Französisch-Deutsches Space Meeting in Berlin

Keine Kommentare Lesezeit:

Frankreich und Deutschland finanzieren im Jahr 2024 zusammen über 40 Prozent des Gesamtbudgets der europäischen Weltraumorganisation (ESA). Auf Einladung der New Space Initiative des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) trafen sich am 26. September Vertreter von deutschen und französischen Unternehmen in Berlin zum 4. French-German Space Meeting.

Von Dr. Dr. Zitelmann

Zwei von drei deutschen Startups für die Entwicklung von kleinen Trägerraketen waren bei dem Panel vertreten, Rocket Factory Augsburg (RFA) aus Bayern und HyImpulse aus Baden-Württemberg (das dritte Unternehmen ist Isar Aerospace in München). Alle wissen, dass nur wenige Launch Service Provider – so nennt man die Hersteller von Raketen – überleben werden, vielleicht nur einer oder zwei. Jörn Spurmann von RFA verwies auf die USA, wo viele Unternehmen weit hinter den Erwartungen geblieben sind. Nicht umsonst gibt es den Begriff „Raketenwissenschaft“, der für etwas verwendet wird, das wirklich schwierig und herausfordernd ist und nur von sehr, sehr wenigen beherrscht wird.

Marktnische für Microlauncher?

„Wenn Sie die Möglichkeit haben, für den gleichen Preis mit dem Taxi oder mit der U-Bahn zu fahren, dann werden Sie das Taxi nehmen“: Christian Schmierer, CEO von HyImpulse (Bild: HyImpulse / Fernanda Francisca Photography)

Inzwischen dominiert Elon Musks Unternehmen Space X den Markt, im vergangenen Jahr führte es fast 100 Raketenstarts durch. Ist da überhaupt noch Platz für die sogenannten „Microlauncher“, die vergleichsweise geringe Nutzlasten ins All befördern? SpaceX bietet sogenannte Rideshare-Programmen an, bei denen Kunden die Möglichkeit haben, einige kleinere Satelliten mit ins All zu schicken. Allerdings haben diese bei solchen „Mitfahrgelegenheiten“ weder die Möglichkeit, den genauen Zeitpunkt zu bestimmen noch den genauen Ort, wo ihre Satelliten ausgesetzt werden. Hier sieht Christian Schmierer von HyImpulse eine Marktlücke für Microlauncher: „Wenn Sie die Möglichkeit haben, für den gleichen Preis mit dem Taxi oder mit der U-Bahn zu fahren, dann werden Sie das Taxi nehmen“, so Schmierer. Dies ist sicherlich richtig, aber wird es möglich sein, bei den vergleichsweise niedrigen Preise von einem Unternehmen wie SpaceX mitzuhalten?

Wiederverwendbare Raketen

„Wir müssen das Thema Wiederverwendbarkeit technisch beherrschen, aber ob wir das dann letztlich auch umsetzen oder nicht, hängt von den Marktbedingungen ab“: Pierre Godart, CFO der Ariane Group (Bild_ Ariane Group)

Liegt der Schlüssel in der Wiederverwendbarkeit von Raketen? Auf den ersten Blick kann die Antwort nur „Ja“ lauten, denn wie teuer wäre zum Beispiel ein Flug in einem Flugzeug, wenn es nach jedem Flug auf dem Müll landen würde? Pierre Godart, CFO der Ariane Group, meinte indes, so einfach sei es nicht: Wiederverwendbare Raketen hätten ihre Vorteile, aber durch die Wiederverwendbarkeit könnten sie 40 Prozent weniger Nutzlast befördern. „Ob es sich lohnt oder nicht, hängt davon ab, ob man zum Beispiel 100 Mal oder nur acht Mal im Jahr startet.“ Godarts Strategie: „Wir müssen das Thema Wiederverwendbarkeit technisch beherrschen, aber ob wir das dann letztlich auch umsetzen oder nicht, hängt von den Marktbedingungen ab.“ Kürzlich ist die Ariane 6 erstmals erfolgreich gestartet, 29 weitere Flüge seien bereits in Auftrag gegeben, 80 Prozent der Buchungen kämen von kommerziellen Unternehmen.

Das Unternehmen MaiaSpace plant, in vier Jahren die erste wieder verwendbare Rakete ins All zu bringen. Das französische Unternehmen wurde von der CNES, der französischen Weltraumagentur, als eine Tochtergesellschaft der ArianeGroup gegründet. MaiaSpace ist spezialisiert auf die Entwicklung von wiederverwendbaren Trägerraketen, insbesondere der Maia-Rakete, die auf kleinere Satelliten als Nutzlast abzielt und Teil der europäischen Bemühungen ist, eine stärkere Unabhängigkeit im Bereich Raumfahrttechnologie zu erreichen.
Als Alleinstellungsmerkmal bezeichnete Yohann Leroy, CEO des Unternehmens, die „Nachhaltigkeit“, die bei europäischen Unternehmen stärker im Vordergrund stünde als bei US-Unternehmen. Typisch für Frankreich: MaiaSpace ist staatlich finanziert, während die drei deutschen Launch Service Provider privat finanziert sind. Bekanntlich glaubt man in Frankreich sogar noch stärker an den Staat als in Deutschland.

Autor Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist international renommierter Publizist, Unternehmer und Investor

Erster Raketenstart eines privat finanzierten Unternehmens

Nachhaltigkeit hat sich auch HyImpulse auf die Fahnen geschrieben. Paraffin, das wir von Kerzen kennen, ist ein Kohlenwasserstoff, der relativ sauber verbrennt und weniger umweltschädliche Emissionen erzeugt als viele herkömmliche Raketentreibstoffe. Im Gegensatz zu flüssigen Treibstoffen, die oft hochgiftig oder extrem explosiv sind, ist Paraffin verhältnismäßig ungefährlich im Umgang und in der Lagerung. Es ist in fester Form stabil und verringert das Risiko von Unfällen bei der Handhabung. Zudem hat Paraffin eine relativ hohe Energiedichte und verbrennt effizient in Kombination mit flüssigem Sauerstoff. Dies ermöglicht eine höhere Schubkraft pro Kilogramm Treibstoff. Schmierer sieht aber auch Kostenvorteile, denn Paraffin ist im Vergleich zu vielen anderen Raketentreibstoffen kostengünstig.

Schmierer ist stolz, denn am 3. Mai 2024 gelang HyImpulse als erstem privat finanzierten deutschen Unternehmen erfolgreich eine Rakete zu starten, die freilich noch nicht bis in den Weltraum gelangte, sondern auf einer suborbitalen Bahn geflogen ist und erfolgreich am Fallschirm geborgen wurde. Dagegen musste die Rocket Factory Augsburg im August 2024 einen Rückschlag hinnehmen: Die erste Raketenstufe der RFA One wurde bei einem Test vollständig zerstört, ebenso der Teststand.

Skepsis zum „Weltraumgesetz“

Bei der Konferenz war auch die Weltraum-Koordinatorin der Bundesregierung, Anna Christmann (Grüne) vertreten. Als gute Nachricht brachte sie mit, dass 30 Millionen Euro im Haushalt für die Förderung der drei deutschen Launcher zur Verfügung gestellt werden – jedes Unternehmen bekommt zehn Millionen Euro. Während das freudig begrüßt wurde, ist die Branche skeptisch mit Blick auf ein von der Bundesregierung geplantes Weltraumgesetz. „Ich brauche kein Weltraumgesetz“, meinte Jörn Spurmann von RFA und sprach damit aus, was die meisten denken. Matthias Wachter von der New Space Initiative informierte, dass jüngst bei einer BDI-Umfrage 70 Prozent der New Space Startups erklärten, sie seien skeptisch mit Blick auf das geplante neue Weltraumgesetz, dessen Eckpunkte kürzlich von Habecks Ministerium veröffentlicht wurden.

Christmann meinte, Deutschland sei verpflichtet, internationale Regelungen umzusetzen und versprach, man wolle eine Überregulierung vermeiden. Angesichts der Erfahrungen mit anderen Gesetzen aus dem Grünen Wirtschaftsministerium ist die Skepsis verständlich, denn allzu oft dominiert Ideologie und der Glaube, der Staat wisse es besser als die Unternehmen.

Mehr zum Thema:

Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Autor des Buches „Die 10 Irrtümer der Antikapitalisten“, das in 30 Sprachen übersetzt wurde. Er schreibt für Medien wie Wall Street Journal, National Interest, City AM, Neue Zürcher Zeitung und L’Express. Bücher und Seminare finden Sie hier

Bild oben: Maia, die erste wiederverwendbare und umweltfreundliche Mini-Trägerrakete aus Europa. Maia wurde von MaiaSpace, einer Tochtergesellschaft von ArianeGroup, entwickelt (Bild: ArianeGroup)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Language