Ehrenpreisträger 2021: Matthias Maurer

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Astronaut Dr. Matthias Maurer ist Ehrenpreisträger „Innovator des Jahres 2021“. Die Jury begründet die Wahl mit „Pioniergeist und dem Mut, Grenzen zu überwinden“. Maurer tritt die Nachfolge von Frank Thelen (2020), Dr. Wladimir Klitschko (2019) und Judith Williams (2018) an.

Es ist  00:32 Uhr MEZ am 12. November dieses Jahres, als der deutsche Astronaut Matthias Maurer sowie seine NASA-Kolleginnen und Kollegen Kayla Barron, Raja Chari und Thomas Marshburn an die Internationale Raumstation (ISS) angedockt haben. Vor ihnen liegt eine sechsmonatige Mission. In dieser Zeit wird der gebürtige Saarländer und promovierte Werkstoffwissenschaftler 36 deutsche sowie mehr als 100 internationale Experimente betreuen und durchführen.

Für die Jury des jährlich vergebenen „Innovator des Jahres“ steht die Mission und der Lebensweg von Matthias Maurer mustergültig für die Idee des Ehrenpreises, neben den Unternehmenspreisen eine besonders wirkungsstarke Persönlichkeit für Innovationsgeist auszuzeichnen. In der Begründung heißt es:

„Dr. Matthias Maurer steht mit seiner aktuellen Mission beispielhaft für Pioniergeist und den Mut, Grenzen zu überwinden. Er repräsentiert – an wortwörtlich exponierter Stelle – den Forschungs- und Technologiestandort Deutschland. Seine persönliche Karriere steht stellvertretend für die beruflichen Chancen, die Forschung und Wissenschaft eröffnen können. Nicht zuletzt zeigt er mit seinem aktuellen Einsatz, dass Spitzentechnologie immer auch des Menschen bedarf, diese zu nutzen und für sinnvolle Zwecke einzusetzen.“

Matthias Maurer ist einer der derzeit sieben aktiven Astronautinnen und Astronauten der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Seit Juli 2015 ist er Mitglied im ESA-Astronautenkorps. Im September 2018 schloss er die 18-monatige Grundausbildung ab und wurde im Dezember 2020 offiziell für seine erste Mission zur ISS nominiert. Zur Missionsvorbereitung hat er Trainingseinheiten im Astronautenzentrum der ESA in Köln, am Johnson Space Center der NASA in Houston, im SpaceX­-Crew­-Dragon­-Cockpit in Kalifornien sowie in Russland, Japan und Kanada absolviert.

Wissenschaftler im All: 2004 erhielt Matthias Maurer seinen Doktortitel in Materialwissenschaft am Institut für Oberflächentechnik der RWTH Aachen. Er ist für die Erfindung von mehr als zehn patentierten Anwendungen verantwortlich

Matthias Maurers Weg in Richtung Weltraum begann 2008, als er sich in der letzten Runde des Auswahlverfahrens für europäische Astronautinnen und Astronauten der ESA bewarb und es unter die Top zehn-Bewerber schaffte, die alle Auswahlprüfungen bestanden. 2010 ging er zur ESA, allerdings nicht als Mitglied der Astronautenklasse, sondern zunächst als Astronauten-Support-Ingenieur und Eurocom im Columbus-Kontrollzentrum. Ab 2012 übernahm er weitere Projekte im Europäischen Astronautenzentrum (EAC) wie die Vorbereitung künftiger Missionen mit neuen internationalen Partnern.

Als erster deutscher Astronaut  mit einer Dragon-Raumkapsel zur ISS

Offiziell in das europäische Astronautenkorps aufgenommen wurde Matthias Mauer 2015. In den folgenden drei Jahren schloss er sowohl die astronautische Grundausbildung als auch das sogenannte „Pre-Assignment-Training“, das missionsunabhängige Elemente zum Inhalt hat, erfolgreich ab. Im Dezember 2020 begann mit der offiziellen Verkündung der Mission „Cosmic Kiss“ zur Internationalen Raumstation das Einsatz-spezifische Training: Dieses absolvierte er im EAC in Köln, am Johnson Space Center der NASA in Houston, bei SpaceX in Kalifornien sowie in Russland, Japan und Kanada.

Cosmic Kiss
Die Namen und Logos für ihre Missionen wählen die Astronautinnen und Astronauten der Europäischen Weltraumorganisation ESA selbst. Matthias Maurers Mission heißt „Cosmic Kiss“. Der Missionsname ist eine Art Liebeserklärung an das Weltall, an die Raumstation als Bindeglied zwischen Menschheit und Kosmos und an das, was die Menschen dort tun und zukünftig tun werden. Gleichzeitig steht der Name für den Wert der partnerschaftlichen Erkundung des Weltraums und für den respektvollen und nachhaltigen Umgang mit unserem Heimatplaneten. Für das Logo hat sich Matthias Maurer von der Himmelsscheibe von Nebra (die älteste bekannte Darstellung des Nachthimmels) und den Datenträgern der Raumsonden Pioneer und Voyager (mit dem gesammelten Wissen über die Menschheit) inspirieren lassen. Sie stehen für die Faszination der Menschheit für den Weltraum und den Wunsch, mehr über die Entstehung des Lebens und das Universum sowie unseren Platz darin zu erfahren. Das Emblem umfasst außerdem verschiedene kosmische Elemente wie die Erde, den Mond, die Sterngruppe der Plejaden (Siebengestirn) und den Mars.
Bild Himmelsscheibe von Nebra: Wikipedia/Dbachmann / Bild Missionslogo: ESA

Matthias Maurers Start von Cape Canaveral als Mitglied der SpaceX Crew-3 ist eine Premiere: Als erster deutscher Astronaut fliegt er mit einer Dragon-Raumkapsel des kommerziellen NASA-Crew-Programms zur ISS. Ein weiteres Novum: Er ist der erste europäische Astronaut, der einen „russischen“ Außenbordeinsatz an der ISS absolvieren wird – dabei wird er den russischen Raumanzug ORLAN tragen und den MLM-Roboterarm am russischen Segment der Raumstation anbringen. Mit dessen Hilfe können Proben über eine Luftschleuse nach außen transportiert und nach Abschluss des jeweiligen Experiments wieder in die Station gebracht werden.

Die Internationale Raumstation ISS ist der größte „Außenposten“ der Menschheit im All – ein fliegendes Labor mit exzellenten Möglichkeiten für Grundlagenwissenschaft und anwendungsnahe Forschung. Matthias Maurer ist der vierte deutsche Astronaut sein, der bislang auf der ISS lebte und arbeitete, nach Thomas Reiter, Hans Schlegel und Alexander Gerst.

Studium, Promotion und frühere berufliche Stationen

Geboren wurde Matthias Maurer am 18. März 1970 in St. Wendel im Saarland. Er hat Materialwissenschaft und Werkstofftechnik an der Universität des Saarlandes, der University of Leeds, der European School for Materials Technology in Nancy und der UPC Barcelona studiert. 1996 schloss er sein Studium mit dem Ingenieursdiplom in Materialtechnik und 1998 mit zwei weiteren Ingenieursdiplomen in Materialwissenschaft und Werkstofftechnik ab. Hinzu kommt ein Master-Abschluss als Wirtschaftsingenieur an der Fernuniversität Hagen.

2004 erhielt Matthias Maurer seinen Doktortitel in Materialwissenschaft am Institut für Oberflächentechnik der RWTH Aachen. Er ist für die Erfindung von mehr als zehn patentierten Anwendungen verantwortlich, von denen die Hälfte international eingetragen ist. Von 2006 bis 2010 war er als Projektingenieur in einem medizintechnischen Unternehmen tätig und erforschte Werkstoffe und Techniken zur Fertigung medizinischer Einmalprodukte und Blutfilter für die Dialyse.

Mond und Mars im Fokus

Auch im Hinblick auf zukünftige astronautische Explorationsprojekte hat Matthias Maurer große Expertise aufgebaut, als Projektleiter für die ESA-Mondsimulationsanlage LUNA in Köln sowie als Teilnehmer an geologischen Feldübungen wie der NASA-Analog-Mission NEEMO 21 im Jahr 2016. Hierfür verbrachte er 16 Tage unter Wasser und testete Erkundungsstrategien und Werkzeuge für zukünftige Mars-Missionen. Der Mond ist für Matthias Maurer aus mehreren Gründen ein lohnenswertes Ziel – einerseits als „Geschichtsbuch“ für Geologen, das uns viel über den Ursprung unseres Sonnensystems verraten kann, andererseits als logistischer „Zwischenstopp“ auf dem Weg zum Mars.

Besonders wichtig ist für Matthias Maurer die Zusammenarbeit der Nationen im All: „Wenn wir außerhalb der Erde arbeiten wollen, dann müssen wir auch als Menschheit auf unserem Heimatplaneten zusammenhalten“ ist seine Botschaft. Die ISS habe gezeigt, dass man ein Projekt gemeinsam stemmen könne, welches die Menschheit eine und Vertrauen schaffe, so Maurer.

Sechs Monate für über 100 Experimente

Die deutschen Experimente während der Mission finden mehrheitlich im europäischen Forschungslabor Columbus auf der ISS statt. Sie reichen dabei von Grundlagenforschung bis hin zu anwendungsorientierter Wissenschaft in Bereichen wie Lebenswissenschaften, Materialwissenschaft, Physik, Biologie, Medizin oder Erdbeobachtung.

Für den Betrieb der Raumstation und die Sicherheit ihrer Besatzung sorgen mehrere Kontrollzentren weltweit. Die Gesamtverantwortung für die Station liegt bei den Missionskontrollzentren der NASA in Houston und von Roskosmos in Moskau. Für alle Experimente, die im Columbus­-Labor der ESA auf der Internationalen Raumstation ablaufen, ist – hier im Bild – das Columbus Kontrollzentrum (Col-CC), beheimatet im Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum (German Space Operations Center, GSOC) beim DLR in Oberpfaffenhofen, zuständig.

So werden fundamentalphysikalische Fragestellungen mittels sehr kalter Atome oder die Kristallisation verschiedener Betonmischungen untersucht. Andere Experimente testen Anwendungen nicht­invasiver Diagnostik oder neue antimikrobielle Oberflächen, die nicht nur im Weltraum sondern auch auf der Erde, beispielsweise in Krankenhäusern, eingesetzt werden können. Erfolgreiche Technologieexperimente wie der mit Künstlicher Intelligenz ausgestattete CIMON-2 assistieren Maurer während seiner Mission und zeigen neue Möglichkeiten der Mensch-Maschine-Interaktion. Auf dem Missionsplan stehen auch zahlreiche biologische und humanphysiologische Experimente – insbesondere zu den Auswirkungen von permanenter Schwerelosigkeit, erhöhter Strahlenbelastung und längerer Isolation auf den Menschen und seinen Metabolismus.

Mehr zum Thema:

Textelemente: ESA, Bilder: ESA/NASA

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Hier finden Sie den Bewerbungsbogen zum Download.
Oder kontaktieren Sie für mehr Informationen Christiane von Schönberg, Sprecherin des Nominierungskomitees: von.schoenberg@innovator-des-jahres.com / +49 (0) 2131 / 77 687 – 24

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