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Gegenwartskunst im Garagenverkauf
Die Galeristen Gabriele Schober und Michael Sturm zeigen Ihre Künstler in diesem Winter in der ehemaligen Garage des Hotel Kristiania in Lech am Arlberg. Rubrik Stilvoll reisen
Galeristin Gabriele Schober ist eine feste Größe in der Wiener Kunstszene, Bilder ihrer Künstler zieren sogar das Büro des österreichischen Bundeskanzlers. Die Galerie von Michael Sturm in der Auto- und Industriestadt Stuttgart existiert seit 1996 und gehört zu den großen Namen im Kunstgeschäft. Seit 2020 treten beide gemeinsam als Wiener/Stuttgarter Galerie an. In diesem Winter auch mit einer Dependance in Lech am Arlberg. DDW führte ein Interview mit den beiden – über Kunst im Urlaub, Bilder in einer Garage und .
Warum eine Galerie in Lech? Ist der Winter in Wien und Stuttgart zu trist?
Gabriele Schober: Wie überall lassen die käuferischen Aktivitäten in den Großstädten über die Weihnachtzeit und Skisaison nach, deshalb sind wir unseren Kunden sozusagen nachgereist. Mit Kunst und Kultur gehen wir zu den Menschen. Unser Erfolg seit Dezember gibt uns recht. In Urlaubssstimmung haben viele die nötige Muße, um sich inspirieren zu lassen.Michael Sturm: Ein Ort wie Lech hat ein großes Potenzial und wir spüren die Begeisterung der Gäste und Einheimischen über unsere kleine, aber doch sehr coole Location, die Garage im Kristiania. Unter dem Namen „Höhenflug“ zeigen wir eine wechselnde Auswahl aus unserem Galerieprogramm. Viele der Feriengäste mit eigenen Chalets oder Wohnungen kommen uns regelmäßig besuchen und können so auch immer Neues entdecken.
Viele Top-Hoteliers am Arlberg versuchen derzeit, zeitgenössische Kunst ins Hotel zu bringen. Man denke nur an die riesige Kunsthalle im Hospiz am Arlberg oder die neuen Ausstellungsräume im Almhof Schneider. Stirbt der röhrende Hirsch aus?
Sturm: Wir begrüßen diese Entwicklung sehr, denn Hotels sind ja auch eine Art öffentlicher Raum und eröffnen die Chance, mit Kunst und Kultur in Kontakt zu kommen. Doch es geht beim „wie“ nicht um eine Verdrängung, sondern um eine Ergänzung und ein spannendes Miteinander, auch mit alpinen Traditionen. Wir als Galeristen wollen ja nicht nur verkaufen, sondern gut beraten und Begegnungen schaffen, damit unsere Kunden nachhaltige Freude mit ihren Kunstwerken haben. Dabei glauben wir, dass Spass an Kunst auch immer mit Brüchen zu tun hat.
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Sie gehören zu den etabliertesten Galeristen am Arlberg. Warum haben Sie sich gerade für die Garage im Hotel Kristiania entschieden?
Schober: Wir haben vielleicht nicht die architektonisch anspruchsvollste, aber sicher die ungewöhnlichste Location in Lech. Die größte Rolle bei der Wahl hat jedoch die Nachbarschaft zum Hotel Kristiania und der Hoteliere Gertrud Schneider gespielt. Gertrud und ihr Small Luxury Hotel sind schon lange dafür bekannt, zeitgenössische Kultur in Form von bildender Kunst, darstellender Kunst und Musik ins Hotel zu bringen. Das kleine Haus mit nur wenigen Suiten ist ohnehin mehr Privates Chalet mit ausgewählten Gästen, als ein Hotel im klassischen Sinn. Das passt perfekt.
Sturm: Bereits Gertruds Eltern waren engagierte Kunstsammler und zeigen viele Stücke ihrer Sammlung im Hotel. Nun ging Gertrud Schneider noch einen Schritt weiter und hat einer zeitgenössischen Galerie Raum gegeben, um den Gästen in Lech und den Einheimischen eine professionelle Betreuung über einen persönlich ausgewählten Ausschnitt der zeitgenössischen Kunst bieten zu können. Dieses Angebot haben wir gerne angenommen und sind über das Ergebnis sehr glücklich. Ein „must-see“ im Hotel Kristiania ist die Skulptur des von uns vertretenen Künstlerkollektiv Atelier JAK, “Spirale Indescribable Scene 6″ aus 2021. Sie hängt in der Lobby des Hotels und beinhaltet circa 150 in Epoxydharz gegossene fiktive Filmszenen, basierend auf einem von den Künstlern geschriebenen Drehbuchs. Der Film ist ein Langzeitprojekt der Künstler und Grundlage für alle von ihnen geschaffenen Kunstwerke. Ein wirklich sehenswertes Objekt und Projekt.
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Herr Sturm, Sie sind gelernter Architekt und damit ein Quereinsteiger in die Kunst. Was macht den Architekten zum Galeristen?
Schon vor meinem Studium der Architektur wurde mir das Virus zum Galeristen durch wichtige Begegnungen mit Künstlern und Galeristen eingepflanzt. Vor 25 Jahren ist es dann ausgebrochen und ich bin, wenn Sie so wollen, zum kommerziellen Vermittler zwischen Künstler und Publikum geworden Das heißt für Gabriele und mich: gute Berater, Netzwerker und Unterstützer zu sein. Die Rolle liegt mir, und auch wenn ich die Architektur vermisse, habe ich den Schritt nie bereut.
Ihre Galerie in Stuttgart existiert seit 1996 und gehört zu den großen Namen im Kunstgeschäft. Seit 2020 treten Sie beide gemeinsam als Wiener/Stuttgarter Galerie an. Wer ist Kunstsinniger? Die Wiener oder die Schwaben?
Seitdem wir gemeinsam die Galerie Sturm & Schober in Wien betreiben ist meine Arbeit in Stuttgart noch viel farbiger geworden. Die Möglichkeit, zwei Standorte zu bespielen, öffnet neue Türen für unsere Künstler und uns. Es macht einfach Spaß, sowohl bei den Schwaben als auch bei den Wienern immer wieder neues Interesse für die Galerien hervorzulocken.
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Braucht eine Galerie eine kritische Masse – an Künstlern, Kunden, Angebot?
Schober: Ja, natürlich, als Galeristen versuchen wir, diese drei Felder stetig zu erweitern und gleichzeitig die Kontinuität nicht zu verlieren. Entscheidend ist die Qualität und Balance in allen drei Bereichen. Wir sind zusätzlich zu unseren nunmehr drei Galeriestandorten auch international auf vielen Messen unterwegs. So bleiben wir ständig am Geschehen und entdecken immer Neues. Seit kurzem präsentieren wir Mona Radziabari aus Teheran. Sie ist eine junge, in Wien lebende iranische Künstlerin, ihre Kunst beschäftigt sich vor allem mit Nachhaltigkeit und ist wirklich sehenswert. Eine weitere feste Größe in unserem Galerieprogramm ist Inge Dick, die im letzten Jahr mit dem österreichischen Staatspreis für Fotografie ausgezeichnet wurde.
Künstler sollen ja gelgentlich schwierige Persönlichkeiten sein. Wer von ihnen beiden übernimmt die schweren Fälle?
Schober: Kunst ist sehr individuell, daher möchte ich mit pauschalen Aussagen vorsichtig sein. Jeder Künstler ist eine sehr eigene Persönlichkeit, doch gerade die Auseinandersetzung mit Charakteren macht mir große Freude, auch wenn es schon mal Turbulenzen gibt, mit denen man umgehen können muß. So bereichernd und spannend wie die Zusammenarbeit mit unseren Künstlern in meinen vielen Galeriejahren bisher war, dürfen diese ab und zu auch mal etwas schwierig sein. Wie wir selbst eben auch, oder?
Darf gute zeitgenössische Kunst dekorativ sein?
Sturm: Gute zeitgenössische Kunst muß in aller erster Linie vielschichtig sein, sie muß intelligent sein und kontinuierlich, sie muß ein Anliegen vermitteln, dann darf sie auch mit einem dekorativen Touch dem Betrachter schmeicheln.
Welche Ihrer Künstler sollten wir besonders im Auge behalten?
Schober: Wie Michael sagt: die Kunst in unserer Galerie soll mit dem Betrachter korrespondieren, daher empfehle, einfach einen Blick auf unsere Website werfen und einen ersten Eindruck gewinnen. In unseren Räumen in Lech am Arlberg, Wien oder Stuttgart gewähren wir dann tiefere Einblicke in die Arbeiten unserer Künstler und die Charaktere dahinter. Denn sie sind alle so vielschichtig wie ihre Betrachter.
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