Kleinteilige Vorschriften, Verbote, Regulierungen

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Überbordende Regulierung hemmt Wachstum und Investitionen und erzeugt Zorn unter den Familienunternehmern. Wo es im internationalen Vergleich besonders hakt, hat eine Studie ermittelt.

Beim Standortfaktor Regulierung schneidet Deutschland schlecht ab, hat der Länderindex Familienunternehmen 2023 ermittelt. Doch wie und wo genau ist man ineffizient? Das wollte die Stiftung Familienunternehmen genau wissen und hat beim ZEW Mannheim eine vertieften Studie zum Thema Regulierung in Auftrag gegeben.

Die Studie zeigt: Mehr Anreize über Marktmechanismen würden die Akzeptanz staatlicher Eingriffe erhöhen – und die Kosten senken. Indes: Deutschland ist teils schon auf dem richtigen Weg zu evidenzbasierter Wirtschaftspolitik.

Ein Hochkostenstandort könne durchaus attraktiv bleiben, wenn die Gegenleistung stimmt, die der Staat den Unternehmen bietet. Doch der deutsche Standort kann diese Gegenleistung immer weniger erbringen, schreiben die Autoren des Länderindex Familienunternehmen in der neuen vertieften Sonderstudie.

Hoher finanzieller Ressourceneinsatz verbunden mit einer geringen Effizienz öffentlicher Ausgaben – diese Diagnose machen die Forscher an einer breiten Palette von OECD-Zahlen fest. Bürokratieaufwand und Governance stehen verglichen mit den 21 Staaten in einem schlechten Verhältnis zur Standortqualität.

37 Stunden für die Abwicklung eines Standard-Exportgeschäfts

Die Regulierungsintensität ist hoch und konterkariert gerade beim Thema Handel das Geschäftsmodell der außenhandelsorientierten deutschen Volkswirtschaft. 37 Stunden erfordert die Abwicklung eines Standard-Exportgeschäfts in Deutschland; damit liegt der Standort auf dem vorletzten Platz. Auch beim Versuch, öffentliche Leistungen vermehrt auf digitalem Wege zu erstellen, ist Deutschland weit abgeschlagen. Dabei schafft es etwa Österreich durch digitale Plattformen sehr gut, Regulierungslasten für Unternehmen zu senken.

Doch das Forscherteam unter Leitung von Professor Friedrich Heinemann findet auch anerkennende Worte. Die Abschätzung von Gesetzesfolgen und die Evaluation von erfolgten Regulierungsmaßnahmen in Deutschland läuft im OECD-Vergleich eher gut.

Selbst bei der Dauer von Baugenehmigungen liegt Deutschland im oberen Mittelfeld. Einen guten Platz im Ranking gibt es zudem für die öffentliche Auftragsvergabe.

Regulativer Ansatz bei der Klimapolitik engt Freiheit der Unternehmen gravierend ein

Besonderes Augenmerk lenkt die Studie „Effizienz und Regulierung: Bürokratielasten im internationalen Vergleich“ auf die Klimapolitik. Deutschland hat hier einen stark regulativen Ansatz gewählt, der die Freiheit der Unternehmen gravierend einengt. Gemessen wird das mit dem Environmental Policy Stringency Index der OECD.

„Unternehmer und Konsumenten wollen verantwortlich und frei entscheiden und nicht bevormundet werden“

Das könne der Grund für den Pessimismus sein, mit dem die Wirtschaftsakteure der Klimapolitik entgegentreten. Die vollständige Dekarbonisierung sehen sie als Risiko, sind damit allerdings im globalen Vergleich nicht allein. Anders in skandinavischen Ländern, die einen marktbasierten Ansatz verfolgten und den CO2-Preismechanismus nutzen: Hier zeigen die Unternehmen mehr Optimismus und Akzeptanz.

„Konsens geht verloren“: Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen (Bild: Stiftung Familienunternehmen / Thorsten Jochim)

Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, sagt dazu: „Familienunternehmen in Deutschland bewegen sich in einem immer dichter werdenden Netz von Regeln zur Verhaltenssteuerung. Das hemmt Wachstum und Investitionen und erzeugt Zorn. Der gesellschaftliche Konsens, den wir eigentlich brauchen, um die Zukunftsaufgaben zu bewältigen, geht so verloren. Die Politik sollte die Unternehmen mit klaren Marktsignalen ermutigen und nicht mit Bürokratie frustrieren.“

Wettbewerb der Ideen fördern

Ähnlich sieht es Familienunternehmer Dr. Nikolas Stihl, Vorsitzender des Beirats der STIHL Holding AG & Co. KG und Aufsichtsratsvorsitzender der STIHL AG (Bild oben): „Als weltweit aktives Familienunternehmen können wir den Bürokratieaufwand weltweit vergleichen. Deutschland schneidet hier sehr schlecht ab. Gerade beim Klimaschutz brauchen wir eine marktbasierte Klimapolitik statt kleinteiliger Vorschriften und Verbote. Also ordnungspolitische Rahmenbedingungen, um den Wettbewerb der Ideen zu fördern.“ Stihl fordert Technologieoffenheit, um beispielsweise die Wahl zwischen Akkutechnik und E-Fuels-Technologie zu ermöglichen: „Unternehmer und Konsumenten wollen verantwortlich und frei entscheiden und nicht bevormundet werden.“

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Bild oben: Dr. Nikolas Stihl (Bild: Unternehmen)

Eine Antwort zu “Kleinteilige Vorschriften, Verbote, Regulierungen”

  1. Als seit mehr als 30 Jahren selbständiger Werbeartikelberater mit drei Mitarbeitern kann ich Dr. Stihl uneingeschränkt zustimmen. Ich war jahrelang Dozent für Betriebswirtschaftslehre und Personalwesen an öffentlichen wie privaten Hochschulen. Dort habe ich meinen Studenten auf die Frage, wie ich die Situation als Selbständiger einordnen würde gesagt: „Ich würde mich jederzeit wieder selbständig machen – aber nie wieder in Deutschland“. Stille und Entsetzen bei den Studenten. So wie jetzt in der deutschen Wirtschaft.

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