe Bedeutung von Hochqualifizierten in Digitalisierungsberufen noch weiter zu. Besonders viele zusätzliche Beschäftigte werden von 2022 bis 2027 bei hochqualifizierten Softwareentwicklungs-Experten (+89.509) und IT-Consultants erwartet (+82.123). Der größte relative Zuwachs wird bei Spezialisten für technische Informatik (+94,2 Prozent) erwartet. Diese arbeiten an der Schnittstelle von Hard- und Software und sind beispielsweise für die Entwicklung softwarezentrierter und zunehmend autonomer Fahrzeuge wichtig.
- Ostdeutschland dürfte Westdeutschland überholen, sowohl beim Beschäftigungsaufbau als auch beim Fachkräftemangel in Digitalisierungsberufen. In Westdeutschland kommt zunehmend der demografische Wandel zum Tragen, im Zuge dessen immer mehr Beschäftigte altersbedingt aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Gleichzeitig stehen nur noch wenige qualifizierte Arbeitslose zur Verfügung. Damit ist das Potenzial für einen weiteren Beschäftigungsaufbau stark eingeschränkt.
- Der Fachkräftemangel bremst den Beschäftigungsaufbau. Die Entspannung des Fachkräfte mangels durch die Corona-Pandemie war nur vorübergehend. 2022 erreichte die Fachkräftelücke in Digitalisierungsberufen mit 123.000 einen neuen Höchststand. Von dort könnte sie bis 2027 noch etwas weiter steigen auf 128.000 im Jahr 2027. Für fast zwei von drei offenen Stellen würde es dann deutschlandweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen geben. Der größte Teil der Fachkräftelücke in Digitalisierungsberufen dürfte künftig auf hochqualifizierte Experten entfallen, und nicht mehr auf Fachkräfte mit einer Berufsausbildung (ohne spätere Weiterbildung). Den größten Mangel dürfte es 2027 bei Informatik-Experten geben (Fachkräftelücke 19.022), zu denen Data Scientists und KI-Experten gehören. Den größten relativen Anstieg könnte es bei Spezialisten für IT-Systemadministration geben (+87,5 Prozent), die für den reibungslosen Betrieb der IT-Systeme in Unternehmen verantwortlich sind. Den zweitgrößten Anstieg könnte es bei Informatik-Fachkräften geben (+62,4, Prozent), für die auch das drittgrößte absolute Beschäftigungswachstum fortgeschrieben wird (+29.180). Diese Fachkräfte haben in der Regel den Ausbildungsberuf „Fachinformatiker/in“, der eine gute Basis für weitere Karriereschritte mittels Weiterbildungen legt.
Berufsorientierung und Zuwanderung
„Die Unternehmen in Deutschland fragen deutlich mehr Fachkräfte mit Digitalexpertise nach als der Arbeitsmarkt hergibt“, fasst Studienautor Alexander Burstedde das Problem zusammen. „Der Kampf um die klugen Köpfe wird zunehmend zum Nullsummenspiel: Die Fachkraft des einen ist die Lücke des anderen.“ Einerseits könnten Berufsbildung bei jungen Menschen und Umschulungen bei Älteren die Zahl der Fachkräfte erhöhen. Wichtig und unumgänglich sei aber auch mehr qualifizierte Zuwanderung. „Fachkräfte in Digitalisierungsberufen sind weltweit begehrt, weshalb wir es Ihnen so einfach wie möglich machen sollten, sich für Deutschland zu entscheiden“, so Burstedde. „Dafür braucht es eine stärkere Serviceorientierung, vor allem bei Bürokratie, Wohnungssuche und Integration. Staat, Arbeitgeber und Gesellschaft, alle sind gefragt.“
> Zum Download der gesamten Studie
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