
Herbstzauber in den Schweizer Alpen: Saas-Fee
Wenn die Tage kürzer werden und sich die Wälder in ein warmes Mosaik aus Gold und Kupferrot verwandeln, beginnt in den Schweizer Alpen eine der eindrucksvollsten Jahreszeiten / Rubrik Stilvoll reisen
Der Herbst in den Bergen hat eine eigene Magie: Die Luft ist klar, die Sicht auf die Gipfel scharf wie selten, und die Natur zeigt sich von ihrer eindringlichsten Seite. Während in Zermatt die Touristenströme selbst im September nicht abreißen, präsentiert sich das benachbarte Saas-Fee als stille Alternative – ein Dorf, das mit seiner Ruhe, Authentizität und einem unaufdringlichen Luxus begeistert.

Ein Landstrich zwischen drei Kulturen
Die Region Wallis, zu der Saas-Fee gehört, ist ein Schmelztiegel europäischer Kultur. Im Norden die Deutschschweiz, westlich die frankophone Welt, südlich die italienischen Täler – kaum ein anderer Ort in den Alpen verbindet diese Einflüsse so harmonisch. Auf den Märkten hört man drei Sprachen durcheinander, die Speisekarten changieren zwischen Rösti und Risotto, zwischen Fondue und Polenta. Diese Vielfalt macht auch den Herbsturlaub hier so besonders: Man wandert durch hochalpine Landschaften und genießt abends eine Küche, die das Beste dreier Welten vereint.
Umgeben von vierzehn Viertausendern wirkt das Dorf wie ein Amphitheater aus Fels und Eis. Schon beim ersten Blick vom Dorfplatz aus dominiert der Feegletscher die Szenerie, und wer morgens die Vorhänge im Hotelzimmer öffnet, blickt direkt auf schneeweiße Gipfel, die selbst im Oktober in der Sonne glitzern. Der Herbst ist die ideale Zeit, diese Naturwunder zu erleben: Die großen Sommerscharen sind abgereist, Wintersportler noch nicht eingetroffen. Es ist die stille Zwischenzeit, in der man die Berge fast für sich allein hat.
Im Gegensatz zum Matterhorn, das Tagestouristen in Scharen anzieht, ist Saas-Fee weitgehend frei von Schnellbesuchern. Das Dorf ist autofrei, was zusätzlich zur Ruhe beiträgt. Wer hierherkommt, bleibt länger – und entdeckt dadurch mehr. Wanderungen führen auf sonnige Almen, vorbei an Lärchenwäldern, die sich im Oktober in ein goldenes Meer verwandeln. Und immer wieder öffnet sich der Blick auf die mächtigen Gletscherzungen, die wie gefrorene Flüsse ins Tal herabgleiten.
Seilbahnen und Busse sind für Hotelgäste kostenlos
Ein besonderer Vorteil Saas-Fees ist das Bergbahn-Ticket: Wer im Dorf übernachtet, fährt mit den Seilbahnen und Bussen kostenlos. Das ist nicht nur ein willkommener Bonus, sondern eine Einladung, jeden Tag aufs Neue einen Gipfel oder eine Hochebene zu entdecken. Ob gemütliche Panoramawege, sportliche Höhenwanderungen oder ein Abstecher auf den Allalin-Gletscher – die Vielfalt ist groß. Auch Mountainbiker, Kletterer und Gleitschirmflieger finden ideale Bedingungen.

Skivergnügen mitten im goldenen Herbst
Berühmt ist der Feegletscher auch für seine ganzjährige Schneesicherheit. Schon ab September öffnen die ersten Pisten hoch oben am Allalin. Nationalmannschaften aus aller Welt nutzen die perfekten Bedingungen für ihre Herbst-Trainingslager – ein Bild, das für alpinen Enthusiasmus steht: frühmorgens Profis auf den Rennstrecken, daneben Freizeitsportler, die ihre ersten Schwünge ziehen. Allerdings heißt es früh aufstehen: Ab Mittag weicht die harte, griffige Schneedecke der Sonne, das Fahren wird schwerer und macht weit weniger Freude. Wer aber mit der ersten Bahn aufbricht, erlebt ein Skivergnügen, das sonst nur der Hochwinter bietet – mitten im goldenen Herbst.
Wer es ruhiger mag, schlendert durch das Dorf mit seinen dunklen Holzchalets, viele davon noch aus dem 18. Jahrhundert. Kleine Cafés laden zu einer heißen Schokolade ein, während draußen die Herbstsonne die Bergspitzen vergoldet.

The Capra – ein Chalet wie ein Privathaus
Die perfekte Unterkunft, um diese Stille zu genießen, ist The Capra. Das Boutique-Hotel wurde von griechischen Eigentümern aus London gegründet und ist mehr Chalet als klassisches Hotel. Mit nur wenigen Suiten vermittelt es das Gefühl, in einem privaten Rückzugsort zu wohnen. Die Architektur verbindet alpine Tradition mit modernem Komfort: Naturstein, warme Hölzer, große Fensterfronten, durch die das Panorama wie ein Gemälde wirkt.
Luxuriöse Zurückhaltung ist das Motto. Nichts wirkt überladen, alles atmet Ruhe. Nach einer langen Wanderung lädt das Spa zum Entspannen ein: Pools, Saunen, ein Dampfbad und Behandlungsräume mit Blick auf die Berge. Es ist wie Heimkommen in ein privates Refugium – und wir hatten eine der besten Massagen der letzten Zeit!
Regionalität bestimmt das Rezept
Der Tag im Capra beginnt mit einem Frühstück, das seinesgleichen sucht. Neben frischem Brot, das herrlich nach Holzofen duftet, gibt es Croissants wie in Paris, dazu hausgemachte Marmeladen mit Früchten aus der Region. Schweizer Käse in allen Varianten, würziges Bündnerfleisch und frisches Birchermüsli.
Am Abend verwandelt sich der Speiseraum in ein elegantes Restaurant, das internationale Inspiration mit lokalen Zutaten verbindet. Die Küche ist raffiniert, aber nicht kompliziert und besonders bei den herzhaften Ravioli Brasato mit Sbrinzkäse und Demi-Glace und den Desserts dreht die Küche auf. Die Alpine Creme Brulee mit Walliser Honig und Thymian oder das Quark Mousse mit Aprikosen sind ein Spiegelbild der gesamten Philosophie des Hauses: Luxus ohne Lärm, Genuss ohne Übertreibung.

Mit Lynsey durch das Tal
Eine Begegnung, die unseren Aufenthalt besonders machte, war die mit Lynsey, einer erfahrenen Wanderführerin. Im Winter lebt und arbeitet sie in Aspen, im Sommer begleitet sie Gäste durch die Berge von Saas-Fee. Mit ihrer lebendigen Art, ihrem Wissen über Flora, Fauna und Geologie, öffnete sie uns die Augen für Details, die wir allein wohl übersehen hätten: den ersten Schneefall auf den Bergspitzen, die feinen Linien des Gletschereises, das leise Rauschen der Bergbäche.
Gemeinsam wanderten wir durch das weite Tal, das sich oberhalb des Dorfes öffnet. Kein Gedränge, kein Geplapper – nur das Knirschen der Stiefel auf dem herbstlichen Boden und der Geruch von Lärchennadeln in der Sonne.

Aufstieg zur Alpe Hannig
Ein lohnendes Ziel an sonnigen Herbsttagen ist die Alpe Hannig, die man bequem mit der Seilbahn erreicht. Oben öffnet sich ein Panorama, das weit über das Saastal hinausreicht: Im Süden die eisigen Viertausender, im Norden das sanfte Voralpenland. Wer mag, startet hier zu einer Rundwanderung, die durch goldgelbe Lärchenwälder führt und an kleinen Bergseen vorbeikommt, in denen sich die Gipfel spiegeln. Besonders eindrucksvoll ist es am späten Nachmittag, wenn die Sonne tief steht und die Berge in warmes Licht taucht.
Herzstück der Alpe ist der traditionell und ökologisch nachhaltig geführte Alpbetrieb, der von einer Stiftung getragen wird. Ihr Ziel ist es die alpine Landwirtschaft in ihrer ursprünglichen Form lebendig zu halten. Wanderer und Gäste erleben hier, wie karg und zugleich ressourcenschonend das Leben in den Bergen einst war – angepasst an die Natur und im Einklang mit den Jahreszeiten. Die kleine Käserei produziert hochwertige Milchprodukte direkt vor Ort: frische Milch, würzigen Käse, Ziger und cremigen Joghurt, Alles wird nach traditionellen Methoden hergestellt, und Besucher können den Sennern bei der Arbeit zusehen, ehe sie die Produkte verkosten.

Deftiges auf 2030m Höhe
Im Alpenblick, einem Bergrestaurant auf 2030 Meter Höhe am Rand eines knorrigen Lärchen-Arven-Waldes und auf halbem Weg zwischen Hannig und Saas-Fee, wird gekocht, wie es im Wallis seit Generationen üblich ist: deftige Rösti mit Bergkäse und zarte Lammgerichte. Die Atmosphäre ist ungezwungen, die Terrasse bietet einen herrlichen Blick ins Tal, und die Weinkarte überrascht mit edlen Tropfen aus Walliser Lagen.
Nachhaltigkeit und Lebensqualität
Saas-Fee ist seit 1951 Autofrei, also seit fast 75 Jahren. Als damals die Zufahrtsstraße eröffnet wurde entschied sich das Dorf, verkehrsfrei zu bleiben. Besucher wie Einheimische parken ihre Fahrzeuge am Dorfeingang und legen den Rest des Weges zu Fuß oder mit kleinen Elektrotaxis zurück. Damit hat man zu einer Zeit auf Nachhaltigkeit gesetzt, wo weltweit gerade ganze Städte für den Autoverkehr niedergerissen wurden. Bereits seit 1989 gibt es zudem strenge Regeln zum Haupt- und Zweitwohnungsbau.
Wer im Herbst eine alpine Auszeit sucht, findet in Saas-Fee einen selten gewordenen Schatz: alpine Pracht ohne Menschenmassen, kulturelle Vielfalt ohne touristische Klischees, luxuriöse Gastfreundschaft ohne Übertreibung. The Capra ist dabei die ideale Basis, um diese Welt zu erleben – ein Haus, das die Balance zwischen Privatchalet und Spitzenhotel meistert.
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