Effizienzpotenziale heben

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Wachstum beginnt oben, im Kopf, bei der Unternehmensführung und beim Umsatz. Will man Wachstum ganzheitlich angehen, sind aber mitunter auch Effizienzpotenziale zu heben, sprich: Kosten senken, Prozesse beschleunigen, Komplexität reduzieren. Hier wird viel Zeit und Geld verschwendet.

Etwa die Hälfte unserer Beratungsprojekte, die auf Wachstum abzielen, sind Projekte zur Beschleunigung von Abläufen, zur Glättung von allfälligen prozessualen «Ruppigkeiten» im Unternehmen, zum Heben von ungenutzten Potenzialen. Diese Projekte zielen darauf ab, dass das Wachstum, welches unser jeweiliges Klientenunternehmen sich auf die Fahne geschrieben hat, auf eine solide Basis gestellt und nicht auf Treibsand gegründet wird. In diesen Projekten entdecken wir immer wieder erhebliche Potenziale, die meist über die zu Projektbeginn vermuteten Potenziale weit hinaus gehen – zum Erstaunen (und meist zur Freude) aller Beteiligten. Natürlich stellt sich die Frage, warum die Potenziale nicht bereits zuvor erkannt wurden und zwar durch die internen an den Abläufen Beteiligten. Die Antwort ist oft einfacher als gedacht. Ohne lapidar zu werden: Die Millionen (Franken, Euro, Dollar) liegen zwischen den Prozessen, nicht in ihnen. Die wahren Effizienz- und Kostenschätze werden an den Schnittstellen vergraben, nicht in den Abteilungen.

 Schnittstellenproblematik erkennen

Was bedeutet das konkret und wie ist es erklärbar? Bereichsverantwortliche werden dafür in die Verantwortung genommen, ihren Bereich intakt zu halten, sowohl hinsichtlich der Leistung als auch hinsichtlich der Kosten. Dies wird von vielen Verantwortlichen sehr ernst genommen und somit werden auch die einzelnen Bereiche häufig permanent optimiert, sei es durch regelhafte Ver-fahren der kontinuierlichen Verbesserung, durch die Weiterentwicklung des Qualitätsmanagementsystems, durch Dritte oder durch einen Mix daraus. Genau diese Selbstoptimierung aber ist es, die es erschwert, das Gesamtbild im Auge zu behalten. Wenn der Vertrieb seinen Bereich optimiert, ist damit noch nicht die Schnittstelle zum Marketing, zum Einkauf, zum Controlling, zur Unternehmensführung, zur Entwicklungsabteilung auf der Höhe. Wenn die Entwicklungsabteilung sich optimiert, mag eine singulär vernünftige Leistung dabei herauskommen, aber damit ist noch nicht beantwortet, ob das auch in die Abläufe des Vertriebs, des Marketings, der Logistik passt.
Natürlich liegen auch in den Abteilungen fast  immer noch ungenutzte Potenziale, aber auch diese werden erkennbar, wenn man sich um die Schnittstellen kümmert. Welche Schnittstellen gibt es überhaupt? Welche sind für das Wachstum relevant? Bestehen Schnittstellenvereinbarungen zwischen den Bereichen über die jeweilige Leistung, die aus dem jeweils anderen Bereich erwartet werden kann? Hat man sich bereichsübergreifend zusammengefunden und strukturiert über die Prozesse-Landschaft des Unternehmens gesprochen und die gegenwärtigen Bruchstellen identifiziert? Was geschieht, wenn ein «Service-Level-Agreement», also eine Schnittstellenvereinbarung geschlossen, aber nicht eingehalten wird? Was ist die Konsequenz?
Diese Fragen werden zu selten beantwortet und es wird sich stattdessen damit zufrieden gegeben, dass – scheinbar – jeder Bereich sein Bestes gibt. Das ist aber selten der Fall, denn wenn die Beeinflussbarkeit der Gesamtleistung an den Bereichsgrenzen endet, werden logischerweise die wahren Potenziale nicht gehoben. Stattdessen lehnt man sich selbstzufrieden – oder bestenfalls in  Unkenntnis dieses Problems – zurück und freut sich über den eigenen, sauber gekehrten Hof.

Das Praxisbeispiel

Ein kleines Beispiel aus unserer Praxis: Ein franchiseähnliches Systemunternehmen mit einigen Hundert Verkaufspunkten möchte ein neues Produkt mit einem neuen Leistungsangebot einführen. Die Entscheidung in der Unternehmensführung ist gefallen, das Marketing, das für die Konzeptentwicklung verantwortlich ist, ist sich (vermeintlich) über den Auftrag im Klaren, der Vertrieb kennt das Thema und auch die Abteilung, die für die baulichen Aspekte der Standorte (nennen wir sie «Bauabteilung») verantwortlich ist, wird informiert. Insbesondere Marketing und Bauabteilung müssen eng zusammenarbeiten. Die Unternehmensführung ruft das Zeitziel aus: In fünf Monaten muss der Test beginnen. Es kommt, wie es kommen muss: Das Marketing hat eine Idee, die Bauabteilung, die auch einen gewissen Teil der Standortentwicklung mit verantwortet, hat eine andere Idee. Ideen werden diskutiert, Informationen werden über die Abteilungen ausgetauscht, Zeit geht verloren. Eine Entscheidung wird getroffen. Folgend wartet die Bauabteilung auf Informationen eines externen Dritten, der für das Produkt eine ganz wesentliche Rolle spielt. Erneut geht wertvolle Zeit verloren. Das Marketing schimpft auf die Bauabteilung, weil diese vermeintlich nicht «in die Gänge» kommt, die Bauabteilung geht aber davon aus, dass das Marketing den Dritten über dessen Pflichten informiert und die erforderlichen Informationen einholt.

Singuläre Optimierungen nicht zielführend

Ersparen wir uns weitere Details. Zwei Monate nach dem ursprünglich geplanten Termin – der Test hat noch längst nicht begonnen – platzt der Unternehmensführung der Kragen und alle Bereiche erhalten eine kräftige Abreibung. Wir werden mandatiert, um das Desaster zu analysieren und einen Vorschlag zur Lösung zu machen. Die Ursache: Unklare Verantwortlichkeiten, undefinierte Schnittstellen, singuläre Optimierungen. Für sich gesehen laufen die einzelnen Bereiche prima, aber untereinander sind die wesentlichen Schnittstellen ungeklärt. In diesem Fall sind erhebliche Zeitverluste zu beklagen, Dutzende E-Mails wurden verfasst, eine Unzahl an Meetings hat stattgefunden, Management und Bereichsleitungen sind – mit Verlaub – sauer, der Dritte ist in Misskredit geraten und steht nun in Frage. Dies alles wird nur übertroffen von dem nicht eingetretenen  Umsatz- und Renditezuwachs, der schon hätte realisiert werden können, wenn der Test zügig erfolgt und erfolgreich gewesen wäre. Das Geld, indes, kann man wieder verdienen, die Zeit aber ist verloren. Im Übrigen behaupten beide Bereiche, dass sie gut aufgestellt seien. Im Interesse der Unternehmensführung, insbesondere des Unternehmers ist es, dass das Gesamte funktioniert, dass die gesamte Prozesse-Landschaft bestmöglich auf die zu erzielenden Ergebnisse ausgerichtet ist. Eine Suboptimierung ist nicht hilfreich. Die gute Nachricht dabei: Die Prozesse-Landschaft und die relevanten Schnittstellen – denn nur um diese geht es an dieser Stelle – lassen sich mit der entsprechenden Methodik sehr wirksam und vergleichsweise schnell identifizieren und optimieren – mit den entsprechenden signifikanten monetären und non-monetären Vorteilen. Wenn es also demnächst um das Heben von Effizienzpotenzialen geht, möge der Leser sich nicht mit der Optimierung eines einzelnen Bereichs begnügen, sondern direkt  die Chance nutzen, die benachbarten relevanten Schnittstellen einzubeziehen.
Was zu Beginn nach mehr Aufwand aussieht, rechnet sich unmittelbar und zahlt auf das Wachstum ein: Entschlackt, geglättet, erfrischt. Was will man mehr?

 

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