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Österreichische Wirtschaft: Gezielt punkten
DDW hat die Liste der 10.000 wichtigsten Unternehmen Österreichs zusammengestellt. Was prägt die Austria-Wirtschaft und warum hat sie im Länderindex bessere Bedingungen als in Deutschland? DDW hat Dr. Andreas Altmann, Professor für Wirtschaftswissenschaften und (Gründungs-)Rektor der MCI Die Unternehmerische Hochschule in Innsbruck zu den österreichischen Unternehmen befragt.
Herr Professor Altmann, wie ist die Lage der österreichischen Unternehmen in Corona-Zeiten?
Die österreichische Wirtschaft ist von COVID-19 massiv betroffen, wobei unterschiedliche Facetten zu beobachten sind. Die insbesondere im Westen, besonders in Tirol, ausgeprägte Fokussierung auf die Tourismus- und Freizeitwirtschaft mit tourismusnahen Dienstleistungen ist von Corona besonders massiv, teils auch dramatisch, betroffen. Hier geraten Branchen ins Taumeln und gehen Lebenswerke unverschuldet den Bach hinunter.
Die Liste der Top-Unternehmen Österreichs
Die DDW-Research hat sich mit seinem jüngsten Datenbankprojekt der österreichischen Wirtschaft angenommen und die 10.000 wichtigsten Unternehmen ermittelt. Zusammen stehen diese für 590 Mrd. Euro Umsatz und 1,6 Mio. Arbeitsplätze. Die Datenbank mit vielfältigen Detailangaben und Kennzahl zu jedem Unternehmen kann im DDW-Leserdienst als Excel-Liste bestellt werden. Neben der Gesamtliste sind auch Teilauszüge zu den 1.000 und 2.000 größten Familienunternehmen erhältlich. Hier die Bestellinfos
Gleichzeitig hat die starke Verankerung von Familienunternehmen in dieser Branche – es gibt so gut wie keine Konzernhotellerie, nahezu 100 Prozent ortsansäßige Familienbetriebe – den Vorteil, dass Standorte nicht einfach geschlossen oder Destinationen aufgegeben würden. Die tiefe Verankerung in der Region, die Innovationskraft, Resilienz und Kreativität familiengeführter Unternehmen und der oft über Generationen reichende Zusammenhalt bieten eine stabile Grundlage für eine hoffentlich rasche Erholung und neue Kraft nach vorne, sobald die Rahmenbedingungen dies wieder zulassen.
Lässt sich dies auch auf andere Regionen und Branchen in Österreich verallgemeinern?
Absolut. Die besonders starke Relevanz von Familienunternehmen bildet für Österreich eine gute Grundlage. Dies umso mehr, als es eine Reihe von Branchen in Österreich gibt, die von Corona kaum, gar nicht oder im Ergebnis am Ende sogar positiv betroffen sind, z.B. manche Konsumgüter, Digitalisierung, Hochtechnologie u.ä. Es gibt hervorragende Beispiele von Unternehmen, die gerade jetzt enorm investieren, Personal einstellen und auch in dieser enorm herausfordernden Zeit sogar wachsen.
![Dr. Andreas Altmann](https://ddwcdn.b-cdn.net/wp-content/uploads/2021/02/altmann.png)
Das Land liegt im aktuellen „Länderindex Familienunternehmen“ auf Rang 9 und damit weit vor Deutschland. Was läuft besser als bei uns?
Aufgrund der Kleinheit unserer geographischen Strukturen gibt es in Österreich einen relativ kurzen Draht zu Entscheidungsträgern in der Bundesregierung sowie der jeweiligen Landesregierung bzw. Kommune. Und schließlich darf man nicht übersehen, dass die volkswirtschaftliche Investitionsquote in Österreich in den letzten Jahren nennenswert höher war als in Deutschland. Nehmen wir nur das Thema Telekommunikation. Hier ist die Netzabdeckung in Österreich trotz schwierigerer geographischer Rahmenbedingungen im Durchschnitt ungleich besser als in Deutschland. Erstaunlich, wie dünn aufgestellt eine weltweit führende Wirtschaftsmacht wie Deutschland in manchen Infrastrukturbereichen ist. Hier scheint das lobenswerte Ziel einer staatlichen Haushaltsdisziplin zulasten wichtiger Investments gegangen sein. Im Übrigen würden mir schon auch zu Österreich Bereiche einfallen, in welchen – nobel formuliert – durchaus Luft nach oben besteht. Von Schwächen spricht man ja bekanntlich nicht mehr, das gebietet auch die österreichische Höflichkeit.
Welche Stärken sehen Sie vor allem bei den österreichischen Familienunternehmern?
Ich glaube sie sind deutschen Familienunternehmern nicht unähnlich. Dazu zählen ausgeprägte eine Flexibilität, hohe Fähigkeit zum Improvisieren, Mut zur Pragmatik und vielleicht auch eine positive Hemdsärmeligkeit.
In gewisser Weise können Schwächen ab und zu gleichzeitig auch Stärken sein. Die relative Kleinheit und der politisch bedingt lange nicht mögliche Beitritt Österreichs zur EU hat erst ab 1995 eine Öffnung der Märkte, Internationalisierung der Unternehmen und größere Unternehmensstrukturen mit „Economies of Scale“ zugelassen, also sinkende Stückkosten bei wachsender Produktionsmenge. Damit ist die Verankerung von mit der Region verwachsenen Familienunternehmen in Österreich in aller Regel noch etwas stärker ausgeprägt als bspw. in Deutschland.
Familienunternehmen haben ihre eigenen Herausforderungen, z.B. Unternehmensnachfolge oder Internationalisierung, weshalb man diesen Unternehmenstypus auch nicht verklären sollte. Allerdings genießen sie mehrere substanzielle Vorzüge, die gerade in Coronazeiten bedeutsam sind: sie müssen nicht in Quartalsabschlüssen denken – an welchen eventuell sogar Boni hängen–, nicht künstlich Unternehmenswerte für den Aktienmarkt zu pushen oder gar zu suggerieren, müssen nicht befürchten von „Heuschrecken-Investoren“ filetiert zu werden, haben kürzere Entscheidungswege, geringere Berichtspflichten u.ä.m. Damit können Familienunternehmen meist langfristiger denken, klarer entscheiden und nachhaltiger agieren.
Gibt es strategische Felder, in denen Österreich gezielt punkten kann und will?
Inhaltlich sind das im Grunde ähnliche Felder wie in Deutschland. Grundsätzlich geht es um Forschung, Technologie, Innovation und Digitalisierung. Konkret kann und will Österreich besonders in jenen Bereichen punkten, in welchen es die spezifischen Rahmenbedingungen nahelegen: Wie lässt sich bspw. Wasserkraft mit neuen Technologien und Anwendungen verbinden (E-Mobilität, Wasserstoff, Green Technologies)? Wie lassen sich etwa smarte Technologien und die Digitalisierung auf die Medizintechnik anwenden, damit sich nutzbringende Anwendungen in den Gesundheits-, Reha-, Sport- und Freizeitbereich übertragen lassen? Bspw. starten wir an unserer Unternehmerischen Hochschule gerade Studiengänge, die diese Bereiche adressieren. Und nicht zuletzt die sich schon geographisch anbietenden Möglichkeiten: Wie lassen sich evtl. Stärkefelder einer Region, die sich aus ihrer jeweiligen Nähe zur Schweiz, zu Oberitalien, zu Slowenien/Kroatien, zu Ungarn/Slowakei/Tschechien und nicht zuletzt zum besonders nahen und wirtschaftsstarken Bayern in konkrete Chancen umsetzen? Hier gilt es anzusetzen. Let’s do it!
Dr. Andreas Altmann ist Professor für Wirtschaftswissenschaften und (Gründungs-)Rektor von MCI | Die Unternehmerische Hochschule® in Innsbruck; Studium der Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Linz und Innsbruck, Postgraduate-Studium an der Johns-Hopkins University in Bologna, Lehrbeauftragter, Mitglied von Hochschul- und Aufsichtsräten im In- und Ausland, Honorarprofessor an der Universität Innsbruck.
Die Liste der Top-Unternehmen Österreichs im DDW-Leserdienst
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